Spannender Vortrag über das Wasserburger Gesundheitswesen vor 1800

Schon im Mittelalter differenzierten sich überall in Deutschland eine Reihe von spezialisierten Heilberufen aus. In den Quellen des Stadtarchivs lassen sich seit dem 15. Jahrhundert viele Spuren dieser medizinisch tätigen Frauen und Männer finden. Den aktuellen Kenntnisstand über die Arbeit der Wasserburger Ärzte, Apotheker, Bader und Hebammen stellte der Historiker Dr. Christoph Nonnast aus Jena Mitgliedern des Heimatvereins im Gimpelkeller vor.

Nonnast führte aus, dass es zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert schätzungsweise 2.000 Einwohner in Wasserburg gab. Ab 1590 gab es in Wasserburg durchgängig einen Arzt, vorher war dies nicht immer der Fall.

Dr. Georg Prunmair war 1623 Arzt und schrieb damals einen Brief, mit der Bitte um bessere Bezahlung, an den Stadtrat. Er erklärte darin, dass der Lohn von 100 Gulden zu wenig seien, da bereits die Hälfte für Zinsen und Lohn weg gehen. Das Schreiben hatte tatsächlich Erfolg und der Lohn erhöhte sich auf 125 Gulden.
Interessant war auch, dass Prunmair schrieb, die wenigsten Bürger gehen zum Arzt, weil die Kosten zu hoch seien.

Ärzte hatten damals auch keine Praxisräume, sondern kamen zu den Patienten nach Hause. Der Wasserburger Arzt hatte auch noch eine andere Aufgaben, beispielsweise die Kontrolle der untergeordneten Berufsgruppen und die Apothekenaufsicht. Streitereien gab es wohl oft zwischen Arzt und Apotheker.

Apotheker waren früher zuerst Angestellte des Arztes, später wurden sie eigenständig. Gewirtschaftet hat der Apotheker auf eigenes Risiko und er hatte viel Konkurrenz.

Seit 1609 gibt es eine lückenlose Belegung, dass in Wasserburg immer ein Apotheker da war. Dr. Christoph Nonnast verwies auf einen Fall im Jahr 1634, als ein Wasserburger Apotheker behauptete, er könne das Fleckfieber heilen. „Hier gab es gleich eine Rüge, weil er als Apotheker nicht das Recht hat, sich in ärztliche Angelegenheiten einzumischen“.

Eine weitere Berufsgruppe stellten die Bader da, um 1600 nannten sie sich noch Wundärzte. Zu ihren Aufgaben zählten außerdem das Bart- und Haare schneiden (Barbiere) und das Baden.

Überliefert ist, dass im Jahr 1405 Peter dem Bader ein Bad an der Flosslente von Hans der Plodel und Hainrich Sneider, beides Wasserburger Bürger, verkauft wurde.

Baden wurde im Mittelalter generell sehr gut angenommen, gerade auch bei Seuchen. In Wasserburg gab es insgesamt fünf Bäder. Später nahm das Baden ab, deshalb suchten sich die Bader andere Betätigungsmöglichkeiten wie Aderlass, Schröpfen oder Zähne ziehen.

1609 wurde ein Wasserburger Bader für zwei Jahre der Stadt verwiesen, weil bei seinen Schröpfmethoden viele Entzündungen entstanden sind.
Nonnast führte aus, dass die Bader als „Ärzte des kleinen Mannes“ zu sehen waren, allerdings durften diese keine Medikamente verordnen. Der medizinische Zweig der Bader stirbt zirka im 19. Jahrhundert aus, übrig blieb das Barbiergewerbe, die Frisöre.

Ein ebenfalls früh nachgewiesener Berufszweig ist der der Hebammen, eine Besonderheit, denn Frauen durften damals außer in Wäschereien oder Nähereien nicht arbeiten. Hebammen genossen ein hohes Ansehen und wurden in Wasserburg von der Stadt bezahlt. Gesucht waren erfahrene Frauen in höherem Alter, die selbst auch Kinder hatten. In Wasserburg gab es im 17. und 18. Jahrhundert meistens sogar zwei Hebammen.

„Zusammenfassend kann man sagen, dass der Arzt ein sehr hohes Ansehen hatte, die Hebamme etwas weniger und der Bader war eher ein ärmliches Gewerbe“, schloss Dr. Christoph Nonnast seinen Vortrag, bevor er noch Fragen aus dem Publikum beantwortete. Der Stadtarchivar und geschäftsführende Vorsitzende Matthias Haupt bedankte sich für den sehr interessanten Vortrag.

TANJA GEIDOBLER