Wassersportler kommt sein Ausflug am Chiemsee nun teuer zu stehen
Kajakfahren ohne ausreichend Zeit – genau das kommt jetzt einem 44-Jährigen teuer zu stehen. Wie die Polizei am heutigen Freitag-Nachmittag meldet, hatten Anfang Juli aufmerksame Zeugen bei der Polizei einen Kajakfahreram Chiemsee – und zwar in der Kernzone des Naturschutzgebietes zur Mündung der Tiroler Achen in der Gemeinde Grabenstätt im Nachbar-Landkreis Traunstein – gemeldet.
Die Zeugen hatten auf dem Weg zum Vogelbeobachtungs-Turm in der Hirschauer Bucht ein nasses Kajak entdeckt, das an einem Holzzaun direkt vor einem Schild des Landratsamtes Traunstein mit der Information über die Kernzone und das Betretungsverbot des Schutzgebietes, angeleint war. Vom Turm aus sahen die Zeugen eine deutlich sichtbare und frische Schneise durch das angrenzende Schilf. Hinter dem Schilfgürtel befindet sich ein großes Seerosenfeld …
Der 44-jährige Kajakfahrer aus dem Landkreis Mühldorf wurde von den Zeugen bei Eintreffen angesprochen und mit dem Vorwurf konfrontiert. Gemeinsam warteten sie auf die verständigte Polizei. Deren Boot war zum Zeitpunkt der Mitteilung gerade im Bereich der Fraueninsel des Chiemsees und die Besatzung überprüfte sogleich die Hirschauer Bucht vom Wasser aus. Keine weiteren Wasserfahrzeuge befanden sich in der Kernzone.
Der Bootsführer des Kajaks entschuldigte sich dann bei den eingetroffenen Polizeibeamten für sein Verhalten.
Er habe ein Fahrrad in der Hirschauer Bucht deponiert und sei mit seinem Pkw samt Kajak nach Chieming gefahren. Dort habe er das Kajak in den Chiemsee eingesetzt und er sei dann Richtung Naturschutzgebiet gefahren. Er habe am Beginn der Kernzone die großen, gelben Sperrbojen mit dem Verbot, das Schutzgebiet zu befahren, gesehen. Da er aber aus Zeitgründen zu seinem Fahrrad wollte und außerhalb der Kernzone keinen geeigneten Ausstieg fand, habe er sich entschieden, den Weg durch das Naturschutzgebiet zu nehmen.
Unerfreulicherweise musste er dabei mit seinem Kajak durch ein großes Seerosenfeld und einen Schilfgürtel, bevor er über ein Holzgeländer beim Beobachtungsturm wieder aus dem Wasser konnte. Geschützte Wasserpflanzen wurden dadurch beschädigt.
Die Wasserschutzpolizei Prien erstattete Anzeige gegen den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen das Bayerische Naturschutzgesetz und der Schifffahrtsverordnung. Der Kajakfahrer muss nun mit einem dreistelligen Bußgeld rechnen.
Nicht ohne Grund ist das Achendelta, zusammen mit dem Auwald entlang der Tiroler Achen, als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Unter ganz besonderem Schutz steht das Mündungsdelta der Tiroler Achen mit seinen Verlandungsflächen. Es gilt als das einzige, sich noch natürlich entwickelnde Binnendelta Mitteleuropas.
Das als sogenannte Kernzone ausgewiesene Delta darf weder betreten, noch wasserseitig befahren werden.
Der stetige Verlandungs-Prozess lässt immer wieder neuen Lebensraum entstehen, der nach und nach von Pflanzen besiedelt wird. Ausgehend von den offenen Rohböden der Kies- und Sandbänke kann in einzigartiger Weise die weitere Entwicklung (Sukzession) bis hin zu den reich strukturierten Auwäldern verfolgt werden.
Die große Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen erklärt die hohe Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen, darunter viele seltene und bedrohte Arten, die hier einen weitgehend störungsfreien Lebensraum finden.
Es ist ein bedeutendes Brut- und Rast- sowie Überwinterungsgebiet für unzählige Vogelarten, darunter zahlreiche Wat- und Wasservögel.
Das Gebiet rund um den Chiemsee gehört zu den artenreichsten Vogelgebieten Deutschlands.
Rund 300 Vogelarten wurden hier bisher registriert. An die 120 Arten brüten dort auch regelmäßig. Besonders geschätzt ist bei den Brutvögeln das Achendelta, eben weil die Tiere in der Kernzone des Naturschutzgebiets Mündung der Tiroler Achen nicht gestört werden. Sogar Seeadler leben in dieser schönen Naturlandschaft.
Die Kernzone ist für eine Vielzahl von Wasservögeln ein bedeutender Rückzugsraum. Viele der anwesenden Vögel ziehen bereits im Spätsommer bzw. Herbst aus Nordosteuropa zu uns an den See, um hier einen Zwischenstopp auf ihrer weiteren Zugroute nach Afrika einzulegen oder den Winter hier zu verbringen. Gerade in der kalten Jahreszeit brauchen die Vögel ausreichend Ruhe und sollen nicht durch unnötige Störungen aufgeschreckt werden. Störungen führen bei den Vögeln zu einem unnötigen Verbrauch der lebensnotwendigen Energiereserven, was entscheidend dafür sein kann, ob die Tiere den Winter überstehen oder nicht.
Die eh schon rückläufigen Schilfgebiete bieten einen wichtigen Schutz und sind Lebensraum für viele Wasservögel und Fische. Auf den Streuwiesen rund ums Delta wächst die Sibirische Schwertlilie, außerdem viele geschützte Orchideenarten.
Mehrere nationale und internationale Verordnungen und Richtlinien schützen das Mündungsgebiet der Tiroler Achen.
Seit 1954 ist das Mündungsgebiet Naturschutzgebiet. Seit 1986 gilt in der Kernzone des Schutzgebietes ein strenges Betretungs- und Befahrungsverbot. An Land mit Schildern deutlich gekennzeichnet, am Wasser mit großen gelben Sperrbojen markiert, mit dem Hinweis „HALT! Naturschutzgebiet – Durchfahren der Bojenkette verboten“. Im Winter werden die Bojen gegen kleinere gelbe Sperrbojen ausgetauscht, die aber ebenso deutlich erkennbar auf die Kernzone des Achendeltas hinweisen.
Weiterhin gilt am Achendelta die Chiemsee-Schutzverordnung (Landschaftsschutzgebiet-Verordnung), die Schifffahrtsverordnung Bayerns sowie internationale Schutzverordnungen. Der gesamte Chiemsee ist als europäisches Vogelschutzgebiet sowie Flora-Fauna-Habitat ausgewiesen. Er gehört damit zu Natura 2000, ein grenzüberschreitendes Netzwerk von Schutzgebieten der EU.
Bereits seit 1976 ist das Delta (und der Chiemsee) als sogenanntes Ramsar-Gebiet anerkannt. Die Ramsar-Konvention bezeichnet ein Übereinkommen über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung als Lebensraum für Wasser- und Watvögel. Die Konvention wurde 1971 in der iranischen Stadt Ramsar beschlossen und ist eines der ältesten internationalen Vertragswerke zum Naturschutz.
Die Gebietsbetreuung Chiemsee sowie die Wasserschutzpolizei Prien bitten alle Erholungssuchende und Wassersportler eindringlich, die geschützten Gebiete nicht zu betreten oder zu befahren, Tiere nicht zu stören und Pflanzen nicht zu beschädigen.
Bitte stets auf den ausgewiesenen Wegen bleiben und somit diese beeindruckende Natur und den Lebensraum so vieler Arten schützen.
Je ein Beobachtungsturm in der Hirschauer Bucht (Grabenstätt) und am Lachsgang (Übersee) bieten tolle Ausblicke auf die einzigartige Vogelwelt und Naturlandschaft der Achenmündung. Zudem werden Bootsfahrten zum Achendelta angeboten, hier erklären erfahrene Naturführer die Besonderheiten des Naturschutzgebietes Mündung der Tiroler Achen.
Schaufenster


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