Ralph Hammerthaler liest aus seinem neuesten Roman beim AK 68

Er wurde in Wasserburg geboren und hat hier auch seine Schulzeit verbracht. Dann hat er Wasserburg verlassen und lebt heute als Schriftsteller in Berlin-Kreuzberg. Nun ist Ralph Hammerthaler nach Oberbayern und Wasserburg zurückgekehrt. Beim AK 68 hielt er eine Lesung aus seinem neuesten Roman „Das automatische Reich“.

Die Wasserburger Stimme hat Ralph Hammerthaler anlässlich seiner Lesung danach gefragt, was ihn zu seinem neuesten Roman inspiriert hat. „Unsere Zukunft sieht nicht besonders rosig aus“, antwortete er und ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Man kann nur mit Humor gut arbeiten, denn es ist wichtig, dass man lachen kann!“

Und dann ergänzt er auch schon etwas Skurriles, zum Beispiel, dass er in den vergangenen Tagen in Oberbayern mehrere Lesungen durchgeführt hat, sein Buch aber leider noch nicht präsentiert werden konnte. Heute, am Tage seiner achten Lesung in der alten Heimat, ist er nun endlich da, dieser Roman über die Zukunft unseres Lebens. „Es spielt so in 70 bis 80 Jahren“, ergänzt er und erklärt, dass es sich um einen richtigen science-fiction-Roman handle.

Die Handlung kann schnell zusammengefasst werden: Die Europäische Union ist an den nationalistischen Bestrebungen ihrer Mitgliedsländer zerbrochen, die auseinanderdriftenden Kräfte konnten nicht mehr zusammengehalten werden. Auf seinem Boden hat sich der „Tri-Staat“ gebildet, ein Zusammenschluss aus Frankreich, Deutschland und Polen. Dieser „Tri-Staat“ ist autoritär strukturiert, er bespitzelt seine eigenen Bürger, misstraut den eigenen Organen. „Androide“ werden von den Regierenden eingesetzt, um diese Bespitzelung zu organisieren. Die Zahl „drei“ spielt eine zentrale Rolle in diesem Roman. Nicht nur der Tri-Staat weist darauf hin, auch die Besatzung des Raumschiffs, das die ersten Menschen auf den Mars bringen soll, besteht aus zweimal drei, also sechs, Personen.

Die Hauptperson des Romans, Simon Loher, Lohengrin genannt, verliebt sich in den Andoiden Eva und denkt, sie sei ein menschliches Wesen. Sie reagiert stets gleichmütig, wird nie aggressiv oder ist schlecht gelaunt, ist stets das ausgleichende Element in der Beziehung zu ihm. Doch eines Tages funktioniert Eva nicht mehr. Simon Loher erfährt, dass sie nicht mehr repariert werden könne, sie sei „ein veraltetes Modell“, für das es keine Ersatzteile mehr gebe. „Lieber Loher, Sie sind einer Illusion aufgesessen“, wird ihm gesagt, was seine Trauer über den Verlust von Eva nur noch steigert. Der „Tri-Staat“ will eine flächendeckende Gehirnemulation bei allen Menschen umsetzen, d.h. den menschlichen Geist komplett auf einem Computer hochladen.

Alle Menschen im Tri-Staat haben „Trixi 03“ in den Unterarm eingepflanzt bekommen, einen Chip, der vieles für den Menschen erledigen kann. Das Leben soll dadurch wesentlich einfacher werden. Mann kann mit „Trixi 03“ Türen öffnen, Autos starten und vieles mehr. „Irgendwer wusste stets, wo man sich befand“, trägt Hammerthaler aus seinem Roman vor. Überall gab es E-Flieger, kleine Drohnen, die alles auskundschafteten. Da die „Bibliothek der Welt“ bereits alles Wissen der Welt erfasst habe, sei Lesen auch Zeitverschwendung geworden.

Am Ende seiner Lesung stellt Hammerthaler aber auch noch ein paar Fragen: „Was gilt die Vernunft?“ und „Rettet uns die Wut?“ und „Brauchen wir Sabotage?“ Damit stellt er auch jene Fragen, die die politische Debatte derzeit immer wieder dominieren, wenn man an „Fridays for Future“ oder die „Last Generation“ denkt. 

Mit der ernüchternden Feststellung, dass es Zukunft in dem Sinne gar nicht gebe, endete die Lesung. Und Hammerthaler hat wohl im Moment nicht vor, weitere science-fiction-Romane zu schreiben, wenngleich er politisch bleiben wolle. Er verriet den Anwesenden, dass er an einem neuen Roman arbeite, der den Titel „Alle sind nervös“ tragen soll. Es geht um den derzeit weltweit zu beobachtenden Aufstieg der „extremen Rechten“, wie Hammerthaler es nannte.

Etwa 40 Personen waren in die Räumlichkeiten der „Alten Polizei“ gekommen. Die Vorsitzende des AK 68, Katrin Meindl, freute sich zwar über den Besuch, wenngleich der Tag „ein bescheuerter Termin“ sei, so kurz vor Pfingsten, wo nicht wenige in den Urlaub fahren wollten. Und Katrin Meindl erklärte auch, warum ein Schriftsteller in einem Verein für Bildende Künste lese. Zum einen sei sie mit Ralph Hammerthaler seit langen Jahren eng befreundet, zum Zweiten wolle sie Kunst größer begreifen und das schließe dann die literarische Kunst eben ein.

Am Ende der Lesung entbrannte eine längere Diskussion mit dem Autor über viele erdenkliche Zukunftsfragen. 

Der Roman ist sehr kurzweilig geschrieben und macht Appetit auf mehr. Ein lesenswertes Buch. Man darf gespannt sein, womit sich Ralph Hammerthaler künftig beschäftigen mag. Politisch wird es allemal sein.

RP