Wie eigentlich unterstützen Arbeitsagentur und Jobcenter die geflüchteten Menschen?

Wie eigentlich unterstützen Arbeitsagentur und Jobcenter die Menschen, die aus anderen Ländern in die Region kommen? Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Rosenheim, Dr. Nicole Cujai, nimmt den Weltflüchtlingstag am kommenden Freitag, 20. Juni, zum Anlass, einen Blick darauf zu werfen … 

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei im deutschlandweiten Vergleich weiterhin gut in der Region. In Wirtschaftsbereichen wie der Gesundheit und der Pflege, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder dem Bau seien Arbeitgebende geradezu auf den Zuzug von Arbeits- und Fachkräften aus dem Ausland angewiesen, um den Personalbedarf zu decken.

Dr. Nicole Cujai sagt:

„Seitdem vor zehn Jahren eine große Zahl Geflüchteter nach Deutschland kam, haben wir unsere Dienstleistungen und Netzwerke verstärkt
darauf ausgerichtet, Menschen zu beraten und zu unterstützen, die aus anderen Ländern in unsere Region kommen und eine Arbeit suchen. Seit 2015 haben sich viele Frauen und Männer mit Fluchthintergrund bei der Agentur für Arbeit und den Jobcentern gemeldet und auch wieder abgemeldet, weil sie eine Arbeit
aufgenommen haben. Dass der Arbeitsmarkt in der Region auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen ist, zeigt auch die Entwicklung der
sozialversicherungs-pflichtigen Beschäftigung in den vergangenen zehn Jahren …

Im Vergleich 30. Juni 2014 und 2024:

Während sie in unserem Agenturbezirk insgesamt um 16 Prozent zugenommen hat, ist der Anteil von Beschäftigten mit ausländischem Pass, der zuletzt bei 38.750 Personen lag, um 81 Prozent angestiegen.

Die zweitgenannte Gruppe umfasst Menschen, die im Zuge der Fachkräfte-Einwanderung gekommen sind, genauso wie Geflüchtete mit Arbeitsmarktzugang sowie Menschen, die in Deutschland geboren sind oder bereits sehr lange hier leben, aber keine deutsche Staatsangehörigkeit haben.

2.150 Beschäftigte mit ausländischem Pass (Stand 30. Juni 2024) und damit mehr als zehn Mal so viele wie zehn Jahre zuvor, stammten aus den acht nicht europäischen
Asyl-Herkunftsländern Afghanistan, Syrien, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan und Somalia, die zusammen einen Großteil der in unsere Region geflüchteten
Menschen ausmachen. Hinzu kamen zu dem Zeitpunkt 1.060 Beschäftigte mit ukrainischer Staatsbürgerschaft, deren Anteil kontinuierlich zunimmt.“

Annette Jameson-Miller betreut bei der Agentur für Arbeit in Rosenheim als Arbeitsvermittlerin Menschen mit Fluchthintergrund, die den Status „Duldung“ oder „Gestattung“ haben.

„Bei mir sind Kunden aus Nigeria, Afghanistan, Marokko, Uganda, Kongo, Jemen und Jordanien gemeldet. Ich spreche mit jeder einzelnen Person über deren individuelle Situation und berate sie bei Bedarf über Weiterbildungs-Möglichkeiten bis zum Berufsabschluss. In Afrika sieht das
Ausbildungssystem zum Beispiel keine abgeschlossene Berufsausbildung vor – Studiengänge ausgenommen.

Zudem stelle ich Berechtigungsscheine zur Teilnahme an berufsbezogenen Deutschkursen aus. Sobald die Personen eine Arbeitserlaubnis haben, werden sie durch die  Kollegen betreut, die auf den Berufsbereich spezialisiert sind, in dem sie nach einer Stelle suchen. Wenn alle Voraussetzungen für die Arbeitsaufnahme geschaffen sind, helfen wir bei der Erstellung von Bewerbungen und der Suche nach Stellenangeboten“, erklärt Jameson-Miller.

Sie erinnert sich gerne an die Erfolgsgeschichte einer jungen Frau,
die sie beim Erwerb von Deutschkenntnissen unterstützt habe.

„Diese hat sich nun
Jahre später wieder gemeldet und mir mitgeteilt, dass sie im Anschluss daran
zunächst eine Ausbildung zur Altenpflegehelferin und anschließend eine zur
Krankenschwester abgeschlossen hat. Und nun beginnt sie ein berufsbegleitendes
Studium zur Medizinpädagogin. Das ist doch ein schönes Beispiel, was alles möglich ist“, so Jameson-Miller.

Martin Morczinietz ist als Berufsberater einer der Ansprechpartner für Schülerinnen und Schüler, die in unsere Region flüchten.

„Auch bei uns sind ausführliche Gespräche das A und O, um die jungen Menschen dabei zu unterstützen den beruflichen Weg zu finden. Die Burschen und Mädchen (mit unter 18 Jahren sind sie noch schulpflichtig) können eine Berufsintegrationsklasse besuchen, in der sie im ersten Schuljahr noch vermehrt Deutsch lernen und im zweiten Schuljahr Praktika machen. Dies ist dann häufig der Türöffner für den späteren Ausbildungsplatz. Wenn die Sprachkenntnisse schon ausreichend sind, unterstützen wir sie bei ihren Bewerbungen und der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Die Eigenmotivation ist neben den Deutschkenntnissen DER große Faktor. Nur wer sich auch einlässt auf die Situation und seinen Part angeht, kann erfolgreich durchstarten“, erklärt Morczinietz.

Er erinnert sich an die Geschichte einer jungen Frau, die ihm imponiert habe:

„Sie kam zu mir und hatte von sich aus schon alles auf den Weg gebracht. Sie
hat viel Arbeit und Anstrengung in ihre Bewerbungen gesteckt und wollte sich bei mir
noch rückversichern, dass sie nichts vergessen habe, da sie in zwei Stunden ein
Vorstellungsgespräch in München habe. Die junge Frau war so top vorbereitet, dass
ich ihr nur viel Erfolg dafür wünschen konnte. Vier Stunden später rief sie dann an
und sagte, dass sie ihren Ausbildungsplatz als Versicherungskauffrau bekommen habe“, erzählt er.

Dr. Cujai betont in diesem Zusammenhang abschließend wie wichtig der Kontakt zu Netzwerkpartnern sei:

„Die Kolleginnen und Kollegen stehen in regelmäßigem Austausch mit Ansprechpersonen vom Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF), das Sprach- und Integrationskurse anbietet, sowie zu Bildungsträgern. Zudem nehmen sie regelmäßig an Workshops teil, um sich über die Anerkennungsverfahren von Ausbildungen und Zeugnissen von Flüchtlingen zu informieren.

In unseren Jobcentern werden zudem diejenigen Geflüchteten betreut, die einen Arbeitsmarktzugang und Anspruch auf Bürgergeld haben. Hier leisten die
Kolleginnen und Kollegen eine umfassende Integrationsarbeit. An dieser Stelle möchte ich die gute Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden und
Sozialverbänden wie beispielsweise der Arbeiterwohlfahrt, der Diakonie und der Caritas hervorheben. Das Zusammenspiel aller ist wichtig, damit die langfristige Integration des Einzelnen in den Arbeitsmarkt gelingt und eine den Kenntnissen und Erfahrungen entsprechende berufliche Biographie in Deutschland möglich ist“, sagt sie.

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