Geschäfte klagen wegen fehlender Kunden - Opfer wagten Neustart

Der Brand eines Hauses in der Wasserburger Altstadt gilt als eines der bewegenden tragischen Ereignisse im Altlandkreis aus dem Jahr 2023 . Viel wurde darüber berichtet. Vom hohen Schaden, dem Tatverdächtigen, der mittlerweile wegen Brandstiftung zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurde. Auch das Schicksal der Opfer, die unverschuldet ihr Hab und Gut verloren haben, weil das Feuer am Weberzipfel mehrere Wohnungen völlig zerstört hatten. Keine Bleibe mehr, viele persönliche Dinge und Erinnerungen einfach weg. So erging es Sepp, der kurz nach dem Brand viel Unterstützung erlebt hatte.

Für die Geschäfte im direkten Bereich der Häuserreihe, die nach dem Brand durch das Gerüst, den Baucontainer und Absperrungen in Mitleidenschaft gezogen wurden, ist es nicht leicht, die Einbußen der vergangenen Monate überhaupt noch zu verkraften.

Fakt ist: Unterschiedlich gehen die Ladenbesitzer mit der reduzierten Sichtbarkeit ihrer Geschäfte um. Während in dem Lebensmittelgeschäft, das ohnehin erst wenige Monate vor dem Brand in unmittelbarer Nachbarschaft hier eröffnet hatte, keine neue Kundschaft auf den Laden aufmerksam wird, weil das Gerüst und die gefühlte „Standort-Meidung“ nur wenig Neukunden in den Weberzipfel führt, spricht auch die Inhaberin des Antiquitätenladens von einer sehr angespannten Lage. „Die Menschen sehen das Gerüst und merken gar nicht, dass da mittlerweile ein Durchgang benutzt werden kann“, betont die Geschäftsfrau. Die Ladenzeile am Weberzipfel sterbe größtenteils aus, weil die Schaufenster nicht mehr Blickfang seien, sondern weit dran vorbeigegangen werde. „Viele Monate stand direkt neben dem beschädigten Haus ein Baucontainer, nur gemacht hatten die Zuständigen nichts, der Container stand für alle im Weg, nur wenige benutzen überhaupt noch den Gehweg und bemerken unsere Läden“, moniert die Ladenbesitzerin weiter. Es sei ein Trauerspiel.

Joyce vom Laden für internationale Lebensmittel „Amango“ hadert seit Monaten mit dem Standort. „Es kommen einfach zu wenige Kunden zu mir“. Sie könnte sich vorstellen, ihr Geschäft möglicherweise an einem anderen Platz weiterzuführen. „Ich möchte neben den Stammkunden natürlich auch von Neukunden entdeckt werden“, gibt Joyce zu bedenken. Seit dem Brand nur wenige Meter neben ihrem Geschäft habe sich die Frequenz sehr verändert, viele meiden ihrer Ansicht nach den Weberzipfel. „Das ist einfach schade“.

Ohnehin tobt dort nicht das geschäftliche Leben, es ist Still geworden. Immer mehr Geschäfte schließen hier. Nur noch wenige sind bereit, hier weiter die Ladentür zu öffnen. „Er hat uns allen viel Leid zugefügt“, heißt es von einer Geschäftsfrau aus der nächsten Umgebung, als sie über den mittlerweile verurteilten Brandstifter spricht. Das Sanitätshaus hingegen ist nicht so stark auf Kunden, die am Laden vorbeischlendern angewiesen, es sei stets ein fokussierter Bedarf vorhanden, der einen Kundenkontakt im Sanitätsbereich beginnen lasse.

Aus der Wohnungslosigkeit in eine neue Hoffnung

Für die Opfer des Brandes, der einige Wohnungen völlig zerstörte, waren die Monate in diesem Jahr alles andere als leicht. „Es ist vieles verbrannt, was nicht mehr zu kaufen ist“, erinnert sich Sepp. Er ist einer derjenigen, der keine Kleidung, kein Bett, keine Erinnerungsbilder seiner Familie und auch keine Bleibe mehr hatte nach der Zerstörung aufgrund des Feuers.

Die Weihnachtstage konnte er dennoch im Kreise seiner Liebsten verbringen und gemeinsam mit seinem Sohn feiern. „Ich bin so froh, dass ich eine andere Wohnung beziehen konnte und jetzt Stück für Stück ein Neuanfang möglich wird“. Er habe alles verloren, eine Versicherung komme nicht für den Schaden auf. „Ich selbst habe keine Versicherung abgeschlossen und vom früheren Vermieter erhalte ich nichts, das ist schon bestätigt“, heißt es im Gespräch mit der Wasserburger Stimme. Er sei den vielen Helfern dankbar, dass er notwendige Artikel gespendet bekam und nun wieder ein eigenes Bett, eine Kommode, eine schöne Wohnung und Küchengeräte wie etwa eine Kaffeemaschine, Geschirr und Handtücher hat. „Dafür möchte ich mich nochmals herzlich bei den Geschäftsleuten bedanken“, betont Sepp. Er hat jahrelang am Weberzipfel gewohnt, doch von einer Sekunde auf die andere, stand er wohnungslos in der Altstadt und hatte nichts mehr. „Ich bin so froh, dass mich meine Freundin sehr unterstützt und für mich da ist“, zeigt sich Sepp sehr ergriffen.

Seit dem Brand-Geschehen reagiert er sensibel auf Sirenen oder das Tatütata, das grundsätzlich ja zum Stadtleben einfach dazugehört. Er schaue oft aus dem Fenster, um  „Auch mit Kerzen und Feuer habe ich durchaus Sorge“, erzählt Sepp weiter. Eine simple Kerze löse schon besonderen Respekt aus: Er möchte immer auf Nummer sicher gehen, dass die Kerze aus ist, wenn er die Wohnung verlässt, oder achtet sehr darauf, ja nicht einzuschlafen, wenn noch ein Stimmungslicht brennt. Obwohl es ja gar nichts mit der damaligen Ursache zu tun hat, wie das Großfeuer am Weberzipfel das Haus zerstörte, es bleibe ein prägender Moment.

Viele Wasserburger haben ihm geholfen und er ist den Menschen sehr dankbar. Bis er einen normalen Alltag leben könne, werde es sicherlich noch lange dauern. Doch er sei guter Dinge.

Während die Geschäfte am Weberzipfel um ihre Existenz fürchten und nur bedingt an der Standortsituation oder dem abhandengekommenen Einkaufsflair an der seit jeher bekannten Flanierstrecke aktiv etwas ändern können, ist der Rückblick auf das erschütternde Brandereignis, bei dem viele Feuerwehren aus dem Altlandkreis zusammengearbeitet hatten, um noch schlimmere Auswirkungen zu verhindern, immer noch sehr präsent. Die einstigen Bewohner des ausgebrannten Wohnhaus-Bereichs haben einschneidende Monate hinter sich, kämpfen sich zurück in den Alltag, bauen neue Existenzen auf und hoffen auf schöne Momente, um die schlimmen Erinnerungen zu verdrängen. Derweil saß der Tatverdächtige einige Monate in Untersuchungshaft und wurde kürzlich zu acht Jahren Haft verurteilt.