Gestern Abend gerichtlicher Stopp nach Eilanträgen: Keine Gefährdungssituation - Ministerin Kaniber bedauert den Entscheid

Der Wolf im Chiemgau (wir berichteten) – er darf NICHT abgeschossen werden! Das entschied das Verwaltungsgericht München am gestrigen Freitagabend in einem Eilverfahren zumindest vorläufig. Es hat damit den Eilanträgen des Bund Naturschutzes sowie der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe stattgegeben. Die beiden Organisationen hatten sich gegen die Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern gewandt.

Die zuständige Kammer am Verwaltungsgericht München sei nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen, summarischen Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die mittels Allgemeinverfügung erteilte Genehmigung zur ausnahmsweisen Entnahme – also Tötung des Wolfes (wir berichteten) – „voraussichtlich rechtswidrig“ sei. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache darf deshalb von der erteilten Abschussgenehmigung kein Gebrauch gemacht werden. Das teilte das Verwaltungsgericht mit.

Zur gestrigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München erklärte noch am Abend Michaela Kaniber, Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:

„Wir nehmen die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis. Allerdings bedauere ich sehr, dass das Gericht der Einschätzung der Expertenkommission zur Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht gefolgt ist.

Eine Gefährdung darf nicht erst dann gesehen werden, wenn wirklich etwas passiert ist. Politik muss die Sorgen und Ängste der betroffenen Menschen ernst nehmen und bei Gefahr auch präventiv handeln. Allerdings liegen jene völlig falsch, die mit dem Vorschlag der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht eine Lösung vorgaukeln. Das ist unseriös, denn mit dem Jagdrecht kann nicht der europäische Schutzstatus aufgehoben werden.

Nichts wäre gewonnen. Es zeigt sich vielmehr, dass die Bundesumweltministerin jetzt noch dringender die Frage des Schutzstatus und des staatenübergreifenden Monitorings angehen muss.

Als Ministerin, die sich für Weidehaltung stark macht, finde ich es unabhängig vom Urteil sehr betrüblich, dass Weidetieren, ihrem Wohlergehen und dem Leid der Bauern in der allgemeinen Debatte so wenig Wert beigemessen wird.“

Das Gericht gestern sieht das anders:

Eine Gefährdungssituation für die Gesundheit von Menschen oder die öffentliche Sicherheit im Sinne von § 45 Abs. 7 Nr. 4 Bundesnaturschutzgesetz, die eine sofortige Entnahme des Wolfes – eine Tötung – erfordere, sei nach Auffassung der Kammer derzeit nicht vorhanden.

Die aktuell feststellbare Gefährdungslage gebiete in erster Linie weitere Aufklärungsmaßnahmen und gegebenenfalls Besenderungs- und Vergrämungsmaßnahmen, rechtfertige aber nicht die sofortige Entnahme des Wolfes.

Aus keinem der bisher dokumentierten Vorfälle sei ersichtlich, dass sich der Wolf GW 2425m Menschen in einer nicht arttypischen Weise genähert hätte, insbesondere nicht in einer Art und Weise, die die Annahme einer Gefährdungslage nach der „4. Stufe“ des „Bayerischen Aktionsplan Wolf“ des Bayerischen Landesamtes für Umwelt rechtfertigen würde.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass es seit dem 19. Dezember 2021 – also seit über einem Monat – keine Erkenntnisse mehr über den Verbleib des Wolfes gebe. Es sei insbesondere nicht geklärt, ob sich der Wolf GW2425m oder andere Wölfe noch in dem maßgeblichen Gebiet im Chiemgau aufhielten.

Gegen die Entscheidungen kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.