Wasserburger Realschüler spielen Theaterstück „Icebreaker“ – eine Geschichte über Depressionen im Jugendalter
Ein Theater der ganz besonderen Art fand gestern Vormittag auf der Bühne des Förderzentrums Wasserburg statt. Schüler der achten und neunten Jahrgangsstufe der Anton-Heilingbrunner-Realschule bereiteten ein Stück zum Thema „Depression im Jugendalter“, nach nur vier Tagen Probezeit, spielerisch auf.
In Zusammenarbeit mit dem Choreographen Sebastian Eilers aus Nürnberg und der zuständigen für die Jugendarbeit an der Schule, Sozialpädagogin Veronika Schuster, erarbeiteten die Schüler das Theaterstück unter der Schirmherrschaft der Bayerischen Kultusministerin Anna Stolz und der Bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach. Initiatorin ist die AOK Bayern.
Judith Häusl, Direktionsleiterin der AOK Rosenheim erklärte, dass eine Prävention zum Thema Depresssion, gerade im Jugendalter, sehr zielführend sei. „Gesunde Teenager bedeuten eine gesunde Zukunft.“
Die Protagonisten des Theaterstücks, die Schüler Anna und Robert, zeigten in verschiedenen Situationen bestimmte Verhaltensweisen. Das Publikum, die neunten Klassen der Realschule, war nach jeder Szene aufgerufen, zu „diagnostizieren“, welcher der beiden Schüler an einer Depression leiden könnte und wer „nur schlecht drauf“ ist. Hilfreich war dabei eine Liste, anhand derer verschiedene Punkte aufgeführt waren, die für eine Depression sprechen können, beispielsweise Schuldgefühle, Zukunftsangst oder Appetitverlust.
Das Bühnenbild, ein überdimensioniertes Puppenhaus, zeigte Anna und Robert zunächst nachts, als beide nicht schlafen konnten. Morgens kamen beide, trotz mehrmaliger Aufforderungen durch ihre Mütter und Geschwister, nicht aus dem Bett. Hier war es für das Publikum noch schwierig, zu entscheiden, ob es sich um eine Depression oder noch „normales“ Verhalten handelt.
Auch nach der Schule standen Konflikte bei Anna und Robert an. Beide wollten in Ruhe gelassen werden und sich nicht mit Freunden treffen – eine ebenfalls schwere Abgrenzung zwischen Depression und „einfach schlecht drauf sein“.
Eine erste Differenzierung wurde bei der Szene zum 16. Geburtstag erkennbar. Sowohl Anna als auch Robert hatten keine Lust, ihren Geburtstag zu feiern. Während sich Anna aber dann doch zum Feiern überreden lässt und es „voll cool“ findet, dass DJ Rüdiger spielt, kann Robert nicht dazu bewegt werden, mit seiner Freundin ins Kino zu gehen. Er bleibt allein zu Hause.
Beim Thema Schulstress wird Anna geschimpft, weil sie die Schule schwänzt und die Unterschrift ihrer Mutter gefälscht hat. Robert dagegen schreibt nur noch schlechte Noten. Während sich Anna für ihr Fehlverhalten entschuldigt, geht die Mutter von Robert mit ihm shoppen – was seine Schwester sehr eifersüchtig macht.
In den Tagebucheinträgen der beiden Teenager, vorgetragen von deren Geschwistern, wird deutlich, dass Robert unter einer Depression leidet. Er schreibt davon, keinen Sinn mehr im Leben zu sehen und stellt die Frage, ob ihn jemand vermissen werde, wenn er nicht mehr da sei. Anna dagegen beschreibt ihren Geburtstag und gesteht sogar ihr Fehlverhalten wegen der gefälschten Unterschrift ein.
Letztendlich wird Robert in der Psychiatrie behandelt, hier soll er lernen, über seine Gefühle zu sprechen. Schuldzuweisungen bekommt seine Schwester von Freunden – „du bist schuld, weil du Robert nur geärgert hast“. In einem Gespräch mit der behandelnden Psychologin zeigt sie sich besorgt darum, ob ihr Bruder wieder gesund wird.
Robert lernt in den Gesprächen mit der Psychologin, dass sein Leben wieder Struktur bekommen muss. Eine gebrochene Seele sei vergleichbar mit einem gebrochenen Bein oder einer Krankheit – man könne sie heilen. Robert berichtet, dass er wieder Appetit habe und als ihn seine Freundin in der Psychiatrie besucht und ihm sagt, wie sehr sie ihn vermisst, kann er auch wieder Gefühle zeigen.
Das Stück zeigte eindringlich, dass sich psychische Erkrankungen oft schleichend und zunächst unbemerkt entwickeln. Die Schüler lernten Verdachtsmomente einer beginnenden oder vorhandenen Depression zu erkennen und diese anzusprechen. Vor allem aber wurde deutlich, dass die Depression eine heilbare Krankheit ist.
Durch theaterpädagogisches Erleben fanden die Zuschauer einen neuen Zugang zu der Erkrankung Depression und der Problematik der in der Familie Beteiligten, besonders die der Geschwisterkinder. Die interaktive und dadurch sehr intensive und persönliche Auseinandersetzung nahm der Krankheit das Fremde und schaffte Verständnis für Erkrankte und ihr direktes Umfeld.
Sebastian Eilers dankte den Schülern für deren großes Engagement. Jedem solle bewusst sein, dass man eine Depression nicht für sich durchstehen müsse – „ihr seid nicht allein“. Auch Schulleiter Karsten Kundt dankte allen Beteiligten für das gelungene Projekt zu diesem so wichtigen Thema. „Alle Lehrer an der Schule haben jederzeit ein offenes Ohr, wenn jemand Probleme hat.“
TANJA GEIDOBLER
Die Schauspieler von links Maya, Marie, Leah, Ben, Lilly, Nina, Anna B., Anna M. und Ida.
Ein Thema, das leider zu wenig Aufmerksamkeit erfährt. Daher klasse, dass die Jugendlichen die Möglichkeit hatten, sich über dieses tolle Projekt an das Thema zu wagen. Großes Kompliment an alle Schauspieler:innen