JU Wasserburger Land nimmt Stellung zum Bürgerbegehren der Linken Liste
Auf dem Gelände der alten Essigfabrik in Wasserburg soll neuer Wohnraum entstehen. Ziel ist ein Wohnkomplex mit etwa 80 neuen Mietwohnungen. Damit könnte die Wohnungssituation in der Stadt deutlich verbessert werden. Die Linke Liste Wasserburg richtet sich derzeit mit einem Bürgerbegehren gegen das Projekt und fordert, dass das Gelände im Eigentum der Stadt Wasserburg bleibt (wir berichteten). In einem Schreiben stellt der Vorsitzende der Jungen Union Wasserburger Land, Jonas Simon, die Gründe für einen Wohnungsbau durch einen Investor dar.
Der Stadt Wasserburg fehle es laut Simon bereits an den Mitteln und der Möglichkeit, selbst eine Wohnbebauung des Gebiets der alten Essigfabrik vorzunehmen. Die Kosten für den Bau werden auf 30 Millionen Euro geschätzt. Die kommunalen Pflichtaufgaben der Stadt belaufen sich allerdings schon auf mehr als 50 Millionen Euro. Ein Bauprojekt in dieser Höhe sei somit für die Stadt nicht realisierbar, zumal auch die personalen Kapazitäten fehlen. Zudem sei etwa die Hälfte des besagten Gebiets nicht im Eigentum der Stadt, sondern gehören der Heiliggeist- Spitalstiftung, von deren Zweck ein allgemeiner Wohnungsbau nicht umfasst ist. Aus diesem Grund haben bereits Bürgermeister Kölbl (wir berichteten) und mehrere Stadträte Stellung gegen das Bürgerbegehren bezogen.
„Die Linke Liste zeugt mit ihrem Vorstoß wieder einmal von ihrem falschen Wirtschaftsverständnis. Ihre etatistische Vorstellung beruht auf einem Staat, der waltet und gestaltet. Aus ihrer Sicht entsteht bezahlbarer Wohnraum erst durch staatliche Bauprojekte und Mietendeckel, die einen angeblich zu hohen Preis verhindern sollen. Dabei verkennen sie das grundlegende Prinzip von Angebot und Nachfrage: Wohnraum ist vielerorts nicht etwa deswegen so teuer, weil die Preise künstlich angehoben würden, sondern schlicht, weil ein zu geringes Angebot die hohe Nachfrage nicht abdecken kann. Damit wird der Wohnraum an den meist Bietenden vermietet, woraus die hohen Preise folgen“, erklärt Jonas Simon.
Dem könne und müsse mit einem höheren Angebot an Wohnraum entgegengewirkt werden, was durch das geplante Bauprojekt möglich würde. Der Vorschlag des Bürgerbegehrens verhindere aber genau das. Es soll die Bebauung durch einen privaten Familieninvestor verhindern und diese Aufgabe stattdessen der Stadt aufbürden, die keine ausreichenden Mittel zur Verfügung hat. Damit werde die Schaffung eines neuen Wohngebiets verhindert und damit auch das Ziel des bezahlbaren Wohnraums verworfen.
Die Vorstellung der Linken Liste stelle sich somit als rein etatistisch ideologisch heraus. Eine Bebauung durch die Stadt sei ohne enorme Erhöhungen der kommunalen Steuern und Schulden nicht möglich. Dabei könnte sich die Lösung so einfach gestalten: Durch den Verkauf des Gebiets an einen privaten Familienunternehmer entstünde der Stadt ein größerer finanzieller Spielraum. Damit hätte sie die Möglichkeit einen Teil des entstehenden Wohnkomplexes zu kaufen und sozial zu fördern. Insgesamt steht eine soziale Förderung von knapp der Hälfte der Wohnungen in Aussicht. Außerdem könnte die Stadt somit ihren Pflichtaufgaben in der öffentlichen Infrastruktur verbessert nachgehen. „Um bezahlbaren Wohnraum zu realisieren, muss sich die Stadt also keinem unrealistischen eigenen Bauvorhaben widmen. Stattdessen kann das Problem bereits auf der Angebotsseite durch private Investoren und eine zurückhaltende Beteiligung der Stadt gelöst werden“, so Jonas Simon.
Ich halte das Bürgerbegehren der LLW auch für falsch. Nur mit der Begründung von fehelendem Angebot und Nachfrage zeigt die JU, dass sie auch nicht wirklich drin ist in der Materie.
Wenn (rund) 75 Wohnungen (2-4-Zimmer) voraussichtlich 30 Mio. Euro kosten, dann kommt man im Schnitt je Wohnung auf 400.000,- Euro. Wenn diese sich rein durch die Mieten refinanzieren sollen, dann muss das in einem Zeitraum von allerspätestens 30 Jahren passiert sein, danach muss man schon wieder Rücklagen für eine Grundsanierung ansparen. Unter rund 1.100 Euro Kaltmiete für eine (im Schnitt) 3-Zimmer-Wohnung wird das also ohnehin nicht gehen, wenn die Bausumme kreditfinanziert wird, eher mehr.
Das Problem ist also, dass ein für alle Bevölkerungsschichten bezahlbarer Wohnraum als Neubau nicht ohne staatliche Zuschüsse möglich ist, während bezahlbarer Bestandswohnraum nicht in ausreichendem Maß verfügbar ist.
Das aktuelle Problem ist also, dass sich der Staat bei der Finanzierung von gefördertem Wohnungsbau total rausnimmt, weshalb z.B. auch viele gemeinnützige oder kommunale Wohnbaugesellschaften ihre Aktivitäten auf nahezu Null runterfahren.
Mit Angebot und Nachfrage zu argumentieren, führt am Problem vorbei, denn das hieße die Wohnungsproblematik dem freien Markt zu überlassen – und gerade beim Wohnungsbau sieht man, dass der Markt im Grunde gar nichts geregelt bekommt.
Die Linke Ideologie zum Thema Wohnungsbau.
Lassen wir mal die Fakten sprechen, ca. 80% der Wohnungen befinden sich in privater Hand ca. 6% der Wohnungen sind in der Hand von Kommunen und der Rest teilt sich auf private Unternehmen und Wohnungsgenossenschaften auf. Das also z.B. Vonovia u. ähnlich die Wurzel des Bösen sind ist einfach Schwachsinn. Das Problem ist, wie im Artikel richtig dargestellt, ein Thema von Angebot und Nachfrage. Schaffe ich mehr Wohnraum ist das Angebot größer und der Mietpreis reguliert sich von selbst.
Im übrigen haben sich die Linken ja extrem gefeiert dafür, dass für eine dreiviertel Milliarde Wohnungen von Vonovia in staatliche Hand „zurückgekauft“ wurden. Nur für den Zwecke, dass die Mieter jetzt einen anderen Vermieter haben… man stelle sich mal vor wie viele Wohnungen man dafür bauen hätte können…
„Durch den Verkauf des Gebiets an einen privaten Familienunternehmer entstünde der Stadt ein größerer finanzieller Spielraum“ stellt sich die Frage, wer dieses Unternehmen ist und warum nicht an den Meistbietenden verkauft werden soll.
Vielleicht ist es gerade beim Bau erschwinglichen Wohnraums nicht erste Wahl, an einen „Meistbietenden“ zu verkaufen. Je höher der Kaufpreis, desto höher die Mieten…….
Kommunen haben in den letzten Jahren schon zu oft Grundstücke an Meistbietende verkauft (um den Gemeindesäckel zu sanieren) und haben dann die hohen Mieten in die Gemeinden bekommen.
Es wurde darüber berichtet dass hier ca. 80 Wohnungen auf dem Gelände der ehemaligen Essigfabrik entstehen sollten.
Nur wenn ich daran denke auf dem Grundstück “ da hinten “ so zu bauen.
80 Wohnungen würde auch bedeuten das hier vermutlich 120 – 200 Personen wohnen würden. Nur mal geschätzt.
Da stell ich mir schon die Frage ob das an der Stelle eine so Gute Idee ist so zu bauen. Die Infrastruktur in der Altstadt ist ja auch nicht so toll, wo sind die Supermärkte und Discounter?
Keine Frage der Wohnraum in Wasserburg ist knapp, aber eine solche Bebauung an der Stelle schafft das nicht auch Probleme.
Nur mal am Rande der Probleme mit der Finanzierung.
Warum investiert die bayerische Staatsregierung hohe Summen in den Aufbau der Bayernheim, die irgendwann 10000 bezahlbare Wohnungen in staatlicher Hand bauen soll? Offensichtlich klappt das mit dem ‚marktwirtschaftlichen‘ Spiel von Angebot und Nachfrage bei Wohnungen doch nicht, zumindest nicht zur Zufriedenheit der CSU.
Längerfristigen Leerstand von Wohnungen sollte es nach der Argumentation der JU eigentlich gar keinen geben. In Wasserburg ist das anders. Allein in der Altstadt stehen derzeit ca. 10 Gebäude, z.T. seit vielen Jahren leer, darunter eines der Stadt selbst. Das ist u.a. auch rechtswidrig.
Am Holzhofweg sind die Voraussetzungen für den Bau kommunaler Wohnungen grundsätzlich sehr gut. Das Grundstück gehört teils bereits der Stadt, und für den Teil der Heiliggeistspital-Stiftung ließe sich bei gutem Willen wohl ein Tauschgrundstück finden. Auch die Finanzierung sollte machbar sein, welche andere Kleinstadt hat mit der Sparkasse Wasserburg schon eine eigene Bank?
Es wird hier so getan, als würde ein ‚privater Familieninvestor‘ aus reinem Gemeinsinn handeln. Dabei ist klar: Auch dieser Investor will vor allem Rendite sehen – völlig legitim, aber eben kein Garant für günstigen Wohnraum. Die Rechnung in den Kommentaren zeigt ja deutlich: Schon ohne Gewinnmarge wären bei den Baukosten keine wirklichen Sozialmieten möglich. Und wenn dann noch Kapitalverzinsung dazukommt, wird’s richtig teuer.
Was mir fehlt, ist ein kritischer Blick auf beide Seiten. Die Linke Liste wird öffentlich zerrissen – aber wer stellt eigentlich die Fragen an den Investor? Wer prüft, ob das Modell langfristig wirklich zu mehr sozialem Wohnraum führt? Es reicht nicht, sich hinter dem Marktprinzip zu verstecken. Gerade beim Wohnen hat der Markt seine sozialen Versprechen längst nicht eingelöst.
Die Stadt hält ja unter Verschluss wer dieser Investor ist.
Sehr einseitig dargestellt, es wird nur der Meinung der JU eine Bühne gegeben, und realistische Bedenken von Bürgern als ideologisch verblendet dargestellt…
Schade
@SF nur vermietet ein privater Anbieter eben auch zum Höchstpreis und nicht zu einer sozialverträglichen Miete. Oder wie erklären sie mir bitte die immer weiter steigenden Mieten in unseren Städten?
Lustig ist auch, dass solche Äußerungen von der JU und dem Dunstkreis der CSU kommen, die ja auch in den letzten Jahrzehnten damit geglänzt hat große Reden zum sozialen Wohnungsbau zu schwingen, aber dann gleichzeitig die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften zu verscherbeln.
Ja, Wasserburg braucht Wohnungen, aber auch das kulturelle Leben darf nicht außer acht gelassen werden. Vielleicht sollte die Stadt auch selbst bauen und damit sozialverträglich, Wohnungen und einen erschwinglichen Lebensraum für alle zu schaffen.
Da der Stadt das Geld zu fehlen scheint, um hier sozialen Wohnungsbau betreiben zu können, wird es wohl auf die Investorlösung herauslaufen. Was mich persönlich interessieren würde, ist die Frage, wie die bereits jetzt im Holzhofweg lebenden Menschen zu diesem Projekt stehen? Denn das würde ja eine nicht unerhebliche Veränderung der Lebenssituation insgesamt bedeuten. Nicht zuletzt durch eine zu erwartende deutliche Steigerung des Verkehrsaufkommens in dieser doch recht schmalen Straße. Nur mal interessehalber angefragt.
Wie bei jedem anderen Projekt zur Nachverdichtung auch, sei es im Burgerfeld, der nördlichen oder südlichen Burgau oder in Reitmehring lässt sich die Haltung der Anwohner am treffendsten mit „not in my backyard“ zusammenfassen.
Bezahlbarer Wohnraum wird zwar allgemein als ganz dringende Aufgabe gesehen, aber halt bitte so, dass man persönlich nicht davon tangiert wird.
Kann die Stadt nicht den Grund behalten und der Investor baut?
Das gibt’s doch auch schon.
Unerträglich, was die Junge Union da von sich gibt.
Da zeigt jemand ein bedenklich naives Verständnis von Wirtschaft, denn wer ernsthaft glaubt, der Wohnungsmarkt regle sich durch private Investoren und „Angebot und Nachfrage“ sozial, hat die letzten Jahrzehnte verschlafen.
Vielleicht kann sich die Stadt das Bauprojekt jetzt nicht leisten, aber dauerhaft Einfluss und Eigentum abzugeben ist am Ende teurer! Sie wäre nicht die erste Stadt, die sich durch Privatisierung selbst entmachtet.
Und die Aussage „Angebot regelt den Preis“? Das funktioniert nicht, wenn das Angebot nur für Besserverdiener geschaffen wird. Private Investoren bauen dort, wo es Rendite gibt und ganz sicher nicht dort, wo bezahlbarer Wohnraum fehlt.
Wer die öffentliche Einflussnahme als „ideologisch“ beschimpft, hat offenbar ein Problem damit, dass Politik auch Gestaltung heißt und nicht nur Verwaltung, verehrter Herr Simon.
Es sollen also privatwirtschaftlich ca. 80 Wohnungen für 30 Millionen Euro gebaut werden. Wie ein Stadtratsmitglied der SPD zuletzt lautstark ohne Vorankündigung in einem Cafe meinte sollen von diesen ungefähr die Hälfte, also 40 Wohnungen zurückgekauft werden.
Nun stellt sich aber mir die Frage: Wie viel soll das kosten? Sagen wir eine Wohnung kostet im Schnitt 500000€ ergäbe das für 40 Wohnungen Kosten von 20 Millionen Euro. Woher soll die Stadt denn plötzlich diese Summe an Geld haben?
Wäre es dann nicht sinnvoller für diese 20 Millionen direkt das Gelände selbst zu bebauen, sodass der Grund und der Wohnraum in städtischer Hand bleibt und somit vor im privaten Sektor üblichen Spekulationen auf Dauer geschützt sind?
Nach den Kosten für 80 Wohnungen von 30 Millionen, sollte man für 20 Millionen ca. 53 statt 40 bezahlbare Wohnungen schaffen können.
Als jemand, der dem Bereich Architektur vertraut ist, weiß ich, würde man die Art der Bebauung Anpassen könnte man auch deutlich mehr als 53 erschwingliche Wohnungen schaffen. So ist wie geplant das bauen von einer mehrzahl einzelner und rundlicher Baukörper deutlich aufwendiger in der Konstruktion und somit auch teurer bei den Kosten. Würde man also rechteckig, zentralisierter(was auch platzsparrender ist) und somit um ein vielfaches ökonomischer planen, ließen sich für ca. 20 Millionen auch die angedachten 80 Wohnungen errichten. Sodass, dann alle in städtischer Hand blieben und somit erschwinglich wären.
Von den jetzigen Planungen profitiert weder die Stadt, noch Familien oder Personen welche erschwingliche Wohnungen suchen noch der Mietmarkt generell, da eine deutlich höhere Summe an Wohnungen in der ganzen Stadt benötigt wäre, um damit argumentieren zu können, dass ein ausreichendes Angebot für stabile Mieten sorgen würden.
Am Ende profitiert hier nur einer, nämlich der private Investor, welcher hier für sich höchst lukrativ bauen wird. Die Stadt vergibt hiermit also Millionen an eine private Hand, anstatt auf andere Weise dafür zu sorgen, das unsere Stadtbewohner ganzheitlich einen Mehrwert erhalten.
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