Mehrere Beschlüsse gestern dazu - Erstaufnahme-Einrichtung Riegel vorgeschoben

Es war geradeu ein „Bürokratie-Monster“, das die Gemeindeverwaltung und nun am gestrigen Abend auch der Gemeinderat in Rott zu bewältigen hatten – einschließlich aller Besucher im voll besetzten Sitzungsraum des Rathauses bei ihrem Zuhören: Tagesordnungspunkt zwei, drei, vier, fünf und sechs waren in epischer Breite notwendig, um eins zu erreichen:

Langfristig und zukunftsorientiert das Gewerbegebiet für die Gemeinde Rott sicherzustellen und weiterentwickeln zu können. Es zu stärken. Eine Unter-Schutz-Stellung für den Wirtschaftsfaktor Gewerbe einer Ortschaft: Die wurde vom Gremium in Rott in allen Punkten und allen Beschlüssen zum Gebiet am Eckfeld einstimmig gefasst.

Baurechtlich wurde damit dem Vorhaben des Landratsamtes, im Rotter Gewerbegebiet am Eckfeld eine Erstaufnahme-Einrichtung für 500 Flüchtlinge (wir berichteten) einzurichten, nun erst einmal ein großer Riegel vorgeschoben. Denn aus baurechtlicher Sicht können nun dort zwei bis drei Jahre lang Bauanträge zurückgestellt werden.

Am Eckfeld dem Gewerbe optimale Bedingungen zu bieten, genau diesen Weg habe Rott von Beginn an seit Jahren so verfolgt, betonte Bürgermeister Daniel Wendrock. Somit ging es auch gestern in den Beschlüssen primär darum, dass die Unternehmer konfliktfrei in jeder Hinsicht planen können am Eckfeld. Im Namen ihrer jeweiligen Firma, im Namen der Zukunft der gewerblichen Betriebe in Rott, erläuterte Wendrock.

Da spielte es für gefühlt niemanden im Raum eine Rolle, dass seitenweise Formelles durchgeackert werden musste, wie die Erstellung eines Rahmenplans sowie diverse Aufstellungsbeschlüsse zur Änderung des Bebauungsplans am Eckfeld mit jeweils verschiedenen Teilbereichen.

Allesamt mündeten gestern dann in dem Erlass einer Veränderungssperre für den Bebauungsplan im Teilbereich, der auch das Vorhaben des Landkreises betrifft.

Zur Seite standen in der Gemeinderats-Sitzung gestern in Rott beratend der Städteplaner Otto Kurz sowie Rechtsanwalt Jürgen Greß, beide aus der Landeshauptstadt München.

Unter den zahlreichen Zuhörern im Raum waren auch einige Vertreter der neu gegründeten Bürgerinitiative „Rott rot(t)iert“, die seit Tagen zum Thema Erstaufnahme-Einrichtung eine Petition – gerichtet an Landrat Otto Lederer – bereits laufen hat (wir berichteten). Mit nun schon knapp 3000 Unterschriften aktuell.

Aufgrund der bisherigen und aktuellen Entwicklungen drohe verstärkt eine Zweckentfremdung der festgesetzten Gewerbeflächen, so der Tenor des Abends. Explizit ausgeschlossen wurden bei den Bebauungsplan-Änderungen am Eckfeld nun Wohn-Nutzungen und auch Nutzungen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke. Die Betonung lag dabei immer wieder auch bei den Beiträgen der Rotter Gemeinderäte quer durch alle Fraktionen auf der Stärkung, der Unter-Schutz-Stellung des Wirtschaftsfaktors Gewerbe in Rott.

Regeln für optimale Bedingungen für Unternehmer

Aktuell beabsichtigt der Landkreis Rosenheim bekanntermaßen, in den leerstehenden Gewerbehallen am Eckfeld 10 eine große Flüchtlings-Unterkunft einzurichten. Für bis zu 500 Menschen, die dort leben sollen. Die mit Baugenehmigung vom 31. Januar heuer genehmigte Nutzung als Gewerbehof werde somit nicht umgesetzt …
Die Gemeinde Rott sieht hier städtebaulichen Handlungsbedarf, da durch die bereits vorhandenen Wohnnutzungen, die in den letzten zwei Jahre beantragten Baugenehmigungen für weitere Wohnnutzungen und die beabsichtigte Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft die allgemeine Zweckbestimmung des festgesetzten Gewerbegebietes klar beeinträchtigt werde.

Ein Planungsziel der Gemeinde sei es, durch die Änderungen des bestehenden Bebauungsplans nun Nutzungen zu vermeiden, mit denen die vorhandenen, gewerblichen Nutzungen in Konflikt stehen können. Das Ziel: Den Ausschluss von Wohnnutzungen und Nutzungen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zu regeln. Damit solle eine Stärkung der gewerblichen Nutzungen erreicht werden.
Der Ausschluss von Anlagen für kirchliche, kulturelle und gesundheitliche Zwecke soll aufgrund ihrer Störempfindlichkeit und aufgrund des Störpotentials in einem Gewerbegebiet geregelt werden, um Konflikte mit den bestehenden und zugelassenen, gewerblichen Nutzungen zu vermeiden.

Der Ausschluss von Anlagen für soziale Zwecke soll geregelt werden, da eine solche Nutzung schwerpunktmäßig dem Aufenthalt und Wohnen von Menschen diene.
Für vorhandene und genehmigte Wohnnutzungen sollen bestandswahrende Regelungen getroffen und festgesetzt werden.

Weiteren städtebaulichen Handlungsbedarf sieht die Gemeinde Rott aufgrund bisher fehlender, konkreter Festsetzungen in dem entsprechenden Bebauungsplan in Bezug auf die Nachschärfung und Optimierung wie Realisierung eines Lärmschutz-Konzeptes für das Plangebiet. Das Gewerbegebiet solle als Standort für produzierende Unternehmen, Handwerker-Betriebe und Dienstleistungs-Betriebe optimiert und weiterentwickelt werden.

Ein weiteres Planungsziel ist neben dem Schutz des vorhandenen Gewerbes eine sinnvolle Nachverdichtung und die Förderung einer klima-optimierten und flächeneffizienten Nutzung des Gebietes. Möglichkeiten zur Energiegewinnung auf Dachflächen und Fassaden sollen gefördert werden.

Mit dem Blick auf das Gewerbegebiet am Eckfeld will Rott genau dort seinen Weg für Unternehmer weitergehen und zwar genau so, wie in der Vergangenheit auch.

Ja, es sei möglich, dass der Landkreis, der seit Wochen nun offenbar schon nicht zu knapp Miete an den Vermieter am Eckfeld zu bezahlen hat, dagegen klagen werde, räumte Rechtsanwalt Jürgen Greß am gestrigen Abend ein.

Aber Rott könne in seinen Augen ganz klar davon ausgehen, dass alles rechtsmäßig sei. Schließlich bewege sich die Gemeinde genau da, wo sie sich – unabhängig von allem – bereits seit Jahren bewege. Und das nachweislich …

Nicht zu vergessen: In Rott haben nach der Flüchtlingskrise 2015 bis zum heutigen Tag etwa 100 Flüchtlinge eine wahre, neue Heimat gefunden. Sie sind dank großartigen Engagements der Rotter Bürger von Beginn an dezentral untergebracht worden – das heißt, ohne irgendwelche abgelegenen Container-Anlagen. Gelebte Integration beispielhaft für den ganzen Landkreis.