Mordprozess Hanna W.: Am 29. Verhandlungstag ging es gestern in Traunstein um Beweisanträge der Verteidigung

Im Mordprozess Hanna W.  war gestern am Landgericht in Traunstein der 29. Verhandlungstag. Die Vorgehensweisen zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft einerseits und der Verteidigung andererseits könnten aktuell nicht unterschiedlicher sein. Während die Verteidigung unbedingt die Glaubwürdigkeit jedes Zeugen, der sich belastend über den Angeklagten Sebastian T. vor Gericht geäußert hat, erschüttern will und deshalb das Gericht mit zahlreichen Beweisanträgen konfrontiert, ist dem Gericht und auch der Staatsanwaltschaft daran gelegen, mit diesem Prozess zu einem Ende zu kommen.

Und so verkündete gestern die Vorsitzende Richterin, Jacqueline Aßbichler auch, dass aus der Sicht des Gerichts die Beweisaufnahme abgeschlossen werden könne. Dem widersprach Regina Rick vehement: Man werde noch Beweisanträge stellen. Dabei hatte die Verteidigung offenbar bereits ein wenig den Überblick über ihre Beweisanträge verloren. Gleich zu Beginn des 29. Verhandlungstages fragte Richterin Aßbichler Regina Rick nach dem Beweisantrag Nummer 9. Den könne man bei Gericht nicht finden. Rick musste zugeben, dass man sich verzählt habe, den Antrag Nummer 9 gebe es gar nicht. Und deshalb müsse nun das Gericht über die Anträge 10 und 11 befinden.

Staatsanwalt Wolfgang Fiedler trug die Position der Staatsanwaltschaft zu den Beweisanträgen vor, in denen es um die Glaubwürdigkeit des Zeugen geht, der als Mitgefangener des Angeklagten vor Gericht ausgesagt hatte (wir berichteten), dass Sebastian T. ihm gegenüber zugegeben habe, Hanna W. getötet zu haben. Das Bestreben der Verteidigung ist es natürlich, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern. Nahrung erhält diese Einschätzung durch die Tatsache, dass der Zeuge bereits in einer anderen Angelegenheit erwiesenermaßen die Unwahrheit gesagt hatte. Und so ging es um die Frage: Ist jemand der einmal gelogen hat, immer und immer wieder unglaubwürdig? Oder muss man immer wieder einzeln nachweisen, dass jemand lügt? Staatsanwalt Wolfgang Fiedler sagte dazu: „Die Behauptung der Verteidigung, der zeuge lüge, ist eine Behauptung ins Blaue hinein.“

Nach einer kurzen Beratung des Gerichts schloss sich auch dieses der Staatsanwaltschaft an: „Nein“, sagte Richterin Aßbichler, als sie den Beschluss des Gerichts verkündete, eine einmalige Lüge heiße nicht, dass die betreffende Person immer, wenn sie etwas einlasse, zwingend die Unwahrheit sage. „Es gibt keinen Erfahrungssatz, der belegt, dass, wer einmal lüge, immer lüge.“

Auch die Frage, ob die Geodaten eines Mobiltelefons eine Beweiskraft darstellen könnten, wurde vom Gericht verneint. Die Geodaten seien „ohne Bedeutung“, wie Richterin Aßbichler anmerkte. Mit Hilfe der Geodaten eines Mobiltelefons könne man eben nur beweisen, wo sich das Mobiltelfon aufgehalten habe, aber nicht dessen Eigentümer.

Das Gericht informierte die Anwesenden im Gerichtssaal noch davon, dass es am 31. Januar in den frühen Morgenstunden eine Hausdurchsuchung im Elternhaus von Sebastian T. gegeben habe. Einzelheiten teilt Richterin Aßbichler aber nicht mit. Auch die Staatsanwaltschaft betonte, keine näheren Informationen zu besitzen.

Und so lehnte das Gericht die Beweisanträge der Verteidigung ab, weil es für die Position der Verteidigung „keine stichhaltigen Beweise“ gebe, wie Richterin Aßbichler ausführte.

Verteidigerin Rick stellte daraufhin nochmals den Antrag, eine Fristverlängerung für Beweisanträge einzuräumen. Auch dies lehnte das Gericht ab. Bis zum 8. Februar dürften noch Beweisanträge gestellt werden und danach nicht mehr. Sonst „werden wir hier nie fertig“ erteilte Richterin Aßbichler der Verteidigung eine klare Absage.

Bereits  nach 40 Minuten Verhandlung wurde die Sitzung geschlossen. Sie wird am  8. Februar fortgesetzt.

RP