Bürgerversammlung zur geplanten Umnutzung von Hotel in Asylunterkunft – Landrat verspricht: Familien sollen einziehen

Das ehemalige Seecafé in Soyen soll in eine Asylantenunterkunft umgewandelt werden (wir berichteten). Vor allem bei den unmittelbaren Nachbarn in der Alleestraße sorgte diese Ankündigung in den letzten Wochen für große Bedenken. Gestern informierte nun Landrat Otto Lederer (Foto) die Soyener Bürger über die genauen Pläne. So sollen vor allem Familien in die Dorfmitte ziehen, die Container im Gewerbegebiet werden abgebaut. Aber, sollte der Pachtvertrag für die Container doch noch verlängert werden, bleiben auch diese bestehen, was bis zu 130 Asylanten für Soyen bedeuten könnte.

Bürgermeister Thomas Weber begrüßte 207 Soyener Bürgerinnen und Bürger in der Turnhalle. In einem Rückblick erklärte er, dass 2016 ein Privatgrund im Gewerbegebiet an das Landratsamt verpachtet worden war, um dort Container zu errichten. Derzeit wohnen 46 Asylsuchende in den Containern, der Großteil davon Familien. Dem Landratsamt wurde im Vorfeld mitgeteilt, dass der Eigentümer den Pachtvertrag nach Herbst 2024 nicht mehr verlängern wolle. Vom Landratsamt wurde nun das frühere Seecafé angemietet, bisher sei man in der Gemeinde davon ausgegangen, dass die derzeit in den Containern lebenden Personen in das Seecafé umziehen und die Personenzahl auf bis zu 80 aufgestockt werden könne. Es stelle sich aber die Frage, wenn die Container nicht abgebaut werden, ob Soyen dann irgendwann bis zu 150 Asylsuchende habe. „Kann man das dann noch bewältigen?“, fragte Weber. Er denke an Schule und Kindergarten, Helferkreis, ärztliche Versorgung sowie den Mehraufwand für die Verwaltung. Es gebe auch berechtigte Bedenken, gerade bei den Anliegern im Dorf. Es müsse eine gute Lösung her, mit der alle gut leben können. Als ersten Lösungsansatz nannte er den Verzicht auf einen zweiten Standort.

Weber bedankte sich beim Helferkreis, der die letzten Jahre so gute und wertvolle Arbeit geleistet habe. Soyen wolle auch in Zukunft gute Arbeit leisten und das Landratsamt unterstützen. Allerdings sei das bei bis zu 150 Personen so nicht mehr möglich.

Landrat Otto Lederer stellte in seiner Präsentation die Asylsituation seit den 90-er Jahren vor. Momentan kämen die meisten Asylanten aus Syrien, Afghanistan und der Türkei, nicht mehr viele aus Afrika. „Meine persönliche Meinung ist, dass die Bundesregierung hier Maßnahmen treffen müsste, dass die Zahl der Asylsuchenden nach unten geht“, so Lederer. Er selber sei mit der Situation auch nicht zufrieden, aber die Menschen seien nun da und man müsse ihnen, so gut es geht, helfen und schauen, dass diese gut untergebracht seien. Gerade das mache aber die große Zahl der Asylanten so schwierig. So käme alle zwei Wochen, manchmal auch wöchentlich, ein Bus mit 50 Personen, die untergebracht werden müssen. Geeignete Gebäude zu finden, sei sehr schwierig. Derzeit leben 227 Personen in Turnhallen in Bruckmühl und Raubling, Stockbett an Stockbett.

Auf die drängendste Frage der Soyener, was nun konkret geplant sei, erklärte Lederer, dass zuerst die Familien, die derzeit in den Containern leben, in das Seecafé umziehen. Es sollen dann auch die restlichen Wohneinheiten bevorzugt mit Familien belegt werden. Angemietet sei das Gebäude für 60 Personen. Die drei im Gebäude befindlichen und derzeit noch bewohnten Wohnungen seien bislang nicht angemietet worden. Sollten diese zu einem späteren Zeitpunkt frei werden, könnten dort noch bis zu 20 Personen untergebracht werden. Allerdings müsse klar gesagt werden, wenn der Pachtvertrag im Gewerbegebiet mit den Containern doch verlängert werden könne, bleiben auch diese erhalten. Einziehen würden dort neben Familien auch alleinstehende Männer.

Als mögliche Maßnahmen zur Integration nannte er neben Asylsozialberatung und Sprachkursen vor allem die Hilfe vor Ort wie Gespräche mit den Menschen, Helferkreis oder Integration im Sportverein.

Die Bürger hatten viele Fragen

Im Anschluss an die Präsentation hatten die Bürger das Wort. Mediator Michael Funk bat um einen höflichen Umgang miteinander und regen Austausch.

Horst Schimpflingseder fand es nicht in Ordnung, dass man als Gemeinderat quasi vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Letztlich könne man nicht viel gegen die Maßnahme machen. Dem Widersprach Otto Lederer. Der Gemeinderat müsse prüfen, ob das gemeindliche Einvernehmen gegeben werde. Wenn ein triftiger rechtlich haltbarer Grund vorliege, könne das Vorhaben gekippt werden. Er als Landrat habe immer versucht, die Gemeinden mit einzubinden.

Die Anwohnerinnen und direkten Nachbarn Regina Kern und ihre Tochter Michaela berichteten von ihrer speziellen Situation. 2018 habe man direkt neben dem Seecafé Ferienwohnungen gebaut. „Das kostet mich meine Existenz, ich habe Angst, dass dann keine Gäste mehr kommen“, so Michaela Kern. Auch habe sie Angst um den Parkplatz oder dass etwas kaputt gemacht werde.

Der Landrat zeigte Verständnis für die Bedenken, verwies aber darauf, dass es in anderen Gemeinden mit Asylanten in der Ortsmitte gut funktioniere. Er zeigte sich zuversichtlich, dass, wenn die Menschen von den Containern ins Seecafé ziehen, keine Probleme geben werde.

Warum man einen zweiten Standort aufmachen möchte, wenn die Nutzung des ersten noch nicht geklärt ist, wollte Michaela Droppelmann wissen. Eventuell könne man die Container vergrößern.

Hier erklärte Lederer, dass der Pachtvertrag für das Gewerbegebiet bereits 2022 ausgelaufen sei, man die Fläche aber noch maximal zwei Jahre nützen dürfe. Derzeit habe der Vermieter kein Interesse, sollte sich das ändern, werde man aber nochmal verhandeln. Eine feste Unterkunft sei einfach besser bewohnbar als ein Container und, so fügte er an „solange Turnhallen belegt werden, muss der Landkreis Gebäude finden“.

Helmut Pypetz, der dem bestehenden Helferkreis angehört, zeigte sich „entsetzt“ angesichts so mancher Äußerung. Er habe sich nie bedroht gefühlt und gute Kontakte zu den asylsuchenden Menschen aufgebaut. Man müsse aktiv auf die Flüchtlinge zu gehen. Er verwies auch darauf, dass, gerade jetzt beim Fachkräftemangel, dringend Arbeiter gebraucht werden.

Die Organisatorin des Helferkreises und Zweite Bürgermeisterin Afra Zantner verstand die Problematik der direkten Nachbarn. Allerdings sei es so, dass man die Menschen, die in das Seeccafé ziehen, mittlerweile schon kenne. Die Kinder sprechen teilweise schon sehr gut deutsch. Nach nun acht Jahren seien die Containeranlagen auch nicht mehr gut bewohnbar. Man müsse nach vorn schauen. Die Anfangszeiten 2016 waren etwas turbulent, aber mittlerweile sei es sehr ruhig geworden. Sie bat die Anwesenden: „Bitte helfen wir alle zusammen“.

Auf die Frage eines Bürgers nach der Anzahl der Polizeieinsätze, erklärte der Leiter der Polizeiinspektion Wasserburg, Markus Steinmaßl, dass diese im Laufe der Jahr sehr stark zurückgegangen seien. So gab es im Jahr 2022 nur einen Einsatz. Aber auch in den etwas turbulenteren Anfangsjahren, waren die Vergehen immer zwischen den Bewohnern. Er bat die Anwesenden, bei Problemen, jederzeit die Polizei zu verständigen. Die Polizei sei dazu da, alle Menschen zu schützen.

Monika Bacher, die ebenfalls dem Helferkreis angehört, berichtete von den schwierigen Anfangszeiten und 35 Helfern zu dieser Zeit. Mittlerweile seien es nur noch zehn, die mithelfen. Sie gehe davon aus, dass man mit dem Seecafé und den Containern über 100 Asylanten am Ort haben werde und wünschte sich, dass sich wieder mehr Leute beim Helferkreis melden. „Helfen wir alle zusammen, nur so schaffen wir es“.

Thomas Langer verwies darauf, dass das Gebäude des Seecafés nicht in bestem baulichen Zustand sei, unter anderem mit Schimmelbildung und fragte, ob die Entwässerung gegeben sei.

Otto Lederer erklärte, dass das Gebäude natürlich nutzbar sein müsse, bevor jemand einziehe. Seine Mitarbeiter schauen sich das genau an. Bürgermeister Weber fügte an, dass die Entwässerung kein Problem sei, es werde aber nochmal alles geprüft. Wenn Bedenken aufkämen, werde eine entsprechende Stellungnahme an das Landratsamt abgegeben.

Am kommenden Dienstag werde das Thema nochmal im Gemeinderat behandelt.

Abschließend erklärte Thomas Weber, dass es den Bürgern und unmittelbaren Nachbarn sehr wichtig sei, dass Familien ins Seecafé ziehen. Er bedankte sich bei allen Anwesenden und schloss mit den Worten „Wir müssen das Beste draus machen“.

TANJA GEIDOBLER / Fotos: Oberpriller/Geidobler