Sondersitzung gestern Abend - Räte sind sich einig
Es gab jede Menge Punkte, die die Rotter geradezu als „kurios“ ansehen in der Begründung einer Ablehnung ihrer Argumente. Bürgermeister Daniel Wendrock fasste es gestern Abend so zusammen: Man fühle sich absolut nicht ernst genommen – es interessiere auch überhaupt nicht, was Rott als Alternative anbiete. Noch dazu mit Blick auf die zurückgehenden Zahlen geflüchteter Menschen.
Wendrock hatte eine Sondersitzung für seinen Gemeinderat einberufen zum gestrigen Montagabend. Und Rechtsanwalt Jürgen Greß von der seitens der Gemeinde beauftragten Kanzlei „hgrs“ aus München war per Videokonferenz auf Großleinwand live zugeschaltet – siehe Foto.
Fotos: Renate Drax
Es ging um den Beschluss des Verwaltungsgerichts München von vor 14 Tagen, bei dem der von Rott eingereichte Eilantrag – gegen die vom Landratsamt geplante Sammelunterkunft für 270 Flüchtlinge als Erstaufnahme-Einrichtung des Landkreises im Rotter Gewerbegebiet am Eckfeld – abgelehnt worden war.
Damit ist die Aufschiebe-Wirkung einer sofortigen Nutzung der Gewerbehalle am Eckfeld durch das Landratsamt dahin. Wir berichteten.
Ernste Gesichter: Vertreten als Zuhörer im Sitzungsraum war auch die Bürgerinitiative „Rott rottiert“ …
Über allem stand diese Aussage des Anwalts gestern: „Die Dringlichkeit dieser Sammelunterkunft für Flüchtlinge des Landkreises in Rott nachzuweisen, wird für das Landratsamt immer schwieriger.“ Die zahlenmäßige Situation der ankommenden Flüchtlinge habe sich in der letzten Zeit extrem verändert, so Anwalt Greß, und mit dem Vorhaben in Bruckmühl an der Wernher-von-Braun-Straße, die dortige Turnhalle durch die Schaffung einer Erstaufnahme-Einrichtung freizubekommen – wir berichteten, der Bezug solle bereits im Herbst möglich sein, hieß es gestern – würde dem Landkreis eine Aufnahme von 200 Menschen ohnehin ermöglicht.
Punkt für Punkt ging der Anwalt noch einmal durch und ihm sei aufgefallen, dass die Argumentation des Gerichts in München sich in der Formulierung sehr änhlich sehe mit der ablehnenden Haltung im Petitionsausschuss der Regierung (wir berichteten). Sätze wie „kommt nicht drauf an“ oder „nicht so wichtig“ kämen oft vor in der Eilantrags-Ablehnung.
Als „extrem ungewöhnlich“ empfinde er es als Anwalt auch, dass nur äußerst umständlich und schwierig herauszulesen sei, dass es sich bei der Unterkunft des Landkreises in der Gewerbehalle überhaupt um eine Erstaufnahme-Einrichtung handeln solle …
Die Aussage, dass bereits viele Flüchtlinge im Land seien und nachfolgende Unterkünfte bräuchten, verstand der Anwalt im Zusammenhang mit der Halle am Eckfeld in Rott überhaupt nicht, wie er betonte. In der Sachlage sei das doch eine völlig falsche Begründung vom Gericht, wenn es um eine Erstaufnahme gehe.
Der Alternativ-Vorschlag von Rott, eine Unterkunft für 180 ankommende Menschen zu bieten, sei vom Gericht völlig vom Tisch gefegt worden. Nachdem das Landratsamt das aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt hatte, monierte das Gericht nun, es läge kein unterschriebener Vertrag vor zur Alternative und die Zahl 180 sei zu gering.
„Kurios“ bezeichnete Rechtsanwalt Greß die Ansicht des Gerichts zum Thema Wasser-Situation in Rott. Hier handele es sich um ein allgemeines Risiko heutzutage, was mit der Flüchtlings-Unterkunft nichts zu tun habe, so habe das Gericht argumentiert. Dabei gehe es doch bei jeder noch so kleinen, privaten Baugenehmigung stets darum, ob die Wasserversorgung gesichert sei, schüttelte Greß den Kopf.
Ebenso beim Thema Brandschutz: Laut Plan des Vorhabens werde die Feuerwehr-Leitstelle gar nicht kontaktiert, wie es eigentlich üblich sei. Was bedeute, es treffe einzig die Feuerwehr in Rott und die Gemeinde könne sich nicht auf fehlerhaften Brandschutz am Ende berufen, laut Gericht – so Greß.
Fazit: Die Empfehlung des Rechtsanwaltes war „dringend“. Bitte eine Beschwerde einlegen, so seine Forderung, denn so „lapidar“, wie das Gericht in München, so werde der Verwaltungsgerichtshof Bayerns wohl nicht mit dem Thema umgehen …
In Rott ist da nun die große Hoffnung, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde der Gemeinde wirklich ernst nehmen werde und wie ein Schiedsrichter gegenüber dem Münchner Verwaltungsgericht auftreten werde. Das wurde am Ende der Sondersitzung deutlich.
Denn eins wurde gestern Abend auch ausgesprochen vom Bürgermeister und vom Anwalt:
Es wird dann vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die „entscheidende Entscheidung“ sein – zum Thema „weitere Aufschiebe-Wirkung oder nicht“. Und zwar selbst, wenn die Gemeinde Rott später in dem Hauptsache-Verfahren einer Rotter Klage irgendwann trotzdem noch Recht bekommen würde …
Eine Belegung am Eckfeld werde wohl bei einer erneuten Gerichts-Ablehnung des Eilantrags zügig beginnen, mutmaßte Wendrock gestern. Außer – und diese Hoffnung bestehe aufgrund der neuen Zahlen zur Flüchtlings-Situation im Land auch noch – der Landkreis lasse das Ganze noch komplett in Rott, da der Aufwand an Sicherheits-Personal, Container-Anschaffung für die Außen-Sanitär-Bereiche (sechs Stück waren geplant), die extreme Wasser-Problematik des Her- und Wieder-weg-Schaffens und auch der ganze Umbau sich nicht mehr rechne.
Von den zu zahlenden Mietkosten des Freistaates – alias Steuergelder – an den Eigentümer der leerstehenden Gewerbehalle seit Oktober 2023 ganz zu schweigen.
Wendrock sagte, das Landratsamt habe mitgeteilt, man werde die Gemeinde rechtzeitig über den Zeitpunkt einer Belegung informieren. Der Bürgermeister betonte deshalb, es werde auf jeden Fall zuvor einen Infoabend für die Bürger dazu geben – falls es soweit kommen sollte.
Der Rotter Gemeinderat beschloss dann einstimmig nach kurzer Diskussion, innerhalb der zweiwöchigen Rechtsbehelfsfrist (7. Juli) Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 4. Juni einzulegen.
Zudem beschloss das Gremium gestern Abend einstimmig, die Anwalts-Kanzlei „hgrs“ aus München weiterhin mit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Gemeinde in dieser Angelegenheit zu vertreten.
In etwa zwei Monaten erwartet Rott nun somit die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Also Anfang September dann …
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