Erste „Meet the Ref“-Veranstaltung in Wasserburg macht Lust auf mehr

Der Dialog zwischen Schiedsrichtern und Fußballern findet auf dem Spielfeld (zu) oft in erregtem Zustand statt. Außerhalb des Fußballplatzes kommt es zwischen den Unparteiischen und den Kickern hingegen eher selten zu einem Austausch. Diesem Mangel an Kommunikation soll die von der Landeszentrale für politische Bildung Bayern sowie der Philipp-Lahm-Stiftung begleitete Veranstaltungsreihe „Meet the Ref“ Abhilfe schaffen. Der TSV 1880 Wasserburg beteiligte sich an diesem Projekt und organisierte folglich letztens eine solche Veranstaltung, zu der einige Referees, aber wenig aktive Fußballer aus der Region ihren Weg fanden. Dafür diskutierten in der von Tim Frohwein geleiteten Gesprächsrunde ehemalige Wasserburger Fußballer umso eifriger mit, wodurch ein reger und gewinnbringender Austausch entstand.

Josef Kurzmeier (Gruppen-Schiedsrichterobmann Inn/Salzach) sprach von einer „gelungenen Veranstaltung“ und auch Frohwein dankte den ausrichtenden Löwen sowie allen Teilnehmern. Als Gäste auf dem Podium wurden in der Altstadt Schiedsrichterforscherin Dr. Thaya Vester von der Universität Tübingen und der aktive Spielleiter Farras Fathi (SV Stadtwerke München), der aus dem Nähkästchen über seine persönlichen Erfahrungen sprach, begrüßt. Nach einer kurzen digitalen Fragerunde über das Schiedsrichterwesen stellte Vester aktuelle Forschungsergebnisse zu Gewalt und Diskriminierung im Fußball vor und konstatierte, dass seit Corona mehr Spielabbrüche zu verzeichnen seien. „Der Fußball hat ein Gewaltproblem“, lautete eine These, die in der Debatte allerdings zu einem „Gesellschaftsproblem“ umgedeutet wurde, da der Fußball aufgrund seiner Breitenwirksamkeit ein Spiegelbild eben jener sei.

Da sich außerdem eine zwölfjährige Schiedsrichterin im Plenum befand, wurde der Fokus auch auf die Anzahl aktiver weiblicher Referees und Schiedsrichtergewinnung gelenkt. Eine junges Mädchen in dieser Position hat in Deutschland auch heute noch Seltenheitswert, da hierzulande nur knapp drei Prozent aller Unparteiischen Frauen sind – eine Quote, die deutlich unter dem weiblichen Anteil der Mitglieder des Deutschen Fußballbundes liegt. Fachkräftemangel herrscht in Deutschland offensichtlich nicht nur im Handwerk oder der Pflege, sondern auch im Schiedsrichterwesen. Insgesamt ist zu verzeichnen, dass in den vergangenen Jahren immer weniger Menschen Spiele pfeifen wollen. Durch ein Patensystem will der Verband hier gegensteuern. Dies allein wird aber nicht reichen, um den Schwund aufzuhalten oder gar zu umzukehren.

Abschließend waren sich alle Teilnehmer einig, dass der Dialog zwischen Schiedsrichtern und Aktiven noch mehr gesucht werden soll, da alle denselben Sport lieben und ausüben. Die Blickwinkel sind jedoch meist verschieden, was Tim Frohwein im Schlusswort konzis zusammenfasste: „Die Veranstaltung beim TSV 1880 Wasserburg hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Beteiligten im Amateurfußball – Schiris, Spieler, Publikum – in entspannter Atmosphäre miteinander ins Gespräch kommen. So kann ein besseres Verständnis für die Perspektive des anderen entwickelt werden.“

jah

Das Foto oben zeigt von links Tim Frohwein (Soziologe), Dr. Thaya Vester (Schiedsrichterforscherin) und Farras Fathi (aktiver Schiedsrichter).