Mit der Gleichstellungs-Beauftragten im Landratsamt: Luise Bauer

Das Landratsamt Rosenheim gibt heute einen Einblick – das Thema Gleichberechtigung betreffend: 58 Prozent der Mitarbeitenden sind Frauen.

In Führungspositionen liegt der Frauen-Anteil je nach Leitungsebene zwischen 45 und 55 Prozent. Das heißt es in einer Pressemitteilung.

Zum Vergleich: Deutschlandweit ist laut des Statistischen Bundesamtes aktuell nur jede dritte Führungsposition von einer Frau besetzt.

Fast sei die Frauenquote im Amt „zu gut“, sagt Luise Bauer, Gleichstellungs-Beauftragte des Landratsamts Rosenheim. Anlässlich des Weltfrauentags am kommenden Freitag, 8. März, spricht sie über aktuelle Fragen der Gleichberechtigung in einem weiblich geprägten Amt sowie ihren eigenen Weg an die Spitze des Personalrats und was der Fußballplatz ihrer Kindheit damit zu tun hat …

Was verbinden Sie mit dem Thema Gleichstellung?

Luise Bauer: Ich freue mich sehr darüber, dass ich diese Aufgabe Ende vergangenen Jahres übernehmen durfte. Ich komme aus einer Generation, in der Gleichstellung kein Thema war. Als Frau hatte man ganz andere Aufgaben und eine ganz andere Stellung. Das hat sich nun über die Jahrzehnte, die ich schon miterleben durfte, zum Glück gut entwickelt. Ich bin in den 60er Jahren geboren. Bis 1958 durften Frauen nicht über ihr eigenes Einkommen, ihr Vermögen bestimmen. Alles hat der Ehemann verwaltet. Das ist erst wenige Jahre vor meiner Geburt abgeschafft worden. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Dabei ist es eigentlich noch nicht lange her. Ich finde es toll, dass ich so eine Entwicklung miterleben durfte und darf.

Mit welchem Weltbild sind Sie aufgewachsen?

Wir waren fünf Kinder: drei Buben, zwei Mädchen. Ich habe immer um Gleichstellung gekämpft, auch in Zeiten, in denen das nicht selbstverständlich war. Meine Mama ist in ihrer Rolle als Frau eigentlich unterdrückt worden. Sie war eine gute Mutter, aber sie konnte sich nie selbst ausleben. Das habe ich schon damals als falsch gefunden. Ich selbst bin auch in diese Rolle gedrängt worden – nur bei der Ausbildung hat mein Vater Liberalität bewiesen. Meine Schwester und ich haben Abitur. Aber ich habe trotzdem gemerkt, dass Mädchen an ihre Grenzen kommen.

Ich bin im ländlichen Bereich aufgewachsen. Ich hätte immer gern mit den Buben Fußball gespielt. Ich bin auch aufs Feld mitgelaufen, habe aber nie den Ball bekommen. Das war mir aber egal. Ich bin dabeigeblieben und habe meine Lösungen für solche Situationen gefunden, in dem ich einfach präsent und dabei war.

Später ging es dann um die Rollenverteilung: Die Frau ist Hausfrau und der Mann verdient das Geld. Das hat mich auch verfolgt, als ich selbst Mutter geworden bin. Ich bin allerdings relativ schnell wieder in den Beruf eingestiegen. Dann gab es viele Fragen, direkt oder hinter vorgehaltener Hand: Warum gehst du in die Arbeit? Verdient dein Mann nicht genug? Du kannst dich doch gar nicht richtig um deine Kinder kümmern? Ich hatte ständig das Gefühl, dass ich die Rolle als Frau und Mutter nicht richtig ausfülle. Auch das Wort Emanze fiel gelegentlich – das hat mich gestört. Heute haben wir eine andere Selbstverständlichkeit und das ist auch gut so.

Ist das der Grund, warum Ihnen das Thema Gleichstellung so am Herzen liegt?

Ja, das ist mit ein Grund, warum ich diese Position für mich als Herausforderung und auch als Angebot sehe, dass ich mich hier einbringen kann. Wobei wir bei uns am Landratsamt heute schon einen Stand an Gleichstellung erreicht haben, der ans Optimum geht.

Gibt es dennoch noch etwas, was Sie verbessern oder bewegen möchten?

Wir haben derzeit eine sehr gute Frauenquote bei uns im Amt, sogar zum Teil zu gut. Es arbeiten mehr Frauen als Männer hier. Was die Teilzeitbeschäftigung angeht, sind die Männer weit hinten dran. Hier eine Gleichstellung zu erreichen und auch bei den Männern die Teilzeitarbeit zu etablieren, ist für mich ein wichtiges Thema.

Meine große Überschrift ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Gesetzgeber macht gute Vorgaben für alle. Wichtig ist aber auch: Nicht jeder MUSS eine Familie gründen. Auch wir machen keine Vorgaben, wie unsere Gesellschaft ausschauen soll. Die Familie kann auch aus einer Partnerschaft oder anderweitig bestehen, es geht nicht zwangsweise um Kinder. Die Familie ist die Zelle unserer Gesellschaft.

Das heißt, Sie setzten sich auch für die Männer ein?

Ja, auf jeden Fall: Das Bayerische Gleichstellungsgesetz von 1996 meint die Gleichstellung von Frauen und Männern. Das ist gleichermaßen wichtig.

Braucht das Landratsamt Rosenheim dann bald eine Männerquote?

Das Thema ist gerade bei den Auszubildenden schon gefallen. Dass wir mehr Frauen haben, mag verschiedene Gründe haben: Zum einen haben die Mädchen oft bessere Noten, aber es liegt sicher auch an der Ausbildung in der Verwaltung an sich. Hier möchte ich mit der Bildungskoordination zusammen gegensteuern. So könnte beispielsweise ein Boys Day im Landratsamt dann auch ein Thema sein.

Sie haben das Thema Teilzeit für Männer angesprochen – gibt es konkrete Ideen, die Männer im Amt zu mehr Teilzeit zu ermutigen?

Es ist uns allen bewusst, dass es schwierig ist. Ich könnte mir vorstellen, dass wir eine gewisse Maximal-Anzahl festlegen und die Teilzeit auch befristet wird. Solche Lebensmodelle sind ja oft befristet. Ausschlaggebend ist leider auch immer, ob die dienstlichen Belange erfüllt werden können. Wenn das nicht so ist, kann Teilzeit auch nicht gewährt werden. Das ist eine Verhandlungssache.

Gibt es überhaupt einen Bereich im Landratsamt, in dem mehr Männer als Frauen arbeiten?

Ja den gibt es, vor allem bei den Kollegen der Müllabfuhr und beim Kreisbauhof. Das sind noch sehr männlich besetzte Berufe. Die Männer stellen aber auch Anträge auf Teilzeit, die derzeit noch abgelehnt werden, weil es die Arbeit eben nicht ermöglicht.

Sie sind als Gleichstellungs-Beauftragte also für Männer und Frauen da – warum darf diese Position nur eine Frau antreten?

Das ist eine sehr gute Frage. Meiner Meinung nach gehört hier auch schon lange eine Reform her. Denn Gleichstellung ist genauso ein Thema für Männer. Ich fände es wichtig, dass der Beauftragte auch ein Mann sein kann.

Was anderes zum Schluss: Wie sieht eine gute, gelungene Woche aus?

Wenn ich aus dem Haus gehe und ich mich von den Kolleginnen und Kollegen verabschiede und sie machen den Eindruck, dass sie zufrieden sind und dass es ihnen gut geht. Dann bleibt man auch mal auf einen Ratsch stehen und redet mal über Belangloses. Da kriege ich die Momentaufnahmen mit: Ja, die Woche war anstrengend, aber es ist gut. Für das Miteinander ist es egal, ob man Mann oder Frau – welche Hautfarbe, wie man angezogen ist, welche Sprache man spricht – jeder ist ein Mensch.