Auftritte des bekannten Wasserburger Bach-Chors mit barocker und romantischer Musik - Publikum begeistert

Nach dem brillanten Comeback im Juli dieses Jahres bewiesen der Bach-Chor und seine nie ermüdende Leiterin Angelica Heder-Loosli kürzlich ein zweites Mal nachdrücklich ihre vital-künstlerische Präsenz.

Im Wasserburger Rathaussaal und in der Pfarrkirche Rott glänzten sie mit einem Programm, das in stürmischem Enthusiasmus als „Friedenskonzert“ angekündigt wurde. „Verleih uns Frieden gnädiglich“ – so begann denn auch das 5-stimmige Vokalensemble, begleitet nur vom Basso continuo. Heinrich Schütz, der vollinhaltlich den 30-jährigen Krieg miterleben musste, gab seiner Sehnsucht nach Frieden ein kraftvoll unsentimentales Klanggewand. Roswitha Schmelzl, Christine und Hermann Oswald, Luitgard Hamberger und Herbert Dobl brachten in fein abgestimmter Harmonie diese scheinbar alte Musik mühelos ins Hier und Heute. Heinrich Schütz war der erste Block des Programms gewidmet. Die fünf Psalmvertonungen hatte Angelica Heder-Loosli zum dramaturgisch schlüssigen Spannungsbogen gebündelt: Bitte, Jubel , Verzagtheit, Zuversicht und Vertrauen ließen diese Stücke zur Einheit verschmelzen.

Das Publikum fühlte, hier wird unsere Sache zur Sprache gebracht. Diese herrliche Musik trifft uns ins Herz und ist beileibe kein nur verehrungswürdiges Bildungsgut. Zur Beseeltheit trugen in „Der Herr ist mein Hirt“ und „Ich hebe meine Augen auf“ auch die beiden Soloviolinen von Marija Hackl und Angela Büsel mit sensibler Virtuosität bei. Zwei seidenweiche kurze Stücke, diesmal für Chor und Orchester, des äußerst beliebten britischen Zeitgenossen John Rutter („The peace of God“ und „Go forth into the world in peace“) bildeten quasi das Intermezzo, das zum zweiten großen Teil des Abends überleitete, zur Musik Felix Mendelssohn Bartholdys. Wieder intonierte der Chor programmatisch „Verleih uns Frieden gnädiglich“, ein Thema, das auch die Romantik bedrängte! Die folgenden Psalmen steigerten sich bis zum berühmten Psalm 42 „Wie der Hirsch schreit, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.“ Eine Fassung für Kammerorchester passte sich den akustischen Gegebenheiten des Wasserburger Rathaussaals an und ermöglichte ein transparentes Klangbild. Der auch zahlenmäßig imposante Bach-Chor imponierte im Tutti durch eine delikat leuchtende Klangfülle, die jedoch nie „klumpte“. Frauen- und Männerstimmen, wenn sie exponiert zu hören waren, hielten couragiert die Spannung und eine geschmeidige Deklamation.

Die maximale Textverständlichkeit trug nicht unwesentlich zum innigen Kontakt mit dem Publikum bei – die tröstliche Botschaft war ja ein Hauptanliegen des Konzerts. Das Ohrwurm-Motiv in der SchlussFuge „Harre auf Gott!“ erwies sich als Motor, der dieses Finale mächtig dem krönenden Höhepunkt zutrieb. Dirigentin, Chor, Bach-Collegium und die Vokalsolisten hatten dieses Konzert zu einem kulturellen Highlight werden lassen.

Die Qualitätssicherung ist gelungen, die Truppen von Angelica Heder-Loosli sitzen fest im Sattel. Die Sopranistin Roswitha Schmelzl überzeugte mit ihrer prächtigen Stimme. Der abschließende Psalm 42 lebte wesentlich vom gestalterischen Potential dieser Sängerin. Mit klarer, auf hörbares Vibrato verzichtender Stimme und eindringlicher Suggestivkraft sprach sie unmittelbar alle Hörer an, ohne Mendelssohn zu versüßen.

Das Publikum honorierte diese besondere Leistung mit tosendem Beifall. Ein „Friedenskonzert“ kann diesen Frieden zwar nicht herbeizaubern, nicht einmal einen Waffenstillstand. Wieder einmal habe sich jedoch gezeigt, dass Kunst und Kultur doch keine beliebigen oder gar verzichtbaren Anhängsel der Zivilisation seien.

Walther Prokop