Oldtimer-Verein Lengmoos studiert einen ganz besonderen Bändertanz ein

Es ist Sonntagnachmittag, die Sonne brennt. An Arbeiten ist nicht zu denken, es ist ideales Freibadwetter. Doch auf einem ehemaligen Hof nahe dem Garser Ortsteil Lengmoos sind Traktorgeräusche zu vernehmen. Sechs alte Bulldogs kurven hier – auf der betonierten Fläche zweier Silos – um einen Mast herum. Rechts und links geht es auf engstem Raum an den entgegenkommenden Fahrzeugen vorbei. Auf den Beifahrersitzen sitzen Frauen, sie halten blaue und weiße Bänder. Was ungeordnet klingt, ist detailliert geplant. Und nach und nach spannen sich die dicken Schnüre um den Pfahl. Die zwölf Männer und Frauen üben für einen Bändertanz. Premiere ist auf dem Lengmooser Trachtenfest, kommenden Samstag um 14 Uhr.

 

Die Tänzer: Drei Traktoren von Eicher aus den Jahren 1953, 1955 und 1955 fahren zum Tanz auf. Es folgen ein Lanz aus dem Jahr 1956 und ein Kramer mit Erstzulassung 1959. Der Münch, Baujahr 1955, wurde um Eigenbauten ergänzt. (Foto oben, von links, Bildquelle: Oldtimer Freunde Lengmoos).

 

„Es ist gar nicht so einfach, das hier zu fahren“, kommentiert Peter Weikl, Vorstandsvorsitzender der Oldtimer-Freunde Lengmoos, die Aktion. „Da ist schon mal
jemand die Böschung rauf gefahren, weil er nicht wusste, ob er rechts oder links am andern Bulldog vorbeifahren soll.“ Die sechs Oldtimer fahren in einem Kreis von 20 Metern Durchmesser.

Weikl hatte die Idee zu dem Tanz. Viele Nächte habe er überlegt, wie die Traktoren fahren können, ohne rückwärts zu setzen. „Ich hatte in meinen Nachtschichten
recht viel Zeit zum Überlegen“, berichtet der Bulldog-Fan. Sechs Monate lang tüftelte er, zeichnete, verwarf Idee und überlegte von neuem. „Vor einigen Jahren hatte ich schon die Idee“, erklärt er. „Aber immer wieder erhielt ich die Aussage: Geht nicht.“ Vor einem halben Jahr ignorierte er schließlich die gut gemeinten Ratschläge und begann seinen Plan umzusetzen. Und seit acht Wochen wird geprobt.

Zunächst plante Weikl mit vier Traktoren, erweiterte dann aber rasch um zwei weitere Fahrzeuge. „Mit vier Bulldogs sieht es nicht gut aus“, erläutert Alois Binsteiner später. Er ist bei dem Tanz für die Kommandos zuständig: Der Rentner steht in der Mitte neben dem Pfahl, hebt und senkt einen Wimpel. Es gibt die Zeichen für Start und Stopp sowie den Tausch der Bänder.

Nach etwa 15 Runden gibt Binsteier das Kommandor für den Stopp der Traktoren. Die Dirndl wechseln die Bänder, bleiben dabei auf ihren Traktoren sitzen. Zwei Kleinigkeiten seien zu beachten, damit sich die Bänder wieder entwirren, berichtet Weikl. Einer ist der Tausch der Bänder untereinander. „Den zweiten Trick bekommen die Zuschauer nicht mit“, erklärt Binsteiner und verrät im Anschluss: „Dann ist man abgelenkt, deswegen sieht man ihn nicht.“ Gute Aufmerksamkeit ist also gefragt.

Weltpremiere: Alles im Vorwärtsgang

„Einmalig und noch die da gewesen“, preist Weikl den Tanz an. „In Österreich gibt es den Bandltanz mit Bulldogs zwar seit zwei Jahren“, erzählt der Tüftler und Oldtimer-Freund. „Dort wird aber immer zurückgesetzt. Und das wollte ich unbedingt vermeiden.“ So ist dies wahrscheinlich der weltweit erste und einzige Bulldog-Bändertanz, der ausschließlich vorwärtsfahrend erfolgt.

Genauso fein koordiniert wie die Planung der Choreografie, muss auch das Team aus Fahrern und Beifahrerinnen abgestimmt sein: „Das Dirndl und der Fahrer müssen
zusammenpassen, sonst funktioniert das nicht“, berichtet Weikl, während er die Tanzprobe genau beobachtet. Und auch die Fahrer müssen sich mit ihren Fahrzeugen gut
auskennen. „Man merkt schnell, wenn das nicht passt.“ Es fällt auf, dass sich immer wieder die Bolldog-Fahrer grüßen, lüften gelegentlich ihren Hut. „Zwei Bulldogfahrer
gehören immer zusammen“, erklärt Weikl die Szene. Sie stehen zu Beginn und Ende der Aufführung mit gleichem Abstand zum Mast, wechseln später untereinander die Bänder.

Inzwischen ist der Tanz zweimal geübt, alles hat einwandfrei funktioniert. Nun ist Feierabend für die Männer und Frauen der Oldtimer Freunde. Noch immer brennt die
Sonne auf den Beton. Jetzt geht es in die kühle Küche des ehemaligen Hofes. Hier wartet ein kühles Getränk auf die trockenen Kehlen. 60 Mitglieder zählt der Oldtimer-Verein. Fans von alten Traktoren, Autos und Motorrädern finden sich hier zusammen. Nicht jeder besitzt einen Oldtimer.

Im Rahmen des Trachtenfestes zur Feier des 100-jährigen Bestehens des Trachtenvereins Lengmoos-Allmansau tanzen die Oldtimer Freunde Lengmoos dann erstmals vor Publikum mit ihren Fahrzeugen. Rund 20 Männer und Frauen der Haager Schlossturmmusi und Lengmooser Musiker begleiten die Erstaufführung.

 

VON: JESSICA VON AHN

 


Der Münch, Marke Eigenbau, ist sehr schwer zu fahren“, sagt Oldtimer-Freund Peter Weikl. „Kupplung und Bremse sind vertauscht.“ Es gibt einen Hebel zum Gas geben. (Bildquelle: Oldtimer Freunde Lengmoos)

Alois Binsteiner steht in der Mitte und gibt über einen Wimpel Kommandos.


Der Kramer ist der jüngste der sechs Tänzer. Er stammt aus dem Jahr 1959.


Eine weiße Linie von 20 Metern Durchmesser gibt den Fahrern Orientierung beim Tanz um
den Mast.


Die Mädels auf den Beifahrersitzen spannend die Bänder, während ihre Kollegen die Bulldogs nach festgelegtem Schema lenken.


Diese Dirndl führen die Bänder: Miche Weikl, Stefanie Fleidl, Franziska Binsteiner, Mariella Berger sowie Daniela und Lena Zenz. (von links nach rechts, Bildquelle: Oldtimer Freunde Lengmoos).