Gewerbehalle soll 70 Zentimeter höher stehen? Rats-Mehrheit lehnt das ab

Es ging um einen Antrag für eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Gewerbehalle. Und zwar mit vier Büroeinheiten und zugehöriger Montage- und Lagerhalle am Gewerbering 10 im Rotter Gewerbegebiet Eckfeld: Der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Rott hatte in seiner Juli-Sitzung hier das gemeindliche Einvernehmen zu dem Bauantrag in Bezug auf eine Baugrenze und die Wandhöhe nicht erteilt.

Jetzt diskutierte der Rotter Gemeinderat in seiner Sitzung über diese Ablehnung – im Mittelpunkt der Diskussion vor allem die Wandhöhe. Hier gebe es eine heftige Abweichung von den Festsetzungen des noch recht neuen Bebauungsplans „Am Eckfeld Ost II“.

Grund für die erneute Debatte: Das Landratsamt. Es sorgte für Verwunderung im Gremium. Mit einem Schreiben von Ende Juli hatte die Landkreis-Behörde nämlich mitgeteilt, dass die Begründungen zu dem Befreiungsantrag nachvollziehbar seien und somit eine Befreiung von Seiten der Bauverwaltung nun in Betracht gezogen werde.

Die Gemeinde Rott werde um eine Stellungnahme gebeten, ob das gemeindliche Einvernehmen noch nachträglich erteilt werde …

Foto: Renate Drax

Für das Baugrundstück ist eine maximal zulässige, absolute Oberkante der Wandhöhe mit 445,0 m über Normalhöhennull (NHN) festgesetzt. Die Geländeoberfläche liegt bei 437,5 m über NHN. Somit ergibt sich eine Wandhöhe von 7,5 m. Der maximal zulässige, oberste Gebäudepunkt (zum Beispiel First) wurde mit 448,5 m über NHN festgesetzt. Daraus ergibt sich eine maximale Firsthöhe von elf Metern.

Die beantragte Gewerbehalle hat eine Wandhöhe von 7,25 m. Die im Bebauungsplan festgesetzte Wandhöhe wäre somit grundsätzlich eingehalten. Jedoch soll die Gewerbehalle rund 0,74 m über der tatsächlichen Geländeoberfläche errichtet werden. Dadurch wird die im Bebauungsplan festgelegte, maximal zulässige Oberkante der Wandhöhe von 445,0 m um über einen halben Meter – genau gesagt 54 Zentimeter – überschritten und widerspreche somit den Bebauungsplan-Festsetzungen in einem nicht unerheblichen Maß.

Marinus Schaber von den Bürgern für Rott und ehemaliger Bürgermeister ärgerte sich über das Landratsamt, für das plötzlich 70 Zentimeter mehr an Höhe keine Rolle mehr spielen würden. Die Hälfte – ja – die könne er sich eingehen lassen, aber 70 seien definitiv zu viel in seinen Augen.

Fraktionskollege Johann Gilg von den Bürgern für Rott sah das anders. Er könne das schon verstehen, dass man höher hinauswolle – und eben Angst habe vor zu großen Wassermengen. Bei den plötzlichen Niederschlagsmengen, mit denen man heutzutage jederzeit rechnen müsse.

Sebastian Mühlhuber von der CSU meinte, man müsse ja auch mal sagen, dass der Bauherr doch gewusst habe, auf was er sich einlasse. Und man dürfe nicht vergessen, dass die Wand ohnehin eine mordslange Wand werde – 34 Meter lang. Und einen Präzedenz-Fall wolle man auch nicht schaffen mit so einer Genehmigung.

Letzterem schloss sich Carola Kahles vom Rotter Forum an. Das sehe sie genauso. Zudem sei der neue Bebauungsplan gut durchdacht.

Bürgermeister Daniel Wendrock hatte gleich vorausgeschickt gehabt, dass er ganz grundsätzlich absolut dagegen sei, den neuen Bebauungsplan jetzt schon wieder zu ändern: „Den glang i jetzt vorerst nimmer an …“ Wo er jedoch mitgehen könnte, das sei die Baugrenzen-Überschreitung aufgrund des geplanten Vordaches als untergeordnetes Bauteil. Aber für eine Veränderung der Wandhöhe sei er auch nicht.

Die Details hierzu:
Die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze darf auf einer maximale Länge von fünf Metern durch Vordächer  um bis zu 1,5 m überschritten werden.
Die Gewerbehalle wird unmittelbar an der Baugrenze mit einer Gebäudelänge von 34,40 m errichtet. Der
Gewerbebau soll mit einem Vordach mit einer Tiefe von einem Meter über die gesamte Gebäudelänge errichtet werden. Die maximal zulässige Baugrenzen-Überschreitung von fünf Metern wird somit eigentlich bei weitem nicht eingehalten.
Dem Bauantrag war ein Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beigefügt, mit dem die Bebauungsplanabweichungen begründet werden.
Aufgrund der nicht unerheblichen Bebauungsplanabweichungen hatte der Bau- und Umweltausschuss das gemeindliche Einvernehmen auch hier verweigert.

In der Begründung zum Befreiungsantrag war hier ein Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1992 – also vor 30 Jahren – zitiert worden. Eine Abweichung von einer Baugrenzen-Überschreitung sei demnach zulässig, wenn es sich um eine geringfügige Überschreitung handele und diese den Bestimmungen des Abstandsflächenrechts entspreche.

Dachüberstände würden als untergeordnete Bauteile betrachtet, die bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht bleiben würden. Bei einem Vordach mit einer Tiefe von einem Meter sei also üblicherweise von einem untergeordneten Bauteil auszugehen.

Die in der Begründung genannten Gründe für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich der Baugrenzen-Überschreitung waren schließlich für alle im Gremium nachvollziehbar.

Die Wandhöhen-Überschreitung wurde mehrheitlich dagegen im Rotter Gremium ganz klar als unbegründet erachtet.
Der Beschluss:

Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Landratsamtes Rosenheim wurde der jüngste Beschluss des Bau- und Umweltausschusses aufgehoben. Das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 BauGB wurde in Bezug auf die Baugrenzen-Überschreitung erteilt.

Das gemeindliche Einvernehmen aber wurde vom Gemeinderat Rott in Bezug auf die maximal zulässige, absolute Oberkante der Wandhöhe mit 445,0 m über NHN weiterhin verweigert. 

Es gab hier drei Gegenstimmen.