Schon zur Pause war klar: Trio Wong-Richardson-Bufler - ein Rathauskonzerte-Highlight

Die Wasserburger Rathauskonzerte feiern heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Bereits Ende des vergangenen Jahres hatte der Kulturreferent des Landkreises Rosenheim, Christoph Maier-Gehring, angekündigt, dass man sich anlässlich dieses Jubiläums auf besondere Konzerte freuen dürfte. Mit dem Klaviertrio Wong – Richardson – Bufler ist ihm nun eine Verpflichtung gelungen, die Beeindruckendes zu vermitteln wusste.

Eliza Wong ist in den USA geboren und aufgewachsen und wurde sehr schnell mit dem Violinspiel vertraut. Bereits im Alter von zwei Jahren begann sie mit dem Spiel auf der Geige. Ihren Master erwarb sie nach Schule und Studium an der Juillard School in New York. Derzeit ist sie Violin-Akademistin im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.

Sie musiziert gemeinsam mit Anne Richardson. Auch sie stammt aus den USA. Im Alter von sechs Jahren begann sie Violoncello zu spielen. Auch sie schloss ihr Studium an der Juillard-School ab und seit März 2020 ist sie ebenfalls Akademistin des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks.

Den Wasserburgern dürfte aber eher Johanna Bufler, die bis 2015 in Wasserburg lebte und hier zur Schule ging, bekannt sein. Als sie 13 Jahre alt war, erhielt sie, die bereits im Alter von sieben Jahren am Mozarteum in Salzburg aufgenommen wurde, den Kulturförderpreis des Landkreises Rosenheim. 2015 zog sie nach New York und erwarb  in den USA Studienabschlüsse an der Juillard School und der Yale University. Derzeit studiert sie neben ihrem Engagement als Pianistin Humanmedizin. Sie gilt als begeisterte Kammermusikerin und hat bereits mehrere Klaviertrios eingespielt.

Auf dem Programm standen an diesem Abend von Franz Schubert das Klaviertrio Nr. 1 in B-Dur, in dem Schubert sich an der Form der klassischen Symphonie orientierte. Im ersten Satz, der in der klassischen Sonatenform gestaltet ist, bezauberte Johanna Bufler ihr Publikum durch eine überzeugende Leichtigkeit am Piano. Der zweite Satz, „Andante un poco mosso“ wurde gerade von Anne Richardson am Violoncello mit einem hohen Maß an Einfühlungsvermögen vorgetragen, das das Publikum zu faszinieren wusste. „Un poco mosso“, also ein bisschen bewegt, war man aber nicht, man war sehr bewegt. Denn auch der dritte Satz, das „Scherzo: Allegro“, in der Form des klassischen Menuetts im 3/4-Takt gestaltet und der vierte Satz, das „Rondo Allegro vivace“ orientierten sich an der klassischen Symphonie und überzeugten das Publikum an diesem Abend in besonderer Weise.

In ihren einführenden Worten hatte Johanna Bufler bereits angekündigt, dass dieser Abend eine Reise darstelle, die länger als gewohnt dauern werde. Nach Schuberts Klaviertrio war es bereits 21 Uhr, das Publikum hatte es kaum gemerkt, so angetan war man von der Darbietung, als die drei Solistinnen mit Antonin Dvoráks „Klaviertrio Nr. 3 in f-moll“ aufwarteten.

Dieses Werk ist kaum weniger bekannt als jenes von Schubert, sind doch von den sechs Klaviertrios, die der tschechische Komponist geschrieben hat, nur vier erhalten.Und das Trio in f-Moll, op.65, aus dem Jahr 1883, dürfte wohl das ehrgeizigste und strukturell bedeutendste sein. Seine Dramatik, sein dichter, an Brahms orientierter Klaviersatz und nicht zuletzt seine Länge von ungefähr 40 Minuten geben dem Stück symphonisches Gewicht. Für das Violoncello war sicher der dritte Satz „Poco adagio“ eine gewisse Herausforderung, der sich Anne Richardson aber exzellent stellte. Ihr stets sauber gezogener, getragener Strich nahm die Zuhörerschaft mit und faszinierte das Publikum sehr. Und Eliza Wong wusste durch ihre verspielt anmutende Darbietung das Auditorium zu begeistern. Johanna Bufler, stets hochkonzentriert, dabei anmutige Leichtigkeit vermittelnd, begeisterte durch ihre präzise Kombination aus getragenem und munter aufspielendem Tempo. Als das Publikum die drei Musikerinnen in die Pause applaudierte, waren alle überzeugt: Dieses Konzert ist ein „Highlight“ im Jubiläumsjahr der Rathauskonzerte.

Tschaikowsky widerlegt sich selbst – Trio zeigt große Hingabe

Nach der Pause ging es weiter mit Peter Tschaikowskys Klaviertrio in a-moll, das Tschaikowsky in Rom im Winter 1881/82 komponiert hatte. Dieses Stück, es besteht aus drei Sätzen, mag als ein Höhepunkt elegischer Stimmungsmalerei der Romantik gelten.
Das Klaviertrio Wong-Richardson-Bufler spielte aber nicht nur die drei Sätze des Klaviertrios, sondern auch die zwölf Variationen, die Tschaikowsky zu diesem Trio komponiert hatte. Tschaikowsky hatte die Gattung des Klaviertrios lange Zeit kategorisch abgelehnt. So hatte er noch 1880 an seine Gönnerin Nadeschda von Meck geschrieben: „Sie fragen mich, warum ich kein Trio komponiere? Verzeihen Sie, meine liebe Freundin, so gerne würde ich Ihren Wunsch erfüllen, doch das übersteigt meine Kräfte. Wohl infolge der Beschaffenheit meiner Hörorgane vertrage ich die Verbindung von Klavier, Geige und Cello nicht. Mir scheint, daß diese Klangfarben nicht miteinander harmonieren, und ich versichere Ihnen, daß es für mich eine Qual ist, ein Trio oder eine Sonate mit Geige und Cello zu hören.“
Umso mehr nimmt es wunder, dass Tschaikowsky ein derart wunderbares Werk schuf, das nun, in voller Länge, den Zuhörern im Rathaussaal dargeboten wurde. 45 Minuten sollte es dauern, bestehend nur aus zwei Sätzen mit Coda und eben den zwölf Variationen des Themas. Mit diesem Klaviertrio hat Tschaikowsky seine eigenen kritischen Einschätzungen zu dieser Gattung selbst widerlegt.
Mit seiner Widmung „À la mémoire d’un grande artiste!“ dürfte wohl der Pianist Nikolaj Rubinstein gemeint sein. Welche Episoden aus Rubinsteins Leben mit den zwölf Variationen beschrieben werden sollen, ist aber bis heute leider nicht genau bekannt.

Das Klaviertrio spielte auch dieses Werk mit großer Hingabe, höchster Konzentration und außergewöhnlich hoher Präzision und Musikalität. Dass Eliza Wong, Anne Richardson und Johanna Bufler am Ende des Konzerts, immerhin war es fast 23 Uhr, keine Zugabe spielten, nahm das Publikum mit großem Verständnis zur Kenntnis, wenngleich mancher sich über eine kleine Zugabe gefreut haben dürfte, denn die Zeit ist an diesem Abend förmlich verflogen.

Mit diesem Konzert können die Rathauskonzerte in Wasserburg einmal mehr einen sehr großen Erfolg für das Wasserburger Kulturleben verbuchen. Der fast ausverkaufte Rathaussaal legte davon beredt Zeugnis ab.

Peter Rink