Gestern Abend: Klausurtagung soll bis Herbst Entscheidung zum „Wohnen im Alter" bringen
Eine wichtige Zukunfts-Aufgabe einer Gemeinde ist es, nachhaltige, senioren-gerechte Strukturen in den Kommunen aufzubauen und neue Wohn- und Unterstützungsformen für ältere Menschen weiter zu entwickeln und umzusetzen. Einer, der nicht müde wird, immer wieder und immer wieder darauf aufmerksam zu machen – das ist der Seniorenbeauftragte der Gemeinde Pfaffing, ÜWG-Rat Josef Rester (Foto).
So auch einmal mehr gestern Abend, als er Bürgermeister Josef Niedermeier und dem Rathaus-Gremium einen erneuten Antrag zum „Wohnen im Alter“ für Pfaffing vorlegte. Im Zuschauerraum saßen gestern auch einige Vertreter der Bürgerhilfe Pfaffing und Altbürgermeister Lorenz Ostermaier.
Bevor Josef Rester seine Ideen präsentierte, schickte Pfaffings Rathauschef Josef Niedermeier voraus, dass sich die Bürgerhilfe und auch der Seniorenbeirat der Gemeinde von diesem Antrag distanzieren würden und auch er selbst geradezu froh sei, dass man sich trotz der vielen Jahre der Diskussionen zu diesem Thema noch nicht entschieden habe – also noch nichts geschehen sei.
Denn jetzt könne man viel moderner vorgehen. Auch wenn er den Antrag Resters ganz grundsätzlich begrüßen würde, brauche man einfach noch weitere Zeit in Pfaffing, so Niedermeier.
Bei Gemeinderat Josef Rester sorgte das für Kopfschütteln. Sowohl die Bürgerhilfe als auch der Beirat seien seine Mitstreiter seit vielen Jahren. Die Behauptung der Distanzierung Selbiger komme ihm jetzt vor, als wenn man einen Keil dazwischen treiben wolle – es erwecke den Eindruck, man habe unterschiedliche Zielsetzungen, was nicht stimme, so Rester.
Wie sehr es ihm einfach ganz grundsätzlich um die Sache geht und nicht bereits um Detail-Lösungen, bewies er dem Gremium, als er seinen Antrags-Vorschlag über 36 Wohneinheiten beim Bau einer Seniorenwohnanlage an der Bürgermeister-Bodmeier-Straße (ein 3.200 Quadratmeter großes, zentral in der Ortsmitte gelegenes Gemeinde-Grundstück) unter Einbeziehung des Gemeinde-Grundstückes Hauptstraße 21 kurzerhand zur Sitzung umformuliert hatte.
Nicht nur sein Fraktionskollege Tobias Forstner hatte die genannte Zahl der Wohneinheiten kritisiert. Rester ließ die Anzahl der Wohnungen im nun neu formulierten Antrag weg und lehnte sich an die Empfehlungen des Arbeitskreises Generationen an (siehe unten im Text – wir berichteten dazu mehrfach).
Eine größere Wohnanlage für die Gemeinde solle es werden – in seinen Augen auf seinem genannten Grundstück – mit mehreren erschwinglichen Mieteinheiten, mit Gemeinschaftsräumen und auch mit Wohngemeinschaften, so Resters Vorstellung. Mit Essens-Versorgung, vielleicht einer Arztpraxis, einer Physiotherapie und mit einem ambulanten Pflegedienst in der Wohnanlage oder in der unmittelbaren Nähe. Und mit der heimischen Bürgerhilfe integriert.
Josef Rester abschließend: Es gehe nicht um Einzelentscheidungen, es gehe um das WIR. Die Pfaffinger Bürger bräuchten doch endlich einmal verbindliche Antworten nach so vielen Jahren …
ÜWG-Rat Forstner ging anschließend darauf ein, dass Bürgermeister Niedermeier es offenbar „gut fand, dass noch nichts geschehen sei“ (siehe Text oben). Gar nichts sei gut, so Forstner. Viele andere Gemeinden seien zur Tat geschritten in all den Jahren, nur eben Pfaffing nicht. Nichts sei geschehen. Keinerlei Konkretisierung zum Thema „Wohnen im Alter“ – man stehe bei Null. Und das nach Jahren. Er finde es nicht gut, so zu denken.
Nicht mal über die genaue Örtlichkeit – das Grundstück, das dafür konkret in Frage komme – sei geredet oder gar mal entschieden worden.
Genau vier Jahre ist es her, als das das Fazit einer Gemeinderatssitzung war im April 2021 und es so hieß: Pfaffings Bürgermeister Josef Niedermeier will einen neuen Weg gehen zum „Wohnen im Alter“ in Pfaffing. Zusammen mit dem Seniorenbeauftragten, dem Seniorenbeirat und dem Arbeitskreis „Generationen“ möchte er das Thema nun dringlichst voranbringen (wir berichteten).
Vor über einem Jahr hatte nach einer Fragebogen-Aktion ein Bürgergespräch im voll besetzten Gemeindesaal zum Thema stattgefunden (wie berichtet), aus dem wiederum genannte Empfehlungen des Arbeitskreises „Generationen“ in Pfaffing resultierten (siehe unten im Text). Auch nach deren Präsentation sind nun erneut neun Monate vergangen.
Elisabeth Gralka von der UBG hielt gestern Abend eine Entscheidung im Gemeinderat über eine konkrete Ortswahl für das Projekt trotzdem noch zu früh. Das würde sie „überstürzt“ finden, wie sie sagte, denn „andere Grundstücke“ seien vielleicht besser geeignet.
Ihre Fraktions-Kollegin Monika Kaspar sah sich hier wiederum „überfordert“, denn es gehe bei dem Projekt ja um einen Haufen Geld und da tue sie sich schwer, abzustimmen.
Gemeinderat Klaus Wagenstetter aus Forsting forderte seinerseits, nun aber mal „Gas zu geben“. Dieses Auf-die-lange-Bank-Schieben gehe nicht weiter so – sonst plane man ja für die Kinder, die jetzt noch im Kindergarten seien. Zwölf Jahre mindestens trete Pfaffing nun auf der Stelle. Unbedingt brauche es jetzt auch mal einen Investor zum Projekt, meinte er.
Und während Johannes Hohenadler von der Freien Wählergemeinschaft Rettenbach erklärte, Pfaffing sei aber noch nicht so weit – so fand sein Fraktionskollege Stefan Reich aber, man müsse jetzt doch schon mal endlich einen wichtigen Schritt weiterkommen – notwendige Planungsschritte zum Projekt sollten konkret eingeleitet werden.
Elisabeth Gralka von der UBG schlug eine erneut interne Klausurtagung zum Thema vor – dazu hatte es vor fünf Monaten schon einmal eine gegeben – was Bürgermeister Josef Niedermeier begrüßte. Er sei „ein Freund von Klausurtagungen“, wie er sagte.
Damit stand endgültig fest: Eine Entscheidung zu einem WO beim Projekt gab es auch gestern Abend wieder nicht.
Nachdem dann der Antrag von Josef Rester klar abgelehnt wurde (nur drei Räte stimmten dafür), folgte schließlich ein einstimmiges Votum für den Beschluss-Vorschlag der Gemeinde.
Dieser beinhaltet die Erarbeitung eines Konzepts für ein zukunftsfähiges Modell zum „Wohnen im Alter“ in Pfaffing samt Machbarkeitsstudie dazu sowie die Förder-Möglichkeiten finanzieller Art und unter anderem nun auch die gewünschte Klausurtagung in der Nichtöffentlichkeit.
Diese solle voraussichtlich im dritten Quartal des Jahres stattfinden, wie es gestern hieß – also im Juli oder August oder September.
Sepp Reich von der ÜWG Pfaffing blieb das Schlusswort vorbehalten: Er mahnte an, dass nun aber das Thema „Wohnen im Alter“ gut und auf das Konkreteste vorbereitet werden müsse, damit zu dem Projekt endlich etwas losgetreten werde. Es müsse da auch wirklich dann eine Entscheidung gefällt werden. Es könne nicht angehen, dass wieder nichts dabei rauskomme konkret …
Wie hatte es Josef Rester zu Beginn der Sitzung formuliert gehabt – Herzensangelegenheit aller mal hin oder her:
Viel Zeit bleibe nicht mehr für die Umsetzung des Projekts – denn bereits in knapp einem Jahr wird der Gemeinderat neu gewählt.
Hier noch einmal ein Blick auf die Empfehlungen des Arbeitskreises „Generationen“ in Pfaffing:
Aus einer Befragung der älteren Mitbürger und der Auswertung dazu hatten sich vor einem Jahr drei Handlungsfelder herauskristallisiert. Die Arbeitsgruppe „Wohnen im Alter in der Gemeinde Pfaffing“ hat sich zum Ziel gesetzt, die infrastrukturellen Bedingungen für das Leben im Alter so zu gestalten, dass das alltägliche Leben in der Gemeinde für die betroffenen Personen gut zu bewältigen ist.
1. Handlungsempfehlung: Wohnen (Schaffung seniorengerechter Wohnungen)
Die neuesten (Stand 2024) Statistiken zeigen, dass die beste Möglichkeit gegen Einsamkeit und Isolation im Alter ist, wenn die betroffenen Menschen so lange wie möglich in ihrem vertrauten Umfeld leben können. 80 % der befragten betroffenen Pfaffinger BürgerInnen beabsichtigen auch deshalb hier in Pfaffing in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Allerdings gibt es ein klares Votum für die Möglichkeit, in eine seniorengerechte, kleine Wohnung wechseln zu können.
Diese Möglichkeit zu schaffen, hat mehrere Vorteile: Der Unterstützungsbedarf für die Betroffenen wird geringer (großes Haus und Garten sind nicht mehr zu bewältigen und die Menschen können im eigenen Umfeld bleiben und es entsteht Wohnraum für Familien).
• Festgestelltes Interesse: 37 Haushalte (siehe Fragebogen)
• Akuter Bedarf: Etwa 15 barrierefreie 1–2 Zimmer-Wohnungen, vorzugsweise im Ortszentrum und auch im Baugebiet West 5, um kurze Wege zum Einkaufen, Arztbesuche, Apotheke, Kirche, Friedhof, Bürgerhilfe und zu gemeindlichen Einrichtungen zu gewährleisten
• Mietwohnungen: Die Wohnungen sollten zur Miete angeboten werden, eventuell sollte ein Genossenschaftsmodell angeboten werden.
• Auswahlkriterien: Ein kleiner Entscheidungsausschuss sollte Auswahlkriterien für die Bewerbern festlegen. Der Ausschuss wird vom Gemeinderat bestimmt.
• Das Gebäude sollte im Eigentum der Gemeinde sein.
2. Handlungsempfehlung: Koordination von Hilfen
Bedarf:
Die Auswertung des Fragebogens und des Bürgergesprächs zeigt, dass die große Mehrheit solange als möglich in den eigenen Vierwänden das Alter erleben möchte. Dies ist auch die beste Alternative, solange es Gesundheitlich möglich ist. Das bedeutet jedoch, dass der Bedarf an Hilfen für die alltägliche Lebensbewältigung groß ist und in Zukunft weiter zunehmen wird. Die Hilfen für die tägliche Bewältigung des Lebens in Pfaffing kann nicht mehr alleine ehrenamtlich bewältigt werden, dies zeichnet sich bereits jetzt ab. Eine professionelle Leistung ist erforderlich. Die Bürgerhilfe wäre die geeignete Institution.
Sie sollte ihre bisherige Arbeit weiter ausbauen um der Nachfrage gerecht zu werden.
Dies zeigen Modellprojekte deutlich auf.
Aufgaben der „Koordinationsstelle“:
– Organisation, kontinuierliche Helfersuche, Betreuung und Schulung ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer- Vermittlung und Vernetzung von Dienstleistern für die Alltagsbewältigung.
Beratung in Fragen der Alltagsbewältigung und Unterstützung bei der Beantragung von öffentichen Fördermitteln (Vermittlung an Beratungsstellen
im Landkreis) Organisation und Betreuung von Mitarbeitern auf Minijob-Basis – Integration von Bewerbern für ein soziales Jahr.
Finanzierung:
Entscheidend für die Verwirklichung einer wirksamen Koordinationsstelle ist die Finanzierung einer Halb- oder Ganztagskraft. Eine Mischfinanzierung könnte
durch eine Stiftung, Förderung durch die Gemeinde (eventuell Gemeinde übergreifende Kooperation), Mitgliedsbeiträge und staatliche Förderung für Modellprojekte erfolgen
3. Handlungsempfehlung: Mobilität / Infrastruktur
Ein wichtiger Aspekt wurde hier in den Fragebögen und in der Bürgerbefragung angesprochen. Dabei geht es um Fahrmöglichkeiten, infrastrukturelle Bedingungen barrierefreie, verkehrssichere Wege
• Rosi-Rufbusmodell: Das Konzept des Rosi-Rufbusmodells kann eine wichtige Verbesserung sein, insbesondere im Verbund mit Nachbargemeinden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Haltestellen für die Zielgruppe geeignet sind
• Mitfahrbänke: Als Ergänzung könnten auch Mitfahrbänke eingerichtet werden
• Nahversorgung: Die ortsnahe Versorgung mit Lebensmitteln sollte erhalten bleiben
• Ärztliche Versorgung: Die Erweiterung der ärztlichen Versorgung im Gemeindegebiet sollte weiter vorangetrieben werden
• Verkehrssicherheit:- Gehwege und -bahnen sollten ausgezeichnet und Barrieren eingeschränkt bzw. beseitigt werden- Ortsnahe Wanderwege sollten ausgebaut und gepflegt werden- Öffentliche Toilette(n) an relevanten Stellen wären wünschenswert
• Barrierefreiheit im Verwaltungsgebäude: Das Verwaltungsgebäude der Gemeinde sollte barrierefrei gestaltet werden, um die Zugänglichkeit zu verbessern
Die Arbeitsgruppe „Wohnen im Alter“ bittet den Gemeinderat, die Inhalte sorgsam zu prüfen und Wege zu finden, das Leben im Alter in der Gemeinde für heute und die Zukunft angemessen zu gestalten.
Im Auftrag der Arbeitsgruppe Pfaffing
Koordinator Dr. Korbinian Höchstetter
Guten Tag,
als direkter Anwohner bin ich sehr froh über die umsichtige Meinung des Bürgermeisters, ich bin auch froh, dass noch nichts entschieden wurde.
Ein Betonklotz mit Praxen und Geschäften und 36! Wohneinheiten wäre wirklich völlig überzogen, zumal die Verkehrssituation grade an der Hauptstraße und Bodmeier Str./Hilgener Str. aktuell schon massiv ist.
Ich teile auch die Meinung von Fr. Gralka, dass andere Grundstücke für ein derartiges Vorhaben sicher besser geeignet wären.
Wie schon vor ein paar Jahren gesagt, es braucht doch keinen Neubau, wenn genug Altbestand für Mehrgenerationenhäuser da ist.
Viele Grüße Martin
Lieber Martin ………… ?
Der von mir eingereichte Beschlussvorschlag im Wortlaut:
„Der Gemeinderat beschließt die zeitnahe Errichtung einer Wohnanlage für Senioren an der Bürgermeister-Bodmeier-Straße unter Einbeziehung des Grundstückes Hauptstraße 21.
Das Areal ist komplett zu überbauen. Einzelheiten ergeben sich aus den Empfehlungen des Arbeitskreises Generationen. Die Ziele für die nachhaltige Entwicklung unserer Gemeinde sind zu beachten. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen Planungsschritte einzuleiten.“
In meinem Antrag ist nichts beschrieben, was einen „Betonklotz“ zur Folge hätte. Von Praxen und Geschäften ist da auch nicht die Rede. Soziale Einrichtungen für alle Pfaffinger Bürger sollten dort allerdings möglich sein.
Und was die Verkehrssituation betrifft: die älteren Bürger, die sich dort um eine gemeindeeigene Wohnung bewerben könnten, die haben in der Regel kein Auto. Sie sind meist auf einen Gehstock, einen Rollator oder sogar auf einen Rollstuhl angewiesen.
Im Übrigen wird sich die Verkehrssituation in den angesprochenen Straßen schon etwas beruhigen, wenn der Edeka-Einkaufsmarkt an den nördlichen Ortsrand verschoben ist.
Ich habe den Eindruck, dass man Sie irgendwie falsch informiert hat. Bitte nehmen sie mit mir Verbindung auf. Oder wenden Sie sich an den Vorsitzenden der Bürgerhilfe oder den Vorsitzenden des Senioren-und Behindertenbeirates. Dort erhalten Sie die richtigen Informationen.
Josef Rester
Gemeinderat und Seniorenbeauftragter