Er gibt die Arbeit vor, nicht das Produkt: Landrat Otto Lederer hat jetzt die Stiftung Attl besichtigt - Vielfältige und neue Einblicke

Der Mensch steht im Mittelpunkt und gibt die Arbeit vor, nicht das Produkt. Nach dieser Devise organisieren die Inntal-Werkstätten der Stiftung Attl bei Wasserburg ihren Arbeitsalltag. Landrat Otto Lederer hat die Stiftung jetzt besichtigt. Begleitet wurde er bei dem Rundgang von Werner Gartner, 2. Bürgermeister der Stadt, von Andreas Bensegger von der IHK Rosenheim sowie aus dem Landratsamt Rosenheim von Dörte Söhngen (Fachstelle Inklusion) und Peter Heßner (Wirtschaftsförderung).

Die Stiftung Attl ist eine Einrichtung für Menschen mit Assistenzbedarf. Wer durch den Ortsteil Attel bei Wasserburg fährt, sieht eine eigene Gärtnerei, einen Naturland-Hof, einen Sportplatz oder auch mehrere Spielplätze. Die Organisation bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen, die jeden und jede einzelne persönlich unterstützt – im Wohn- und Arbeitsleben. Bereits seit 1873 werden dort Menschen mit Assistenzbedarf in allen Lebensbereichen und Lebenslagen unterstützt werden.

Die Stiftung Attl hat neben der Verwaltung und ihren zentralen Diensten vier Unternehmensbereiche: Wohnen, Lernen, Arbeiten und die Ambulanten Angebote. Im Bereich Arbeiten waren die Förderwerkstätten sowie die Metallabteilung Hauptteil der Besichtigung.

Die Vorstände Franz Hartl und Jonas Glonnegger gaben zusammen mit Manuela Keml einen Einblick in die Arbeitsweise. Jonas Glonegger trägt im Vorstand die pädagogische Verantwortung, Manuela Keml wird am 1. April auf Franz Hartl, der im Frühjahr in Ruhestand geht, im Vorstand folgen (wir berichteten).

Die Stiftung verzichtet auf eine strikte Trennung der Förder- und Werkstätten, betont Franz Hartl: „Wir richten uns nach jedem individuell. Wir möchten leichte und individuelle Übergänge schaffen, so dass jeder so arbeiten kann, wie es gerade für ihn passt. Wir geben Menschen hier ein Zuhause und sie sollen sich wohlfühlen.“ Wer noch keinen ganzen Arbeitstag schafft, wechselt individuell von der Werkstatt in die Förderstätte. Dort wird neben der Anbahnung zur Arbeit auch gebastelt, gespielt, Kuchen gebacken oder musiziert.

Neben Lohnfertigung für Kunden aus der Region fertigt die Metallabteilung vor allem Designprodukte für die Eigenmarke FAIRWERK.

Jeder Beschäftigte bekommt eine individuelle Einweisung und Betreuung.

Konrad Maier, Abteilungsleiter der Werkstätten, erklärt die Maschinen und die Kontrollsysteme …

„Es ist uns besonders wichtig, dass die Arbeiten der Menschen, die hier beschäftigt sind, auch Sinn macht“, betont Franz Hartl. Die Inntalwerkstätten bieten eine Vielfalt an Abteilungen. Neben der Metallabteilung, gehören auch Hauswirtschaft, Schreinerei, Weberei und eine Kfz-Abteilung dazu. Der sogenannte Grüne Bereich mit einer Gärtnerei und dem Naturlandhof ergänzt die Arbeitsangebote für Menschen mit Assistenzbedarf. „So können wir es gewährleisten, dass jeder einen Arbeitsplatz findet, der zu ihm passt“, erklärt der Stiftungsvorstand.

In einer Montageabteilung werden beispielsweise gerade Feueranzünder gefertigt. Sie bestehen aus Holzresten, Toilettenpapierrollen und einem Docht. Vom Herstellen der einzelnen Bauteile über das Zusammensetzen bis hin zum Verpacken und Bekleben werden alle Einzelschritte in den Werkstätten der Stiftung Attl erstellt. „Das ist mein Hobby – es macht großen Spaß“, erzählt einer der Werkstätten-Beschäftigten bei dem Rundgang.

Ziel des Bereichs „Arbeiten“ ist neben der beruflichen Bildung die aktive Teilhabe am Arbeitsleben. Etwa zehn Prozent der Beschäftigten arbeiten auch außerhalb der Inntal-Werkstätten – im sozialen Bereich oder im Handwerk, zum Beispiel bei der Fensterfertigung, in Kindergärten oder im Gartenbau. Angestellt sind die Menschen aber weiterhin bei den Werkstätten – diese sogenannte Betriebsintegrierte Beschäftigung“ bringt Vorteile für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, da eine pädagogische Begleitung eine bestmögliche Integration am Außenarbeitsplatz gewährleistet.

Die Arbeit ist ein wichtiger Teil im individuellen Alltag der Menschen.

Sie gibt ihnen Sicherheit und einen geregelten Tagesablauf. „Die Beschäftigten kommen immer motiviert und gerne zur Arbeit. Urlaub mögen manche gar nicht so gerne. Denn sie machen die Arbeit wirklich gerne und mögen es auch, die anderen zu sehen. Urlaub bringt da ihren Alltag durcheinander“, erklärt Jonas Glonegger.

Die Stiftung Attl blickt auf eine fast 150-jährige Geschichte zurück.

1873 bekam die Stiftung den Auftrag, Sorge für Menschen mit Behinderung zu tragen. 1.150 Mitarbeitende beschäftigt die Stiftung heute und bietet dabei an sechs Standorten im Wasserburger Stadtgebiet sowie an elf Standorten in der Region über 1.000 Betreuungsplätze.

Ab Januar 2023 erweitert noch ein Angebot die Palette der sozialen Dienstleistungen: Die Stiftung Attl übernimmt die Trägerschaft der Frühförderstelle in Wasserburg. Frühförderstellen beraten Eltern und Bezugspersonen, um Entwicklungsauffälligkeiten oder drohende Behinderungen eines Kindes frühzeitig zu erkennen.

Im Anschluss der Führung war Zeit für Gespräche und Austausch.

Landrat Otto Lederer zeigte sich begeistert von der Arbeit in Attl und bedankte sich für die vielfältigen und neuen Einblicke in das Wirken der Stiftung.

Fotos: Landratsamt