Keine Beschlussfähigkeit in Haag: Gemeinderatssitzung musste verschoben werden

Eine mit vielen Tagesordnungspunkten angesetzte Gemeinderatssitzung in Haag konnte am Dienstag nicht stattfinden – weil einige Fraktionen nicht anwesend waren. Die Gemeinderäte fehlten nicht etwa urlaubsbedingt oder aus gesundheitlichen Gründen, sondern ganz bewusst. Die amtierende Rathauschefin, Elisabeth Schätz, ist außer sich: „In meiner Zeit als Bürgermeisterin gab es das tatsächlich noch nie, dass der Gemeinderat beschlussunfähig war. Als ich noch im Gemeinderätin war, ist es ein oder zwei Mal vorgekommen, vor allem in der Urlaubszeit, aber das war dann nicht abgestimmt und mit Ansage. Dieses Verhalten vergiftet die Atmosphäre“, so Elisabeth Schätz auf Nachfrage der Haager Stimme.

„Ein Punkt in der Tagesordnung, den man sachlich abhandeln könnte, veranlasst zwei Fraktionen dazu, eine komplett vorbereitete Sitzung platzen zu lassen. Das ist formal eine Missachtung der Gemeindeordnung und den übrigen Gemeinderäten, der Verwaltung und vor allem den Bürgern gegenüber untragbar. Es waren auch zwei Bürgerinnen anwesend, die wir nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit heimschicken mussten. So etwas führt natürlich zu Demokratieverdrossenheit“, zeigt sich Schätz betrübt.

Sachlicher Grund für die Absage?

Ganz anders sehen das die Gemeinderäte, die geschlossen die Entscheidung des Fernbleibens trafen: Es sei doch ein klares Zeichen und sollte zum Nachdenken geben, wenn 14 von 21 Gemeinderäten nicht erscheinen, heißt es von mehreren Räten gleichermaßen. Die Fraktionen stützen sich dabei auf einen Tagesordnungspunkt, der im nichtöffentlichen Teil zu finden ist. Für die Bevölkerung also quasi der Grund für den Streit hinter verschlossenen Türen.

Hermann Jäger von der PWG in Haag erklärt sich und seine Ratskollegen kurz und sachlich: „Die Abwesenheit der PWG Fraktion bei der Sitzung am Dienstag war begründet durch eine Abstimmung im nichtöffentlichen Teil. Deshalb kann ich zum Inhalt keine Aussage machen“, so Jäger gegenüber der Redaktion. „Unser Wunsch ist, dass dieses Thema in der nächsten Sitzung öffentlich diskutiert wird, dann können alle Gemeinderäte dazu Stellung nehmen und es kommt Klarheit in die Sache“, hofft Jäger.

Gleichermaßen ist auch der Sprecher der CSU-Fraktion, Klaus Breitreiner, überzeugt davon, dass dieser eine Tagesordnungspunkt, der strittig ist, anders behandelt werden müsse. Jedoch hält sich auch Breitreiner bedeckt, um welches Thema es sich handelt und verweist auf den nichtöffentlichen Teil: „Inhaltlich können wir zu nichtöffentlichen Themen leider keine Stellungnahme abgeben. Wir haben bei diesem Punkt große Bedenken und halten unter den aktuellen Gegebenheiten eine erneute öffentliche Diskussion für zwingend notwendig, anstatt eine abschließende Entscheidung zu treffen. Wir werden zusammen mit den anderen Fraktionen sehr zeitnah einen Antrag einbringen, damit das Thema nochmal öffentlich diskutiert wird. Wir erhoffen uns damit eine sachliche Erarbeitung einer Anpassung, welche bei einer breiten Mehrheit in Gemeinderat und Bevölkerung auf Zustimmung stößt“, so der Fraktionssprecher der CSU weiter.

Daraus wird wohl zunächst nichts: Eine neue Einladung für die Sitzung ging bereits raus, in einer Woche – am Donnerstag, 20. März, soll die Sitzung nachgeholt werden. Ob der Tagesordnungspunkt der nichtöffentlichen Sitzung gleichbleibt, kann spekuliert werden. Ob bereits ein Antrag eingebracht wurde in der Kürze der Zeit, ungewiss.

Verärgerung bei den Anwesenden

Dass die Gemüter erhitzt sind, das steht jedoch fest. Eva Rehbein hat auf Nachfrage der Haager Stimme ihren Unmut ausgedrückt und deutliche Worte zum Geschehen gemacht: „Anwesend war die komplette SPD-Fraktion, von den Grünen, Frau Moser, und die komplette WfH-Fraktion mit Herbert Zeilinger und Karin Lipp“, erläuterte die SPD-Rätin. Sie habe ein derart respektloses und aus ihrer Sicht rechtswidriges Verhalten noch nie erlebt, und sie sei ja schon sehr lange Mitglied im Gemeinderat, so Rehbein weiter.

Gemeinsam verfassten die Anwesenden eine Stellungnahme zur fehlenden Beschlussfähigkeit aufgrund der Nichtanwesenheit ganzer Fraktionen, die mit vielen Vorwürfen gespickt ist: „Dieses Verhalten nehmen wir mit großem Unverständnis zur Kenntnis und verurteilen ein solches undemokratisches und rechtlich nicht nachvollziehbares Verhalten. Damit wird die Institution Marktgemeinderat öffentlich geschädigt. Ein Austausch zu den geplanten Tagesordnungspunkten ist nicht möglich und soll pro-aktiv verhindert werden“, wettert Rehbein in Vertretung für die ebenfalls anwesenden Ratskollegen.

War das Fehlen rechtens oder abwegig?

In der Bayerischen Gemeindeordnung (Art 48) sei verankert, dass gewählte Gemeinderäte eine Pflicht zur Teilnahme an Sitzungen und Abstimmungen hätten. Es sei festgelegt, dass ein Fehlen nur mit einer „genügenden“ Entschuldigung erfolgen könne. Diesem Austausch hätten sich die Fraktionen der CSU und PWG sowie die Räte der Freien Wähler Haag entzogen, sind sich Eva Rehbein und die weiteren, am Dienstagabend anwesenden Gemeinderäte der SPD-Fraktion, Sabine Binsteiner-Maier, Siegried Maier sowie Bürgermeisterin Elisabeth Schätz, der WfH-Fraktion Herbert Zeilinger, Karin Lipp, der Grünen Fraktion, Christa Moser, einig. Ihnen missfalle auch die Tatsache, dass wegen der geplanten Nichtteilnahme aufgrund eines Tagesordnungspunktes keiner der Themen bei der Sitzung zur Abstimmung gebracht werden konnte, heißt es in der Stellungnahme weiter.

„Aus unserer Sicht ist dieses Vorgehen eine absichtliche und gesteuerte Absage. Hier liegt keine Entschuldigung aus nachvollziehbaren Gründen vor. Vielmehr wird die Aufgabe, der Festlegung der Tagesordnung, die durch die Funktion Bürgermeister zu erfolgen hat, mit einer solchen fraktionellen Kampfmaßnahme nicht nur beeinflusst, sondern die notwendige Beschussfähigkeit benutzt, um unliebsame Themen zu regulieren. Ein solches Verhalten ist aus unserer Absicht abzulehnen und ebenfalls nicht hinnehmbar“, stellen die enttäuschten Räte klar.

Die Gemeinderatsmitglieder der Freien Wähler Haag hatten zwar eine Stellungnahme angekündigt, meldeten sich bislang aber bei der Redaktion nicht zurück.

Ausgerechnet am heutigen Donnerstagabend wird es zu einem Aufeinandertreffen der Gemeinderäte beim Starkbierfest in Grandls Hofcafe kommen. Wie hier die Begrüßung ausfallen wird, bleibt abzuwarten.

RM