Konzert des Jewish Chamber Orchestra Munich im Gymnasium Gars – Schicksal des jüdischen Komponisten Jósef Koffler eindringlich inszeniert

Die erste große Vorstellung im neuen Veranstaltungssaal des Garser Gymnasiums war eine ganz besondere. Das Jewish Chamber  Orchestra Munich unter der Leitung von Daniel Grossmann spielte für die zehnten und elften Klassen „Kofflers Schicksal: Goldberg-Variationen“.

Schulleiter Julian Zwirglmaier (Bild oben) freute sich auch über den Besuch der elften Klasse des Nachbargymnasiums Waldkraiburg mit dessen Rektor Thomas Fraundorfer. Einen großen Dank richtete er an die Gründungsdirektorin des Orchesters, Dr. Julia Grossmann, ohne deren großes Engagement die Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Kofflers Schicksal sei Teil des Projekts „Erinnerung als Arbeit an der Gegenwart“ der Münchner Kammerspiele. Es wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Förderprogramms „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ unterstützt und tourt 2024 durch Deutschland. Aufführungen für Schüler und Studierende sind wichtiger Bestandteil des Projekts. „Dass so ein hochkarätiges Orchester hier in Gars spielt, ist eine große Ehre, so Zwirglmaier.

Jüdisch – Heute – Für alle

Das Schicksal des polnischen Komponisten Jósef Koffler steht exemplarisch für viele jüdische Künstlerinnen und Künstler seiner Generation. Kofflers vielversprechende Karriere wurde durch den aufkommenden Nationalsozialismus jäh unterbrochen, sein Name und sein bedeutendes musikalisches Werk sind heute komplett vergessen.

Die deutsch-jüdische Dramatikerin Stella Leder hat für dieses Projekt einen Text geschrieben, der das Leben Kofflers und seine wichtigsten Werke zu zeitgemäßer Erinnerungsarbeit verwebt, dabei erklingen Kofflers Hauptwerk, das Trio op. 10 (bearbeitet für das Kammerorchester) sowie seine Kammerorchester-Fassung von Bachs berühmten Goldberg-Variationen. In Verbindung von Geschichte und Musik entsteht ein Portrait, das gleichzeitig persönlich ist und beispielhaft für das Schicksal vieler steht.

Das Projekt „Kofflers Schicksal“ beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Themen, die uns alle angehen: dem persönlichen und gesellschaftlichen Umgang mit Erinnern und Vergessen. In Text und Musik wird die deutsche Erinnerungskultur hinterfragt und das Konzert wirkt über den Konzertsaal hinaus.

Zwischen den einzelnen Musikstücken sprach Jelena Kuljić aufwühlende, zum Teil eindringliche Textfragmente. Worte, die teilweise immer wieder wiederholt wurden und sich, gerade beim noch jungen Publikum, sehr einprägten. „Eigentlich muss man nicht sprechen, nur hinsehen. Alles ist da; man muss nur leise sein und den Blicken der Leute zuhören“. Auch verstand Kuljić es perfekt, einen Bogen in die heutige Zeit zu spannen. Mit einem „Was können wir dafür“ sei es nicht getan, man müsse hinsehen.

Zum Ende des Konzerts gab es viel Applaus für das Orchester, den Dirigenten Daniel Grossmann und Jelena Kuljić, aber auch viele nachdenkliche Gesichter. Das Konzert und vor allem die eindringlichen Worte wirkten noch nach.

TANJA GEIDOBLER