Zum Totensonntag Tipps vom Johanniter-Trauer­zentrum „Lacrima" zum Umgang mit Trauer bei Kindern

„Mama, gibt es im Himmel Schokolade?“ Wenn Kinder wie die fünfjährige Mia um einen Angehörigen trauern, stellen sie oft unvermittelt Fragen wie diese. Erwachsene tun sich manchmal schwer, klar darauf zu reagieren – weil sie selbst trauern oder das Kind schützen wollen.

Mit Umschreibungen wie „Oma ist friedlich eingeschlafen“ kann man aber ungewollt Verwir­rung und Ängste, etwa ums Einschlafen, auslösen. Kinder wol­len Zusammenhänge verstehen, und sie spüren, wenn etwas un­ausgesprochen bleibt. Bettina Wimmer, Leiterin des Johanniter-Trauerzentrums „Lacrima“ im südöstlichen Oberbayern, erzählt, wie man mit ehrlichen und einfachen Erklärungen Sicherheit schaffen kann, und was hilft, wenn man selbst nicht weiter weiß.

Nach Allerseelen erinnert am 23. November der Toten­sonntag an die Menschen, die im Jahr zuvor gestorben sind – und macht damit auch in vielen Familien das Thema Tod präsent. Wie gehen Eltern am besten damit um?

Bettina Wimmer: „Indem sie ihre Kinder mit einbeziehen. Der Wunsch, Kinder zu schützen, ist verständlich. Doch gerade der offene Umgang mit dem Thema Tod ist meist hilfreich: Erklären Sie Ihrem Kind, dass an diesen Gedenktagen viele Menschen bewusst an die Verstorbenen denken. Ähnlich wie bei einem Geburtstag, nur diesmal, um sich zu erinnern. Und überlegen Sie gemeinsam, welches kleine Ritual zu Ihnen als Familie passt, wenn Sie eines geliebten Menschen gedenken wollen: eine Kerze anzünden, eine Geschichte erzählen oder eine Erinnerung teilen. Rituale helfen, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Und: Kinder lernen an Vorbildern, auch im Trauern. Auch Grabbesuche können dabei hilfreich sein.“

Viele Erwachsene haben Angst, Kinder, die einen Verlust erlitten haben, zu überfordern.

Wenn es trauernden Kindern zu viel wird, zeigen sie das sehr deutlich: Sie wechseln plötzlich ins Spiel oder sprechen über ein ganz anderes, womöglich belanglos erscheinendes Thema. Das ist völlig normal und zeigt, dass sich Kinder in kleinen Schritten mit schwierigen Fragestellungen und Situationen auseinander­setzen. Erwachsene dürfen das respektieren – und einfach präsent bleiben und beispielsweise mit in das Spiel einsteigen. Wichtig ist, offen, klar und ehrlich mit dem Thema Tod und Sterben umzugehen. Das ist für Kinder elementar, um den Verlust in ihre Lebenswelt zu integrieren.

Sollte man Kinder mit auf den Friedhof nehmen?

Diese Frage wird bei „Lacrima“ oft gestellt. Ein Friedhofsbesuch kann eine gute Gelegenheit sein, mit Kindern über ihre Vorstellungen vom Tod zu sprechen. Und man kann die Kinder mitgestalten lassen. So können sie am Grab eine Kerze anzünden, einen bemalten Stein ablegen, Blumen gießen oder ein Bild aufstellen. Solche kleinen Handlungen geben Kindern Halt und zeigen: Erinnern darf lebendig sein.

Wie genau kann man denn mit Kindern über den Tod sprechen?

Je nach Alter und Entwicklungsstand unterscheiden sich die Vorstellungen und Fragen zum Tod sehr. Wie tief ist das Loch in einem Grab? Was genau passiert mit dem Körper? Wo ist die Seele? Man sollte ehrlich antworten. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel: „Am Friedhof wird der Körper eines Menschen begraben. Der Körper ist tot, wenn das Herz aufgehört hat zu schlagen und der Mensch nicht mehr atmet.“ Man könnte noch ergänzen: „Das Leben, die Energie oder die Seele (da hat jede Familie ihr eigenes Wort) verlässt den Körper. Was bleibt, ist die Hülle, wie ein abgelegter Mantel. Diese Hülle, der Körper, spürt keine Schmerzen mehr. Er ist nicht mehr der Mensch, der er vorher war. Der tote Körper kann begraben oder verbrannt werden.“

Und wenn man keine Antwort auf eine Frage hat?

Auch ein einfaches „Ich weiß es nicht“ ist völlig in Ordnung. Um auf die Frage von Mia zurückzukommen, ob es im Himmel Schokolade gibt: Manchmal ist es nicht wichtig, die „richtige“ Antwort zu wissen. Vielleicht ist es die schönste Antwort, einfach da zu sein und im Gespräch zu bleiben. Man könnte Mia auch die Frage zurückgeben: „Was denkst du, ob es im Himmel auch Schokolade gibt?‘ Meist haben Kinder darauf schon gute Antworten, auch wenn sie uns Erwachsenen vielleicht komisch vorkommen.

„Lacrima“: Trauerbegleitung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Die Trauergruppen von Lacrima bieten Kindern und ihren Familien einen geschützten Raum für die Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen. Jeder Trauerbegleiter betreut maximal zwei Kinder. Denn Kinder trauern anders: im Spiel, im Gestalten, mit kreativen Methoden. Ihre Trauer findet Ausdruck, auch wenn sie manchmal nicht in Worte gefasst werden kann. Termine und weitere Informationen gibt es unter johanniter-lacrima.de.

Die Angebote bei „Lacrima“ sind für betroffene Familien kostenfrei. Einen Großteil der Kosten tragen die Johanniter aus eigenen Mitteln. Wer „Lacrima“ einmalig oder regelmäßig unter­stützen möchte, findet Möglichkeiten dazu unter johanniter.de/muenchen/spenden.

Foto: Birte Zellentin

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