Kirchdorfer Rathaus-Gremium stellte sich den Fragen der Gemeinde – Landrat anwesend

Die Stühle in der Gaststätte Hacklthal reichten nicht für alle, so groß war der Andrang zur Sonder-Bürgerversammlung der Gemeinde Kirchdorf. Themen waren die Stellungnahme zur Situation in der Verwaltungsgemeinschaft Reichertsheim 2023 sowie die Entwicklung und Zusammenarbeit im Gemeinderat Kirchdorf zwischen Bürgermeister Christoph Greißl (Bild oben) und dem Gemeinderat.

Vorangegangen waren der Versammlung „das Chaos in der Gemeindeverwaltung sowie der Eklat in der letzten Gemeinderatssitzung, als der Gemeinderat geschlossen die Sitzung kurz nach Beginn verlassen hat“.

Bürgermeister Christoph Greißl begrüßte neben den Gemeindebürgern auch Landrat Maximilian Heimerl, die beiden Altbürgermeister sowie den Kirchdorfer Gemeinderat. Er bat im Vorfeld um einen geregelten Ablauf, der Abend solle keine „Schlammschlacht“ werden.

Greißl erklärte die Situation seit Januar 2023, als es zum Wechsel des Vorsitzes der Verwaltungsgemeinschaft mit Reichertsheim gekommen war. In dieser Zeit haben viele Mitarbeiter gekündigt, zwischenmenschliche Aspekte wurden nicht gelöst. Die Mammutaufgabe, die 1000 liegen gebliebenen Rechnungen zu bearbeiten, versuchen derzeit seine Mitarbeiter zu bewältigen. Natürlich habe dies eine schlechte Außenwirkung, es liege aber nicht am Geld, sondern an den internen Vorgängen. Der damit verbundene Mehrarbeitsaufwand bei den ohnehin zu wenigen Mitarbeitern habe noch einmal zu Kündigungen geführt. Als „großen Verlust“ bezeichnete Greißl die Kündigung seiner Mitarbeiterin im Bürgerbüro. „Ich habe ihre Warnungen überhört und dafür möchte ich mich ausdrücklich entschuldigen“, so Greißl.

Jeder mache Fehler, auch er. Ein großer war es, auf die Geschäftsleiterin zu vertrauen, gegen die mittlerweile ein arbeitsgerichtliches Verfahren läuft. Greißl betonte, er übernehme die volle Verantwortung für alles, was in seinem Vorsitz der Verwaltungsgemeinschaft passiert sei. „Es war immer das Ziel, dass wir eine Einheit sind und daran arbeite ich“. Er entschuldigte sich sowohl beim Kirchdorfer als auch beim Reichertsheimer Gemeinderat für alles, was geschehen sei.

Derzeit arbeite man mit einer Consultingfirma zusammen, welche unter anderem die Mitarbeiter schule. Diese Maßnahme koste Geld, sei aber eine Investition in die Zukunft. Er bedankte sich bei den Mitarbeitern, die geblieben sind und hoffte, dass diese weiterhin so motiviert bleiben. Für die derzeit vakante Stelle des Geschäftsleiters sei jemand gefunden worden, der die Stelle im Juli antritt.

„Ich möchte mich nicht der Verantwortung entziehen“, erklärte Greißl, einen Rücktritt lasse er sich offen. Die ganze Situation wirke sich auch negativ auf seine Familie und sein Umfeld aus.

Anschließend übergab er das Wort an die Kirchdorfer Gemeinderäte. Werner Eberl betonte, es müsse sich etwas ändern. Der Gemeinderat wolle keinen Streit, sondern sachorientiert diskutieren. Die Rede von Bürgermeister Christoph Greißl wolle man nicht bewerten.

Sepp Heindl gab einen Überblick, was seit Greißls Amtsantritt 2020 passiert sei. Als „Paukenschlag“ nannte er die Kündigungswelle im Jahr 2023. Seit November sei man nahezu kampfunfähig, er hoffe, dass es irgendwie weitergehe.

Andreas Reuss verwies auf die Kosten, die durch die Consultingfirma auflaufen, dazu kommen Gerichts- und Anwaltskosten. Dieses Geld hätte man lieber in laufende Projekte gesteckt. Bei vielen Projekten, beispielsweise der Fernwärme, gehe nichts vorwärts. Er hoffe sehr, dass wenigstens kleinere Projekte jetzt in Angriff genommen werden.

Zu dem Eklat in der letzten Gemeinderatssitzung äußerte sich Josef Oberniedermaier. Diese Entscheidung habe sich langsam aufgebaut. Als Gründe nannte er das Ratsinformationssystem, welches ein dauerhaftes Ärgernis darstelle, Protokolle, die oft nachgebessert werden mussten sowie fehlende Themen in den Tagesordnungen zu den Gemeinderatssitzungen. Wichtige Unterlagen wurden oft nicht mitgeschickt. Dazu wurde der Haushalt nicht erstellt und Zusagen nicht eingehalten. Bei manchen Themen bekam man die Informationen erst auf Nachfrage.
Da die Januarsitzung entfallen sei, habe sich der Gemeinderat informell getroffen. Nachdem Gespräche zwischen dem Bürgermeister und dem Gemeinderat ergebnislos verlaufen seien, habe man sich zu dem drastischen Schritt mit Verlassen der Sitzung entschieden.
Der Wunsch des Gemeindrats sei nach wie vor, dass sich die Zusammenarbeit stabilisiere und Projekte vorangebracht werden können.

„Wir haben noch zwei Jahre vor uns und müssen uns irgendwie zusammenraufen“, betonte Josef Schneider. Zum Wiederaufbau der Verwaltung sehe man Bürgermeister Christoph Greißl in der Verantwortung. Notwendig sei auch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Bürgermeistern aus Kirchdorf und Reichertsheim. Der Gemeinderat stehe für eine konstruktive Zusammenarbeit bereit.

Bürgermeister Christoph Greißl bestätigte die Probleme mit dem Ratsinformationssytem. Die Protokolle der Gemeinderatssitzungen wurden anfangs von der Geschäftsleiterin verfasst, nach deren Kündigung schrieb er sie selber. „Eine Sitzung leiten und Protokoll schreiben, ist sehr schwer“, so Greißl. Die Gemeindratsstizung im Januar habe er auf Anraten der Consultingfirma abgesagt. Das Verhalten des Gemeinderats in der letzten Sitzung gehe ihm nach wie vor nah. „Man macht sich schon seine Gedanken“.

Im Anschluss hatten die Bürger das Wort.

Ein Bürger erklärte, es sehe derzeit so aus, als ob der Gemeinderat alles richtig und der Bürgermeister alles falsch mache. Kirchdorf habe endlich einen jungen Bürgermeister und den solle man unterstützen. Diese Aussage führte zu viel Applaus im Saal.

Ein Bürger wollte wissen, ob es stimme, dass auch Mitarbeitern gekündigt wurde und Abfindungen gezahlt wurden. Dies bestätigte Greißl. Da die Kündigungen im Einvernehmen erfolgt seien, könne er dazu nicht mehr sagen.

Zu den Kündigungen ergänzte Werner Eberl, dass anscheinend eine „Kultur der Angst“ und „Kontrollwahn“ Gründe waren. Aber die Geschäftsleiterin war nicht die Alleinherrschende, Christoph Greißl war zu der Zeit Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzender mit allen Möglichkeiten. Eberl räumte ein, dass es allerdings schwer war, kriminelle Machenschaften der Geschäftsleiterin zu erkennen.

Greißl ergänzte hierzu, dass er zu viel Vertrauen gehabt habe.

Ein Bürger fügte an, dass die Geschäftsleiterin viel mehr verdient habe als ein ehrenamtlicher Bürgermeister. Greißl müsse sich auf seine Mitarbeiter verlassen können.

Landrat Maximilian Heimerl zeigte sich positiv überrascht über den Verlauf des Abends. Es wurde zwar kritisch, aber immer sachlich gesprochen, dies sei Demokratie. Natürlich seien die Probleme eklatant, aber der Bürgermeister gehe sehr offen und transparent damit um. Entscheidend seien der richtige Weg nach vorn und eine funktionierende Verwaltung. Er bot die Unterstützung des Landratsamtes auch weiterhin an.

Sowohl Bürgermeister Christoph Greißl als auch der Kirchdorfer Gemeinderat hoffen, dass sie die nächsten zwei Jahre wieder besser zusammenarbeiten werden. Ein Bürger gab ihnen noch ein „rauft euch wieder zusammen“ mit auf den Weg.

TANJA GEIDOBLER