Soldaten des Kreisverbandes Oberbayern-Südost beim gemeinsamen Wertungsschießen in Bad Reichenhall


Er umfasst die Landkreise Rosenheim, Traunstein, Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf und die Stadt Rosenheim und ist erste Anlaufstelle für 38 Reservistenkameradschaften mit mehr als 2.000 Mitgliedern im Südosten Bayerns – der Kreisverband Oberbayern-Südost im Verband der Reservisten der Bundeswehr mit Sitz in Traunstein.

Seine wichtigste Aufgabe: Beorderte und unbeorderte Reservisten nahe an der Truppe zu halten. Dazu finden wöchentlich Veranstaltungen statt – mal nur in Theorie oder online, oftmals aber auch zum praktischen Soldatenalltag. Wie kürzlich auf der Standortschießanlage Nesselgraben in Bad Reichenhall. An einem nasskalten Samstag fanden sich dazu frühmorgens rund 100 Freiwillige ein, um sich mit dem fundamentalen Handwerkszeug auseinanderzusetzen – dem Schießen mit dem Standardgewehr der Bundeswehr, der Pistole und der Maschinenpistole.

Es ist 7 Uhr morgens, dichte Nebelschwaden ziehen durch den Nesselgraben, einen tiefen Taleinschnitt bei Reichenhall. Männer und Frauen aus ganz Oberbayern sind in ihren Flecktarn-Anzügen angetreten. Sie kommen aus Rott, aus Maitenbeth bei Haag, aus Wasserburg, aus Bad Aibling, Siegsdorf, Piding, Neuötting oder Rosenheim. Ihre Berufe im zivilen Leben: Vom Busfahrer bis zum Herzchirurgen ist alles vertreten. Ebenso wie alle Dienstgrade vom Gefreiten bis zum Oberst. Doch die Schulterklappen spielen an diesem Morgen eine untergeordnete Rolle. Jeder packt mit an, wenn es darum geht, die Schießbahnen für das Übungsschießen zu präparieren.

Warum die Reservistinnen und Reservisten an diesem grauen Samstagmorgen zum Teil Anfahrten von 120 Kilometern und mehr in Kauf genommen haben und früh morgens aufgestanden sind: Sie wollen im Ernstfall möglichst gut die aktive Truppe entlasten und diese unterstützen. „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“ – das ist die Devise der Stunde, das Motto in den Tagen, Wochen und Monaten der Zeitenwende. Ein Motto, dass auch Generalsinspekteur Carsten Breuer, oberster Soldat der Bundeswehr, ausgegeben hat.

An diesem Morgen in Reichenhall stehen beim Antreten erstmal Regularien an. Die üblichen Belehrungen, die Ablaufpläne werden verkündet, um dem Übungstag Struktur zu geben – wichtig, wenn mit scharfen Waffen, geladen mit scharfer Munition hantiert wird. Wie immer mit dabei: Der so genannte Feldwebel-Res, Stabsfeldwebel Weiße (links), der die Hauptverantwortung trägt, das Schießen und die Reserve-Ausbildung auf der Standortschießanlage wie in der Hochstaufen Kaserne organisiert und vorbereitet. Seine Stärke: Mit verbindlichem Humor und großer Routine jedem Neuankömmling sofort zu vermitteln: „Du gehörst dazu. Wir kümmern uns um Dich.“ Zusammen mit seinem Leitungspersonal und den Aufsichten bei den Schützen führt er durch die Ausbildungstage, die meistens am Samstag stattfinden. „Uns ist es wichtig, dass die Reservistinnen und Reservisten gut mit ihrem Handwerkszeug umgehen können –
egal, ob sie Stabsarbeit leisten oder sich ums Gerät kümmern.“ Die Praxis sei dabei ebenso im Fokus, wie die Theorie.

Kasernenhofton ist übrigens an diesem Morgen und den ganzen Tag über im Nesselgraben in Reichenhall nicht zu hören. Kameraden unter Kameraden verstehen sich auch so. Nur, wenn‘s um die Sicherheit geht, wird’s mal lauter. Das hilft dabei, Struktur reinzubringen.
Struktur – die ist auch im Regionalbüro der Kreisgruppe Oberbayern-Südost gefragt. Dort sitzt Stabsfeldwebel der Reserve Leonhard Edelhäuser. Er ist Anlaufstelle Nummer eins, wenn es um die Belange der Reserve geht. Er plant für den und mit dem ehrenamtlichen Kreisvorstand gut 60 Veranstaltungen für die Soldatinnen und Soldaten im Jahreslauf, nimmt an vielen selber Teil. „Unsere Hauptaufgabe ist gerade, uns ein bisschen bekannter zu machen. Die Bundeswehr war jetzt jahrzehntelang unsichtbar – und die Reserve noch unsichtbarer. Standorte wurden geschlossen, Stammeinheiten aufgelöst, Reservisten damit entwurzelt.“ Man versuche jetzt diese Wurzeln wieder nachwachsen zu lassen. „Wer sich für den Dienst als Reservistin oder Reservist interessiert, kann sich einfach an mich und die
Geschäftsstelle wenden. Wir finden fast für jeden eine sinnvolle Verwendung. Das geht meistens ganz unkompliziert. Nur melden muss man sich halt.“

An diesem Morgen in Reichenhall haben sich rund 100 ehemalige aktive Soldaten, ehemalige Wehrpflichte oder Zeitsoldaten gemeldet, um an der Ausbildung teilzunehmen. Rund acht Stunden wird mit dem Gewehr G36 mit der Pistole P8 und der Maschinenpistole MP7 geübt. Höchster Dienstgrad ist heute Oberst d.R. Jürgen Kapella, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Traunsteiner Kreisgruppe (Foto links, vorne). Er hat heute allerdings keine Leitungsfunktion, reiht sich in die Phalanx der Schützen ein. Er hört auf die leisen
Kommandos eines Obergefreiten, der Aufsicht beim Schützen hat – auch beim Oberst.

Um 8.15 Uhr fallen die ersten Schüsse. Rund 3.000 werden es an diesem Samstag sein. Und alle Schützen bestehen letztlich die Wertungsübung. Die Besten erhalten am späten Nachmittag, nachdem man gemeinsam die Waffen gereinigt hat, die Goldene Schützenschnur aus der Hand des ehemaligen Kompanie-Chefs Oberstleutnant d.R. Simon. Dann gehen sie alle wieder auf Heimreise – erschöpft, aber in dem Wissen, einen Tag sinnvoll an ihrem militärischen Handwerkszeug gearbeitet zu haben.

Wer sich für den Reservedienst interessiert:
Geschäftsstelle Traunstein
Kotzinger Straße 20
83278 Traunstein
Telefon: 0861/60268
E-Mail: Traunstein@reservistenverband.de
https://www.reservistenverband.de/mitglied_werden/

HC / Fotos: Rado Matic

Auch er gehört zu den Routiniers: Gesamtleitender beim Schießen im Nesselgrabe – Stabsfeldwebel d.R. Verhülsdonk.

Schaufenster