Premiere gestern Abend: Theater Wasserburg mit beeindruckender Inszenierung
Anke und Theo sitzen im Theater und sehen Johann Strauß’ „Die Fledermaus“. Von der Aura des dortigen Helden Gabriel von Eisenstein inspiriert, ist Theo aber allenfalls eine Farce des Schürzenjägers jener berühmten Operette. Denn in dem Stück „Was war und was wird“ von Sarah Nemitz und Lutz Hübner geht es um das Leben in seiner gesamten Vielfalt und seiner klaren Unbarmherzigkeit und auch seiner unschätzbaren Liebesfülle. An gestrigen Abend wurde im Theater Wasserburg dem Publikum ein Spiegel vorgehalten. Der Vater, der es nicht erträgt, dass seine flügge gewordene Tochter einen Liebhaber hat, den er natürlich als „blöden Dorfhippie“ bezeichnet, er in seiner Frau immer noch die „Botticelli-Schönheit“ erblicken will und dann doch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Oder sie, die ihren Mann idealisieren will und dann doch wegen seiner aus ihrer Sicht unzureichenden Körperhygiene sich von ihm abgestoßen fühlt.
Sie sitzen nebeneinander und Theo wirft Anke vor: „Du nörgelst!“ Sie kritisiert ihren Mann, weil er nicht ins Parkhaus fahren wollte und stattdessen sich auf einen Behindertenparkplatz gestellt hat. „Um diese Zeit fährt kein Behinderter mehr in die Stadt!“ ruft er ihr zu, was sie mit dem Satz kommentiert: „Gut, dass Dir niemand zuhört!“
Die Art, wie die beiden Helden an diesem Theaterabend miteinander umgehen, mag einen an Loriots Szenen einer Ehe erinnert haben, es sind jene skurrilen Situationen einer Kommunikation zweier Menschen, die einander gut kennen und wegen der großen Gefühle, die sie füreinander haben, sich immer wieder missverstehen und verletzen, ohne es vielleicht zu beabsichtigen oder gar zu bemerken.
An diesem Abend im Theater Wasserburg wird dem Publikum ein Spiegel vorgehalten. Der Vater, der es nicht erträgt, dass seine flügge gewordene Tochter einen Liebhaber hat, den er natürlich als „blöden Dorfhippie“ bezeichnet, er in seiner Frau immer noch die „Botticelli-Schönheit“ erblicken will und dann doch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Oder sie, die ihren Mann idealisieren will und dann doch wegen seiner aus ihrer Sicht unzureichenden Körperhygiene sich von ihm abgestoßen fühlt.
Dann blicken beide zurück. Er war 26 und sie wurde schwanger. Hervorragend spielen Susan Hecker und Hilmar Henjes dieses Paar, das sich zwar liebt, sich aber immer wieder im Wege steht.
„Ich wollte eine interessante Persönlichkeit werden und stattdessen werde ich Papa“, ruft Theo aus und ergänzt: „Ich habe nicht die geringste Lust erwachsen zu werden!“
Beide Darsteller spielen dieses Paar mit einer unglaublich anrührenden Hingabe, dass das Publikum, immerhin war das Wasserburger Theater voll besetzt, keinen Mucks von sich gab, so groß war die Faszination dieser Aufführung.
Ihre kleinen Zwistigkeiten lösen Anke und Theo immer wieder mit dem Satz: „In 10 Jahren lachen wir darüber“, um dann nur feststellen zu müssen, dass sie sich an das, was vor 10 Jahren war, gar nicht recht erinnern können. „Wo ist die Zeit geblieben“, kommentieren sie ihren eigenen Gedächtnisverlust. So sehr sie sich über ihn auch ärgert, immer wieder treten Verlustängste zutage. „Ich hab Angst, dass Du nicht mehr da bist“, sagt Theo zu ihr und auch Anke spricht in gleicher Manier: „Du bist noch da und das ist gut so!“
Gegen Ende wird der Bogen über das ganze Leben mit all seinen Tücken gespannt. Sie tanzen Tango, jenen Tanz der Verführung und sie müssen ertragen, dass sie an Krebs erkrankt. Er will an die Jugend anknüpfen, sie auch, aber ihr eigenes Leben steht ihnen immer wieder im Wege. Der Autor dieses Stückes, der in Berlin lebende Lutz Hübner will, dass Theater emotional berührt, das unterscheide es von einem Hörsaal.
Menschen spielen in ihrem Leben immer wieder verschiedene Rollen, und nicht in allen Rollen sind sie gleichermaßen überzeugend. Bei Shakespeare hieß das noch so: „Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Männer und Frauen nur Spieler. Sie haben ihre Ausgänge und Eingänge und spielen viele Rollen.
Mit der Inszenierung des Stückes „Was war und was wird“ von Sarah Nemitz und Lutz Hübner ist Thorsten Krohn ein Meisterstück gelungen, denn der Spiegel, den das Publikum wahrnehmen sollte, wurde mit sehr großer Eindringlichkeit erfolgreich vorgehalten. Im Programmheft heißt es dazu: „Ein aberwitziges Stück Gegenwartsliteratur, ein warmer humorvoller Blick auf uns Menschen, eine Komödie über den Ernst des Lebens.“
Tatsächlich ist dieser Theaterabend aber noch mehr: Er dokumentiert die Zeitlosigkeit der Thematik, denn Leben heißt immer wieder, und das konnte man gut mit nach Hause nehmen, dass Größe und Banalität, Erfolg und Erbärmlichkeit, sehr häufig sehr nahe beieinander stehen können.
Susann Hecker und Hilmar Henjes haben einmal mehr deutlich machen können, welch hohe schauspielerische Qualität sie zu liefern imstande sind. Die beiden alternden Eheleute haben sie mit einer herausragenden Überzeugung auf die Bühne bringen können. Dieses Stück ist wirklich sehenswert.
Wer die Premiere verpasst hat, kann noch am 11. Mai oder am 23., 24. oder 25 Mai „Was war und was wird“ anschauen. Beginn ist immer freitags und samstags um 20 Uhr sowie sonntags um 19 Uhr im Theater Wasserburg an der Salzburger Straße. Am Sonntag, den 11. Mai um 18.15 Uhr spricht Ute Mings mit dem Regisseur Thorsten Krohn im Rahmen der Reihe „vor.reden“.
Karten gibt’s beim Theater Wasserburg selbst (08071/597345 oder www.theaterwasserburg.de) oder aber bei der Touristinfo in Wasserburg, beim Versandprofi Gartner in Wasserburg, bei Foto-Flamm in Haag und allen Verkauzfsstellen von Inn-Salzach-Ticket.
PETER RINK / Fotos: Christian Flamm
Ein hervorragendes Stück.
Tolle schauspielerische Leistung.
Absolut empfehlenswert.
Wir waren begeistert
Absolut sehenswert – großartige Schauspieler!