Schonstett: Offen, ob es dort weitergehen kann - „Teilhabe und Inklusion so nicht zu verwirklichen"

Das Caritas-Haus in Schonstett (Foto) steht 2025 vor möglicherweise großen Veränderungen. Der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising  prüfe aktuell, ob der Standort auf dem Schlossgelände generalsaniert werden könne oder als Einrichtungsstandort aufgegeben werden müsse, wie es am heutigen Mittwoch-Nachmittag von der Caritas heißt.
Birgit Weiß, Geschäftsleiterin des Bereichs „Teilhabe und Inklusion“ beim Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V., erklärt den Vorgang:
„Mit Blick in die Zukunft brauchen wir ein modernes, barrierefreies und zentral gelegenes Gebäude oder mehrere passende, kleinere, dezentrale Wohneinheiten. Das ist für unsere Bewohnerinnen und Bewohner sowie für unsere Mitarbeitenden in Hinblick auf Lebens- und Arbeitsplatzqualität die bessere Lösung. In Zeiten einer angespannten Haushaltslage haben wir außerdem eine besondere Verantwortung im Umgang mit öffentlichen Mitteln. Wir würden das Geld gerne in die Unterstützung und Begleitung der Menschen und nicht in die Gebäude investieren.“
Im Caritas-Haus Schonstett leben aktuell 42 Menschen mit Beeinträchtigungen im Alter von 42 bis 76 Jahren. Diese sollen ein unterstütztes, aber möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Das ermögliche das Gebäude sehr eingeschränkt.
Birgit Weiß: „Wir stehen für Teilhabe und Inklusion. Unser Caritas-Haus Schonstett ist in dieser Hinsicht leider ein Relikt der Vergangenheit. Das Gebäude stammt konzeptionell eher aus einer Zeit der Exklusion. In dieser Zeit wurden Menschen mit Behinderungen an Orten untergebracht, an denen sie gut aufgehoben und gut versorgt waren, an denen sie aber auch vorwiegend unter sich geblieben sind.“
Als Lungen-Heilanstalt zu Beginn des 20. Jahrhunderts umgebaut, verfügt das in Teilen über 500 Jahre alte Areal zwar über riesige Säle, aber keine privaten Wohnzimmer. Es hat einen weitläufigen Park, der aber für Menschen mit Behinderungen schwer zugänglich ist. Es ermöglicht stille Abgeschiedenheit, aber aufgrund der fehlenden Infrastruktur keine spontanen Besuche in Cafés, Kinos und Konzerten oder Einkaufsmöglichkeiten.
Über das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (BTHG) soll jedoch eine möglichst volle und wirksame Teilhabe in allen Bereichen ermöglicht werden. Obwohl die Bewohnerinnen und Bewohner in der Gemeinde selbst sehr gut aufgenommen würden, stehe man in Schonstett gleichzeitig vor großen Hürden, wenn sie am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilhaben wollen.   
Birgit Weiß, die den Caritas-Geschäftsbereich „Teilhabe und Inklusion“ seit einem Jahr führt, zieht eine nüchterne Bilanz: „So idyllisch das Wohnen auf einem Areal aus dem 15. Jahrhundert zunächst scheint: An unserem Standort Schonstett können wir Teilhabe und Inklusion, wie wir sie im Jahr 2025 verstehen, im Moment nicht verwirklichen.“
Sehr bedauerlich sei dies, weil der Erhalt des Gebäudes und des Grundstücks viel Geld erfordere, ohne dass daraus dann zukunftsfähige Verbesserungen für die dort lebenden Menschen entstünden.
Seit 2013 hatte der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V. fast vier Millionen Euro kontinuierlich in die Instandhaltung von Gebäuden und Areal gesteckt. 2025 stünden nun erneut notwendige Investitionen in der Größenordnung eines höheren sechsstelligen Euro-Betrags für große Sanierungen an Fenstern, Böden, Zimmern, Wasserleitungen und Dach an. Die Maßnahmen können nicht warten, weil es sich weitestgehend um die Behebung von Wasserschäden handelt. Birgit Weiß sagt: “Es sind hier einfach sehr alte Gebäude. Kaum sind wir an einer Stelle fertig, da sind wo anders schon wieder Arbeiten fällig. Hier ist leider kein Ende in Sicht.”
Der Caritasverband hat deshalb einen, den ihr anvertrauten Menschen gegenüber verantwortungsbewussten Entscheidungsprozess eingeleitet: Schonstett als Standort des Wohnangebots für Menschen mit Behinderung wird auf den Prüfstand gestellt – fachlich und wirtschaftlich. In einer intensiven Analyse soll geklärt werden, ob es im Ort weitergehen wird oder ob das dortige Wohnangebot für Menschen mit Behinderung besser an anderer Stelle in Stadt oder Region Rosenheim weitergeführt wird.
Der Vorgang wird in enger Einbindung des Bewohnerbeirats, der Mitarbeitenden-Vertretung, der Mitarbeitenden und des Bezirks Oberbayern konzipiert und erfolgen. Sollte die Entscheidung gegen den Standort fallen, starten umgehend die Planungen für eine neue Lösung.
„Sollte die Entscheidung gegen Schonstett fallen, wollen wir nichts mehr auf die lange Bank schieben. Es stehen am Standort Schonstett erneut aufwändige und kostenintensive Sanierungsarbeiten an“, sagt Birgit Weiß und denkt zum Beispiel an den Aufzug, der trotz kürzlicher Sanierung schon wieder kaputt ist. Sie blickt positiv in die Zukunft und wünscht sich, bald einen neuen Lebensraum für die Bewohnerinnen und Bewohner zu finden – einen Ort, an dem Teilhabe und Inklusion besser ermöglicht werden kann.
CK