Caritas zieht mit Angebot für Menschen mit Behinderung um: „In modernere Einrichtungen"
Die Entscheidung ist gefallen: Nach eingehender Prüfung habe sich der Vorstand des Caritas-Verbands der Erzdiözese München und Freising e.V. entschlossen, sein Angebot für Menschen mit Behinderungen am Standort Schonstett „zu verlagern“, wie es in einer Stellungnahme am heutigen Mittwoch-Nachmittag heißt.
Birgit Weiß, Geschäftsleiterin des Bereichs „Teilhabe und Inklusion“ bei der Caritas, erläutert den Schritt so: „Wir haben die für eine Fortführung des Angebots in Schonstett erforderlichen Maßnahmen und die dafür nötigen Kosten intensiv und verantwortungsvoll geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass
wir die uns anvertrauten, finanziellen Mittel für die betroffenen Menschen wirkungsvoller einsetzen können, wenn wir das Angebot in modernere Einrichtungen verlagern.“
Im Caritas-Haus Schonstett leben aktuell 40 Menschen mit Beeinträchtigungen im Alter von 27 bis 77 Jahren. Ihnen allen werden jetzt alternative Angebote sowohl in Einrichtungen des Caritasverbands wie auch bei angeschlossen Trägern unterbreitet.
Ebenso verhält es sich bei den rund 63 Mitarbeitenden. Birgit Weiß betont: „Wir machen unser Angebot nicht zu, wir verlassen nur ein sehr in die Jahre gekommenes Gebäudeensemble. Unser Ziel ist es, für jeden Bewohner und jede Bewohnerin sowie für alle Mitarbeitenden schnellstmöglich gute Lösungen zu finden.“
Bezüglich der Zukunft des Caritas-Areals in Schonstett, zu dem mehrere Häuser, ein Schloss aus dem 15. Jahrhundert sowie ein Park gehören (siehe Foto), gebe es bereits Gespräche mit mehreren Interessenten.
Birgit Weiß sagt: „Hierbei ist uns wichtig, dass sich die Entwicklungen an den Anforderungen der Kommune orientieren und es auch zukünftig Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen in neuen Wohnformen gibt. Es freut uns sehr, hier im Einklang mit den Interessenten zu sein.“
Die Entscheidung, das Wohnangebot zu verlagern, habe sich der Caritasverband nicht leicht gemacht. „Wir danken den Schonstettern ausdrücklich für das gute Miteinander zwischen den Bürgern der Gemeinde und den Bewohnern unserer Einrichtung über die vielen Jahre. Das war immer sehr wertvoll und hat – genau wie das Engagement unserer Mitarbeitenden – viel dazu beigetragen, dass sich die Menschen hier sehr wohlgefühlt haben. Insbesondere deshalb fällt uns der Abschied von Schonstett schwer. Trotzdem ist er nötig, damit an anderer Stelle etwas gutes Neues entstehen kann“, so Petra Schubert, die als Regionalleitung für die Einrichtung verantwortlich ist.
Schubert blickt positiv in die Zukunft: „Wir freuen uns darauf, an anderen Standorten neue inklusive Wohnformen zu entwickeln – so wie viele der Bewohnerinnen und Bewohner es sich in den Gesprächen von uns gewünscht haben.“
Der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V. hatte das Areal in Schonstett zu Beginn der 1970er-Jahre erworben und in dem ehemaligen Lungensanatorium ein Angebot für Erwachsene mit Beeinträchtigungen eingerichtet. Trotz regelmäßiger Sanierungen, zuletzt im Jahr 2013 für rund vier Millionen Euro, entsprechen Areal und Gebäude nicht mehr dem eigenen Anspruch und auch nicht mehr dem Standard.
Birgit Weiß bilanziert: „Wir stehen für Teilhabe und Inklusion. Unser Caritas-Haus Schonstett ist ein Relikt der Vergangenheit. Das Gebäude stammt konzeptionell aus einer Zeit der Exklusion. An diesem Standort können wir Teilhabe und Inklusion, wie wir sie im Jahr 2025 verstehen, nicht mehr verwirklichen.“
2025 wären erneut Kosten in der Größenordnung eines höheren sechsstelligen Euro-Betrags für große Sanierungen an Fenstern, Böden, Zimmern, Wasserleitungen und Dach angefallen. Diese Investition mache für den Caritasverband jedoch mit Blick in die Zukunft keinen Sinn mehr: „Es ist einfach alles sehr alt hier. Kaum sind wir an einer Stelle fertig, da sind woanders schon wieder Arbeiten fällig. Es ist leider kein Ende in Sicht”, sagt Birgit Weiß.
Deshalb wolle man lieber die vorhandenen, moderneren Einrichtungen im Verband nutzen und inklusivere Wohnformen in der Region entwickeln.
CK
Es ist so gekommen, wie ich vor 2 Monaten bereits geschrieben habe.
Der Leitspruch von Caritas „näher am Menschen “ dürfen sie sofort ändern in „weit weg von Menschen“. 😭
Was da bei der Caritas passiert ist nur noch traurig.
Aber es wird sich über die vielen
Kirchenaustritte gewundert.
Auch ich habe bereits vor zwei Monaten vermutet, dass das Haus für Behinderte und Senioren geschossen wird. Ich finde es schon eigenartig wenn man seit 1970 kaum in Sanierungen investiert hat und jetzt behauptet, dass die Caritas das Geld der anvertrauten, finanziellen Mittel für die betroffenen Menschen wirkungsvoller einsetzen will.
Wo sind denn die Rücklagen der letzten 54 Jahre geblieben?
Es ist mittlerweile das zweite Haus in der Wasserburger Region das von der Caritas geschlossen wird.
Man braucht sich auch nicht darüber wundern, dass bereits Gespräche mit Interessenten stattfinden. Offensichtlich können andere das Haus vorbildhaft instandsetzen.
Man kann ja auf dem Rücken der Behinderten solche Entscheidungen treffen, sozial ist dies nicht.
Tia , es is hoid einfach koa Geld mehr da, hoffentlich kommt bald des Sondervermögen.
Da muss ich klar widersprechen, da ist sicher viel Geld da und zwar bei der Caritas selbst! Das wird bestens verwaltet und vermehrt.
Wer je bei dieser Organisation gearbeitet hat wird dies wissen.
Ganz wenig Nah am Nächsten.
Sondervermögen in diesen Kontext zu stellen is echt gach, zu gach.
Es geht hier um Menschen die im Sozialstaat hilfen verdient haben.
Zu dem Artikel von Herrn Manfred Förtsch kann ich nur beiwohnen…
Übel. Beschämend.
Ich möchte nur mal wissen, was mit der Investitionsgebühr von ca. 500,– Euro, die jedem Bewohner (zumindest in den Altenheimen) monatlich berechnet wird, geschieht.
Rechnung: 80 Bewohner x 500 Euro x 12 Monate = ca. 480.000 Euro jährlich.
Dieser Betrag wird wohl über Jahre hinweg einbehalten, Investitionen werden kaum getätigt und wenn dann alles marode ist, wird geschlossen. Wohin fließen dann die Gelder???
Sehr geehrte Elise,
der Begriff „Investitionsbeitrag“ ist leider missverständlich. Er lässt vermuten, dass sich die „Investition“ auf die Zukunft bezieht. Dem ist jedoch nicht so. Der Beitrag wirkt, wenn Sie so wollen, nach „rückwärts“, indem er die ursprüngliche Investition, die zum Bau des jeweiligen Gebäudes benötig wurde, bedient. Die Höhe dieses Beitrags orientiert sich an den ursprünglichen Baukosten und wird meist auf 40 Jahre angesetzt. Deshalb ist dieser Beitrag bei älteren Häusern günstiger als bei modernen Bauten. Hier wird also kein Geld einbehalten. Dieses Vorgehen ist im Sozialgesetzbuch §82 „Finanzierung der Pflegeeinrichtungen“ geregelt.
Sollten Sie weitere Fragen haben. melden Sie sich gerne direkt bei uns unter pressestelle@caritasmuenchen.org
Herzliche Grüße, Carmen Krippl, Stellv. Pressesprecherin Caritasverband München-Freising
Seit 55 Jahre fast kaum eine Erhaltungsmaßnahme, eine größere Instandsetzung im Jahre 2013. Die Heimkosten waren/sind auch die günstigsten. Wo ist das Geld 💰 ?
Sehr geehrte Frau Schubert, man kann ja alles schönreden. Aber bezüglich der Gespräche mit Bewohnern die zum Großteil schwerst behindert sind kann ich nur antworten- was bleibt ihnen übrig wenn die Caritas sich schon entschieden hat die Einrichtung zu schließen und das Anwesen womöglich an einen Bauträger zu veräußern. Bin gespannt welcher Nutzung das Objekt zugeführt wird.
Dass es innerhalb von einem halben Jahr zwei Einrichtungen der Caritas sind die im Bereich Wasserburg geschlossen werden ist schon sehr seltsam.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
gerade jetzt ist es uns wichtig, ganz nah an den Menschen zu sein und die bestmöglichen Lösungen für jeden einzelnen zu finden. Dazu gab es bereits gestern erste gute Gespräche mit den Bewohnern und Bewohnerinnen und auch mit den Mitarbeitenden. Wir haben viele gute Möglichkeiten in unseren eigenen Einrichtungen, aber auch bei befreundeten Trägern. Zugleich ist es uns bewusst, dass der Übergang für alle herausfordernd ist. Deshalb werden wir die Menschen sehr intensiv begleiten.
Nah nächsten zu sein bedeutet für uns auch, dass wir verantwortlich handeln, wenn wir feststellen, dass sich Einrichtungen nicht mehr aus der Krise führen lassen. Wir stellen mit dieser Entscheidung jetzt die Weichen, das Wohnangebot für Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf einen immer größer werdenden Ressourcenmangel so zu erneuern, dass die uns anvertrauten Menschen auch in Zukunft gut betreut werden können.
Herzliche Grüße,
Petra Schubert, Regionalleitung Caritas München-Freising
Ich komme auf Sie zurück Frau Schubert und nehme Sie beim Wort.
Bin gespannt wie die intensive Begleitung aussehen wird.. und die bestmögliche Lösung.
Ich bin sehr enttäuscht von der Schließung. Meine Schwester wurde optimal betreut und gepflegt. Aufgrund ihrer Behinderung, kann sie sich nicht äußern, geschweige denn ein gutes Gespräch führen. Das vertraute Umfeld war für sie sehr wichtig. Auch der regelmäßige Besuch, durch eine Nachbarin. Ein Umzug in eine neue Umgebung wird sehr schwer für sie..Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen. So wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben.( Matthäus Ev.)
Ich verstehe leider nicht, was verbesserte Inklusion mit der Atomisiering des vertrauten Umfelds aus Pflegepersonal und Pflegebedürftigen zu tun haben soll. Es scheint mir ein vorgeschobenes Argument zu sein.
Ach ja: ist der wörtliche Sinn von „Caritas“ nicht „uneigennütziges Wohlwollen“?
Außerdem: ist ein Pflegeheim nicht Infrastruktur, für die es jetzt ein Sondervermögen von ca 400 Milliarden gibt?
Meines Wissens ist’s heutzutage leider auch so, dass die Bewohnern in den Pflegeheime sozusagen nur eine Ware und Zahl sind.
Mit Menschlichkeit hat’s auch immer weniger zu tun, was auch eine Tatsache ist…!
Im Grunde haben wir keinen Pflegenotstand und auch keinen Fachkräftemangel, wobei die Gesundheitsreform unbedingt neu reformiert werden MUSS.
Es kann auch nicht sein, dass unfähige, inkompetente Personen in den Pflegeeinrichtungen arbeiten.
Dann muss man sich über die vielen Schließungen von div. Einrichtungen auch nicht wundern.
Eine entsprechend strengere Überwachung durch die Gesundheitsämter ist auch noch unbedingt erforderlich, um weitere Missstände in den Pflegeeinrichtungen zu vermeiden…