Wie das Ehrenamt im Kreisfischereiverein der Natur hilft - Am Beispiel des gefährdeten Huchens
„Hoffentlich steigt das Wasser nicht zu stark an“, sagt Alexander Weber, „sonst versandet alles oder wird ganz weggeschwemmt“. Er schaut besorgt auf die grauen Plastikboxen, die – befestigt an Schwimmkörpern – auf der Wasseroberfläche des Umgehungsgerinnes am Wasserburger Kraftwerk treiben. Seine Sorge gilt weniger den Boxen selbst, als ihrem so sensiblen wie wertvollen Inhalt: Zehntausend Eiern des stark gefährdeten Huchens, in diesem Jahr „Fisch des Jahres in Bayern“.
Wie so viele der Flussfische könne sich der Huchen im Inn kaum mehr selbst vermehren, sagt Weber, zu stark sei der Fluss verbaut. Er öffnet eine der Boxen. „Wir helfen den Huchen, indem wir zusätzliche Eier in den Inn einbringen“, sagt er und zeigt auf tausende, orange-leuchtende Kugeln, jede etwa vier Millimeter im Durchmesser. „Dafür sind unsere Brutboxen da.“ Es sind rettende Maßnahmen des Kreisfischereivereins für Gewässer- und Artenschutz Wasserburg – zur Bestandserhaltung des stark gefährdeten, heimischen Huchen …
Natürlich könne man auch größere Huchen im Inn auswildern, um dem dortigen Bestand zu helfen, aber das Einbringen von Eiern sei sozusagen der Goldstandard. Alexander Weber betreut das Projekt für den Kreisfischereiverein Wasserburg. Je jünger ein Fisch besetzt werde, umso größer seine Chance, sich an den neuen Lebensraum anzupassen, das sei die ganz einfache Formel, erklärt er. „Und bei unserem Brutboxprojekt werden die Huchen bereits in ihren natürlichen Lebensraum hineingeboren.“
Umgekehrt sinke bei älteren Fischen die Chance, sich selbst erfolgreich natürlich fortzupflanzen, wenn sie längere Zeit in einer Fischzucht verbracht hätten. Dieser Effekt sei ursprünglich bei Steelhead-Forellen untersucht worden und inzwischen für zahlreiche lachsartige Fische durch Studien bestätigt worden. Und zu den Lachsartigen gehört auch der Huchen.
Weber nimmt ein Stück Kunststoffschlauch in den Mund und saugt damit abgestorbene Eier aus der Box, eine Geduldsarbeit. Teilweise sind die toten Eier bereits von einem dicken, gräulichen Flaum überzogen. „Sie verpilzen wahnsinnig schnell“, erklärt er, „deshalb muss das Aussortieren eigentlich jeden Tag sein.“
Man sieht, dass er weiß, was er tut, jeder Handgriff sitzt. Mit dem Schlauch gehe das sehr gut, man müsse nur aufpassen, keins der verpilzten Eier in den Mund zu kriegen, das schmecke nicht so toll, sagt Weber und lacht. „Aber wenn wir sorgfältig arbeiten, haben wir am Ende Schlupfraten von über 90 Prozent.“
Vom Ei zum Fisch
Die Eier liegen auf einem feinen Lochgitter, das über Öffnungen an der Vorder- und Rückseite der Box stetig vom Flusswasser durchströmt wird. Der ständige Wasseraustausch sichere die notwendige Sauerstoff-Versorgung, sagt Weber. Im Moment habe man Glück, der Inn führe für die Jahreszeit noch relativ wenig Feinsediment, doch bei steigenden Pegeln und trüberem Wasser könne es ganz schnell passieren, dass die Eier dick mit feinem Sand bedeckt würden. Dann gelte es, schnell zu handeln und den Sand wieder aus den Boxen zu spülen.
So viel ist schnell klar: Die Betreuung der Brutboxen erfordert viel ehrenamtlichen Einsatz. Ein Einsatz, den Weber gerne bringt – schließlich hat er selbst dieses spezielle Brutboxsystem entwickelt, das inzwischen auch andernorts sehr erfolgreich eingesetzt wird: „Im Prinzip simulieren wir hier die Natur. Huchen vergraben ihre Eier tief im Kiesbett des Flusses, wo sie sich gut geschützt entwickeln, ständig durchströmt von frischem Wasser. Genau das passiert auch in den Boxen.“
Aber warum ist es überhaupt wichtig, dass sich die ausgewilderten Fische in der Natur fortpflanzen können, wenn dazu in einem verbauten Fluss wie dem Inn kaum mehr die Möglichkeit besteht?
„Am Inn haben wir das Glück, dass die natürliche Vermehrung stellenweise tatsächlich noch funktioniert“, gibt Weber zur Antwort. Nicht zuletzt dank des Vereins, der jährlich mittels Bagger die Kiesbänke an Realschule und Kapuzinerinsel auflockert. Denn nur in lockerem Kies können die Fische ihre Eier vergraben und nur dort sei eine ausreichende Durchströmung mit frischem Wasser gewährleistet.
„Normalerweise sorgen Flüsse selbst für diese Auflockerung“, erklärt Weber, „sie schwemmen frischen Kies aus den Bergen heran oder verlagern während Hochwassern ganze Kiesbänke.“ Aber die vielfältigen menschlichen Eingriffe und Verbauungen hätten diese Dynamik beinahe völlig zum Erliegen gebracht. Er zeigt auf das Kraftwerk: „Das Dilemma ist: Wir brauchen die Energie der großen Kraftwerke, zugleich kommt an dieser Barriere natürlich kein Kieselstein mehr vorbei. Uns muss als Gesellschaft klar werden, dass auch erneuerbare Energien einen Preis haben, den irgendjemand bezahlt. In diesem Fall die Fische.“
Ohne Zweifel sei es auf lange Sicht entscheidend, die Lebensräume der Fische wieder so zu verbessern, dass Huchen und Co. weitgehend aus eigener Kraft überleben können. „Aber wir helfen, die Zeit bis dahin zu überbrücken – denn andernfalls stehen die Chancen schlecht, dass es im Inn auch in Zukunft noch Huchen gibt.“
Und wie sieht nun so ein Huchen eigentlich aus?
„Gut“, sagt Weber und lacht. Fast eineinhalb Meter lang und über 30 Kilo schwer könne er werden. Er sei, nach dem Wels, der größte heimische Raubfisch und schon etwas ganz besonderes. Schließlich lebe er nur im Einzugsgebiet der Donau. Und genau diese eingeschränkte Verbreitung sei auch sein Verhängnis. Im deutschsprachigen Raum gebe es aktuell nur noch in einem kleinen Abschnitt der österreichischen Mur einen weitgehend gesunden Bestand. Und selbst diese Flussstrecke sei von Kraftwerksplänen bedroht. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Bestände auch in anderen Flüssen wie dem Inn erholen. Sonst sieht die Zukunft düster aus.“
Zwei Wochen später beginnen die kleinen Huchen zu schlüpfen. Noch können sie kaum schwimmen und tragen am Bauch wie einen Ballon den orangen Dottersack, der ihnen für die kommende Zeit als Nahrungsquelle dient.
Von nun an kann man täglich beobachten, wie die Dottersäcke kleiner und die Fischchen beweglicher werden.
Und nach insgesamt fünf Wochen werden über 9.500 winzige Huchen an geeigneten Stellen in den Inn entlassen, ein hervorragendes Ergebnis. „Vielleicht ja kehrt der eine oder andere in vier Jahren auf einen der Laichplätze zurück“, sagt Weber noch, „das wäre dann der größte Erfolg.“
AIR
Schaufenster
Dass die überhandgenommenen Fischfeinde wie Fischotter, Kormorane, Fischreiher, Gänsesäger die Arbeit zunichte machen, wird leider nicht erwähnt . . . 🤔😳😭
Das ist im Inn gar keine Nahrung für den Huchen gibt wird leider auch nicht erwähnt.
Wäre diese vorhanden, so wären Kormorane, Fischotter, Fischreiher, Gänsesäger etc. kein Problem.
Mal abgesehen davon ist der Innhuchen aus gutem Grund längst ausgestorben. Schuld daran sind vor allem die veränderten Lebensräume durch die Wasserkraft so wie die fortschreitende Gewässerverschmutzung insbesondere der Nebengewässer durch die Landwirtschaft.
Da man ausgestorbene Arten nicht so einfach wieder zum Leben erwecken kann, bleibt das Tun des Kreisfischereivereins Wasserburg Kosmetik an der Leiche.
1. ist der „Innhuchen“ nicht ausgestorben
2. gäbe es (noch) genügend Nahrung im Inn
3. wurde sehr viel unternommen um die Bedingungen für die Fische zu verbessern wie z.B. Umleitungsgerinne und Entschlammungsmassnahmen –
trotzdem geht der Fischbestand drastisch zurück!
Ihr Kommentar beweist wenig Ahnung von der Materie!
Im inn gibt es genug Nahrung für den Huchen!
Außerdem frisst er auch kleine Nager – das hauptsächliche Problem ist die Verbauung.
Ein Mann mit einer klaren Aufgabe.
Toi TOI TOI für seine Arbeit.
Find die Arbeit für sehr gut und auch notwendig , ich bin kein Fischer deshalb hätten diese Tierchen von mir nix zu befürchten😂😂😂😂😂 scherz bei seite ich glaub schon das sich diese arbeit lohnen wird um den Inn wieder zu beleben .ja unsere Flüße wurden kaputtgebaut durch begradigungen und stauwehre.ich hoffe das diese Aktion hilft die Fische wieder anzusiedeln , denn die Natur wird sich eines Tages an uns rächen.ich wünsch den Herren viel Erfolg das der Plan aufgeht.
Nix ist schlimmer als wenn durch verbauungen die laichplätze zerstört werden.
Nein, das hauptsächliche Problem sind die total veränderte Morphologie des Flusses und das Fehlen geeigneter, sauberer Laichgewässer.
Ein Umgehungsgerinne ist eben kein Laichgewässer.
Es wird zudem – wie der Inn selbst – permanent mit Sedimenten beaufschlagt, weil jedes Staubecken wie ein Schlammfang wirkt. Wer Augen im Kopf hat, kann das überall am Inn sehen!
Huchen laichen natürlicherweise im Winter und in den Nebengewässern der Flüsse, in denen sie später als erwachsene Tiere leben.
An den gleichen Plätzen laichen im Frühjahr die Nasen. Beide Arten schlüpfen gleichzeitig und die kleinen Huchen leben von den Nasenbrütlingen. Das funktioniert aber nur, wenn das Laichgewässer sauber ist, denn die Nasen (und auch die Huchen) können sich nur im sauberen Kies entwickeln.
Ist das Gewässer nicht sauber, so verpilzen und sterben die Eier oder die frisch geschlüpften Brütlinge.
Wo bitte sollen diese sauberen Laichgewässer sein?
Ich wohne selbst an der Ebrach, die zur Zeit eher wie eine Güllerinne aussieht als wie ein gesunder Bach.
Von was ernähren sich die Huchenbrütlinge im Umgehungsgerinne des Kraftwerks?
Es ist doch zudem kein Geheimnis, dass die Fischereivereine Unmengen fangreife Forellen im Inn setzen, damit ihre Mitglieder etwas zum Angeln haben. Diese Forellen fressen alles, was sie erwischen können und sind oft schon nach kurzer Zeit, wenn sie geangelt werden abgemagert, weil es im Inn zu wenig Nahrung für sie gibt.
Weil man den Inn nunmal nicht mehr zu dem Wildfluss zurückentwickeln kann, der er mal war, wäre es sinnvoller, sich darauf zu konzentrieren, die Nebengewässer wieder sauber und barrierefrei zu bekommen.
Aber da müsste man gegen die Agrarlobby arbeiten und das ist in Bayern leider fast unmöglich.
Daher bleibe ich dabei – das Engagement wäre anderswo besser eingesetzt – die Wiederansiedlung von Huchen aus Zuchtbetrieben wird nicht gelingen, zumal die Unterart „Innhuchen“ längst ausgestorben ist.
Warum melden Sie nicht die „Güllerinne“ Ebrach dem Wasserwirtschaftsamt, damit dieses Problem behoben wird?
Sie erinnern mich an Sky Du Mont, der ‚mit Sicherheit weiß, dass die Bauern ihre Kälber in Containern stapeln und dadurch die unteren verenden‘.
Wie sagte schon Frank Drebin von der L.A.-Polizei-Spezialeinheit im Film-Klassiker „Die nackte Kanone“ frei übersetzt als hinter ihm ein Gebäude explodierte: „Bitte gehen Sie weiter! Hier gibt es nichts zu sehen! Alles ist in Ordnung!“
Das WWA Rosenheim kennt den Zustand der Ebrach. Nur leider sind deren Möglichkeiten beschränkt. Es ist leider schwierig, der Agrarlobby an den Karren zu fahren, da diese speziell in Bayern mächtige Beschützer hat.
Dass das Wasser aussieht wie Gülle kann sehen wer Augen im Kopf hat. Dass überall am und im Bach Abfälle liegen kann auch jeder sehen. Früher war der Bach voller Bachforellen – warum sind die nicht mehr da?
@Edlingerin, danke sowohl für Ihre fundierten Ausführungen als auch für Ihre sachlichen Antworten trotz mancher (ich bezeichne sie mal höflich so) unsachlicher Kommentare.
Schade, dass Ihnen auf einen sachlichen Kommentar der „Edlingerin“ nur Polemik einfällt.
Die Ebrach ist in weiten Teilen in der Tat weit weg von einem gesunden Gewässer – und das liegt eben auch an Eintragungen der Landwirtschaft.