„Bürgerbahn statt Größenwahn“ - Bürgerinitiativen hatten am Wochenende nach Rosenheim eingeladen

„Schneller – Billiger – Nachhaltiger“ – das ist das Motto der Bürgerinitiativen im Rosenheimer Land, mit dem sie sich am deutschlandweiten Aktionstag „Bürgerbahn statt Größenwahn“ der ABBD (Aktionsbündnis Bahn Bürgerinitiativen Deutschland) beteiligt haben. Mit zirka 1.000 Interessierten war die Kundgebung der Rosenheimer Bürgerinitiativen (BI) sehr gut besucht, an der sich auch Politiker aus den Landes-, Bundes- und Europaparlamenten zu Wort meldeten. Vertreter der Initiativen stellten das Alternativkonzept zur Planung der Bahn vor. Musikalisch begleitet wurde die Demonstration von den „Neurosenheimern“. 

Den ersten Aufreger gab es bereits im Vorfeld. Die Versammlungsanzeige ging bei der Stadt rechtzeitig ein. Ein eingeschränkter Genehmigungsbescheid erreichte den Vorstand des Brennerdialogs jedoch erst zwei Tage vor der Kundgebung und zwar erst kurz vor 17 Uhr per Mail, so dass an diesem Tag niemand mehr im Amt zu erreichen war. Die Stadt verweigerte die Genehmigung des vorgesehenen Versammlungsortes „Max-Josefs-Platz“ mit Argumenten („Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“). „Allein die Tatsache, dass die Bürgerinitiativen fast vier Wochen mangels Erteilung eines Genehmigungsbescheides im Unsicheren gelassen wurden, zeugt von Missachtung des Aufwands, der hinter einer solchen Veranstaltung steckt, und widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen. Ein Einspruch gegen den Bescheid war dadurch zeitlich nicht mehr sinnhaft. Über die Hintergründe dieses Verhaltens in der Stadtverwaltung kann nur spekuliert werden, aber offensichtlich trifft das Alternativkonzept der Bürgerinitiativen den politischen Nerv gehörig“, so die Verantwortlichen der Initiativen.

Doch auch in der Heilig-Geist-Straße, in die die Veranstaltung von der Stadt verbannt wurde, gab es regen Zuspruch von zirka 1.000 interessierten Bürgern. Sogar hinter der Rednerbühne, die vom Ordnungsamt als Abgrenzung zum Max-Josefs-Platz vorgesehen war, hatten sich die Leute versammelt, obwohl ihnen dadurch die Sicht zu den Rednern versperrt war.

Eröffnet wurde der Vortragsreigen von Lothar Thaler, Vorsitzender des Brennerdialogs Rosenheimer Land, der das Alternativkonzept der Initiativen vorstellte. Thaler betonte, dass auch aus Sicht der BIs die  „Güter auf die Schiene“ gehören, aber mit Nutzung der vorhandenen Kapazitäten. Die Initiativen seien sind keine Verhinderer, sondern hätten eigene Vorschläge. Wahnsinnsprojekte, wie sie die Bahn plant, seien in der heute aus der Zeit völlig gefallen. Roland Feindor (ehemaliger Dekan der TH Rosenheim) widerlegte neun Behauptungen der Bahn zum Alternativkonzept.

Dann kamen die Politiker zu Wort. Maria Noichl (SPD), Artes Gürpinar (Die Linke) und Sepp Lausch (Freie Wähler) positionierten sich klar für die Ertüchtigung der Bestandsstrecke, ebenso wie Rainer Auer vom Bund Naturschutz Rosenheim. Sebastian Friesinger (CSU) sieht Bahnplanungen als gegeben und unterstützt eine komplette Untertunnelung.

Den Blick hinüber nach Tirol gewährte der Langkampfener Hans Walk. Er berichtete, dass das Prozedere des sogenannten Brenner-Nordzulaufs in Tirol nicht so reibungslos abging wie immer wieder berichtet wird, und mit welch katastrophalen Veränderungen und Problemen die Tiroler Bevölkerung bis heute zu kämpfen habe (insbesondere auch zum Thema Ausgleichsflächen). Die erschütternden Reaktionen beim Publikum waren nicht zu überhören.

Die Infostände der Initiativen wurden von der Bevölkerung regelrecht belagert. Viele Informationen sind offensichtlich trotz regelmäßiger Berichterstattung in den Medien bis zu vielen Bürgern noch nicht durchgedrungen. Die Auswirkungen eines solchen Megaprojekts auf das Erholungsgebiet Rosenheimer Land, für die Bewohner und für den Tourismus sind verheerend, das zeigen die Beispiele bei vielen Bahnprojekten in Deutschland und den benachbarten Ländern (hierzu gab der ABBD-Vorstand Christoph Ohliger einen aktuellen Bericht). Dass der umfangreiche Schnellbahntrassen-Neubau der Bahn in Deutschland aufgrund der vorherrschenden Infrastruktur wenig Sinn macht, dazu hat sich der ehemalige Schweizer Bahnchef, Benedikt Weibel, in einem Interview im Januar 2024 klar geäußert. Nachdem es sich bei der geplanten Trasse des Brenner-Nordzulaufs um ein Neubauprojekt handelt, finanziert den Eigenanteil der Bund und nicht die Bahn. Diese Steuergelder könnten in der jetzigen Haushaltssituation wahrlich sinnvoller investiert werden, wie das Alternativkonzept der Bürgerinitiativen aufzeigt.

Die „Neurosenheimer“ forderten mit ihrer Eigenkomposition „Braucht’s des oder braucht’s des ned?“ die Besucher zum Mitmachen auf, mit dem Ergebnis des schallenden Rufes „Naa, des braucht’s ned.“

 

Fotos: Georg Barth