Gülrü Ensari und Herbert Schuch und ihr vierhändiges Spiel am Flügel: Ein einzigartiger Abend

Gülrü Ensari schätzt an ihrem Mann und Klavierpartner seine Erfahrung, Herbert Schuch an seiner Frau ihre Spontanität und Frechheit. So vereint das Paar nicht nur die Vorzüge türkischer und rumänischer Wurzeln, sondern auch eine breite Palette musikalischer Farben. Mitzuerleben in ganz außergewöhnlicher Atmosphäre – geradezu familiär – war das jetzt beim „Fichters“ in Ramsau. Leider wegen des unbeständigen Wetters nicht wie geplant im Obstgarten, dafür aber drinnen im so heimeligen Ambiente des „Kulturladens“ von Christian Wimmer (Bild unten ganz hinten in der Mitte stehend).

Der hatte weder Mühen noch Kosten gescheut, den besten Flügel mitten in den Raum für beste Klangfülle anliefern und platzieren zu lassen. Das wussten die beiden kongenialen Künstler sehr zu schätzen, wie sie der Wasserburger Stimme gegenüber betonten.

Fotos: Renate Drax

Nein, eine Programm-Übersicht lag nicht aus auf den Tischen. Die brauchte es auch nicht, bei den charmanten, erklärenden Worten von Gülrü Ensari und Herbert Schuch stets nach zwei Werken. Die schon mal, wie Schuberts wundervolle Fantasien knapp 20 Minuten dauern konnten.

Überhaupt wurde an dem Abend Improvisation großgeschrieben – wie sie Herbert Schuch auch ankündigte und seine Ehefrau mit einem „Du machst mir Angst“ kommentierte. Das vierhändige Spiel der beiden bewies, dass diese Bemerkung der Gattin nicht wirklich ernst gemeint war. Harmonischer konnte ein Abend zu Zweit an einem Flügel nicht ins Publikum und deren Herzen transportiert werden.

Voller Emotionen: Mal sanft, mal aufbrausend – Lebensstürme eben, wie auch der Auftakt mit Franz Schubert lautete.

Immer wieder erinnerte Herbert Schuch an dem Abend in Ramsau auch an seinen Mentor, den Österreicher Alfred Brendel, der jetzt vor wenigen Tagen im Alter von 94 Jahren in London gestorben ist.

Alfred Brendel war unbestreitbar einer der größten Pianisten der Jahrzehnte nach dem Krieg. Doch er war nie ein Virtuose im üblichen Sinn – und wollte es auch nicht sein. Technik war ihm immer nur Mittel zum Zweck. Schwierige Stellen beherrschte er nicht deshalb, weil er täglich Etüden durchgeackert hatte, sondern weil er mit aller Energie daran arbeitete, wie es stets im besonderen Zusammenhang des Moments klingen muss.

Wie Philosophen am Flügel – genau so spürte man auch die Tiefe des Duos Ensari und Schuch. Das beste Beispiel war hier die Symbiose von Brahms’ „Ungarischen Tänzen“ und Antonin Dvoráks „Slawischen Tänzen“, die in dieser Reihenfolge hintereinander entstanden waren und Letzterem dank Brahms zum internationalen Durchbruch verhalfen. Meisterhaft dargeboten vom Ehepaar Ensari-Schuch – weil das zusammengehört, was zusammengehört.

Aber auch ein Ausflug in den Norden zur „Morgenstimmung“ aus der Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg ließ einen im Zuhörer-Raum die Augen schließen und träumen. Nah ließen einen die beiden Künstler die Tiefe der Musik empfinden – nah ließ es auch die Räumlichkeit zu. Künstlerin Gülrü Ensari  bedankte sich dafür eigens beim Veranstalter Christian Wimmer. Es sei großartig, so nah beim Publikum zu sein. Ohne Hierarchie, wie wunderbar und so besonders für Zwei, die große Konzertsäle füllen können in ganz Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz.

Geradezu ein Erlebnis war zum Abschluss der „Boléro“ von Maurice Ravel – 15 Minuten lang eine Tonart, zwei Melodien in ständig wechselnden Klangfarben, ein stetig anwachsendes Crescendo. Das sind die Zutaten für eines der berühmtesten Stücke der Geschichte. Klasse interpretiert von dem Künstler-Ehepaar, das mit viel Applaus und Bravo-Rufen belohnt wurde. Spontan gab es noch Zugabe um Zugabe, denn wirklich gehen lassen – das wollte die beiden grandiosen Künstler niemand beim „Fichters“:

Ein einzigartiger Musik-Abend, der in Erinnerung bleiben wird.

 

 

 

 

 

Schaufenster