Das letzte Bier ist getrunken - Das Abschieds-Schnitzel gegessen

Das Gasthaus Rieden im Gemeindegebiet von Soyen ist Geschichte. Die langjährigen Wirtsleute, Traudl und Bert Häuslmann, hören auf. Am Wochenende ging das letzte Essen über die Theke. Nun ist die Wirtsstube bald verwaist, der Biergarten kein Treffpunkt für Radler und Einheimische mehr.

Nicht die Corona-Pandemie und auch nicht der Fachkräfte-Mangel sind Auslöser für diese Entscheidung gewesen, sondern das ganz normale Leben: Das Rentenalter haben Traudl und Bert Häuslmann schon längst erreicht, die Gesundheitlichen Beschwerden nehmen zu. „Ich bin so gerne für unsere Gäste da gewesen und habe viele Leute kennengelernt, die bei uns regelmäßig zum Essen oder sogar zum Familienfeste feiern reserviert hatten“, erzählt Traudl. Es sei eine ganz großartige Zeit gewesen.

Ihre Leidenschaft für die Gastronomie kam schon früh: Als das Badria in Wasserburg gebaut wurde, war sie in der Kantine für die Arbeiter dort tätig. Später kamen Erfahrungen im Service und wieder in der Küche hinzu. Die Kombination aus Küchendienst und Service in ihrem Gasthaus Rieden machte besonders viel Freude. „Große Unternehmen haben hier Firmenessen veranstaltet, kleine Familienfeiern oder der Radfahrer, der sich als Zwischenstopp in den Biergarten setzt gab es genauso. Wir haben uns über jeden einzelnen Gast sehr gefreut„, heißt es von der Wirtin. Jetzt steht sie in ihrer Gaststube und räumt das Geschirr: Teller und Besteck, Küchenutensilien und Deko. Vieles hat sich über die Jahrzehnte angesammelt. Zu jeder einzelnen Schüssel gibt es eine Erinnerung. „Hiermit kam das Rehragout auf den Tisch“, lächelt die gelernte Metzgerei-Fachverkäuferin.

In schöne Gläser füllte sie stets die beliebten Nachspeisen. Mit leuchtenden Augen erzählt die Vollblut-Gastronomin, dass die Desserts darin besonders hübsch anzurichten waren. Sofort ist zu merken: Sie und ihr Mann haben gerne die Gäste bewirtet. Sogar Hochzeiten wurden hier gefeiert, ebenso haben sich viele Vereine das Gasthaus Rieden als Vereinsstüberl auserkoren.

Der Schweinsbraten war legendär

Vom Jazzfrühschoppen bis zum griabigen Brotzeit-Abend im Zuge eines Radlausflugs. Im Biergarten in Rieden fühlten sich viele aus der Region besonders wohl. Da wurde geratscht und geprostet. Die Schattenplatzerl waren ebenso beliebt wie der Spielplatz für die Besucher-Kinder. Wieviel Essen in den letzten 42 Jahren über den Tisch gingen? Das weiß sie nicht mehr. Aber an einem starken Sonntag gingen durchaus ein paar Hundert Essen raus. Die Gesamtzahl würde sich also gut summieren, blickt die beliebte Gastronomin zufrieden zurück.

Sogar zur Corona-Pandemie wurde ihr Essen gerne mit nach Hause genommen. Die Umsetzung beeindruckte sogar den Lebensmittel-Kontrolleur, der sogar selbst mal Mittagessen für Zuhause abgeholt hat. „Wir haben uns gegen die Einweg-Schalen entschieden und jeder hat von daheim sein Geschirr mitgebracht, um so das Gericht nach Hause zu transportieren“, erinnert sich die Wirtin noch gut. Man habe sich Berge an Müll gespart, es sei nachhaltig und gut durchführbar gewesen, so Traudl gegenüber der Wasserburger Stimme.

Dass der Schweinebraten und die Gastlichkeit weit über die eigenen Orts- und Landkreis-Grenzen hinaus bekannt waren, zeigen regelmäßige Besuche von Gästen aus München und dem weiteren Umland.

„Viele unserer Stammgäste konnten es jetzt gar nicht glauben, dass wir aufhören“. Für sie selbst und ihren Mann sei nun aber der richtige Zeitpunkt gekommen.

Ihr Geschirr hat sie zum größten Teil schon weitergegeben, das Gasthaus Rieden ist bald leergeräumt.

Dann beginnt eine ruhigere Zeit. Ihr Mann soll sich stärker um seine Genesung kümmern können. Sie wird ihre Hobbys und das Familienleben genießen und erstmal Ruhe einkehren lassen. Im Jahr 2018 feierten die beiden Goldene Hochzeit. Das Gasthaus prägte ihre gemeinsame Zeit.

Im Biergarten wächst derweil das Gras, der Schattenplatz wirkt verwunschen. Im Idyll wird es ruhig bleiben. Kein Prost, kein Ruf nach der Bedienung in Form von „noch ein Bier und einen Wurstsalat bitte“. Ein alteingesessenes Gasthaus hat die Pforten geschlossen und der Ofen bruzzelte am Wochenende zum letzten Mal.