Der Blick noch immer scharf, die Feder schwarzhumorig: Tosender Applaus für Georg Ringsgwandl und Band - Bei der Kunst in der Filzen in Pfaffing

Fang ma doch gleich amoi so an – mit dem Ringsgwandl Georg, dem Konsumverweigerer und einstigen Doktor der Kardiologie, der bei der Kunst in der Filzen zu Gast war und das Publikum in Pfaffing mit unglaublicher Musik und mit Hirn packte: Ich bin der Bremsklotz für die Konjunktur – ich hab den Aufschwung auf dem Gewissen – die droben in Berlin, ja, die bemühen sich – doch der Ringsgwandl, der hod’s vaschissn. Die Wohlstandskultur und unser Streben nach immer mehr, das zu entlarven liegt ihm auch heute im Jahre 2022 noch immer sehr am Herzen, dem Herz-Doktor.

Georg Ringsgwandl stand nie in der ersten Reihe, was den kommerziellen Erfolg anbelangte, aber viele Jahre stand er ganz weit vorne – um nicht zu sagen ganz vorne – was die Originalität betraf. Jetzt hier in Pfaffing ist der nun 74-Jährige (offen)sichtlich ruhiger geworden. Ein feiner Beobachter gesellschaftlicher Abgründe quasi, der die Alltäglichkeit des Lebens bloßstellt. Seine erzählten Geschichten stimmten Pfaffing nachdenklich und brachte es  aber auch immer wieder – schwarzhumorig – zum Schmunzeln zugleich.

Sein Blues aber verzauberte geradezu den Saal und seine kongenialen Musiker, sie faszinierten! Unser Foto zeigt ihn hier an der Zither mit seinem Gitarristen Daniel Stelter.

Fotos: Renate Drax

Seinen Wandel, den hat der Ringsgwandl richtig gut mal selbst so ausgedrückt:

Ich hoffe, dass mein Blick immer noch so scharf ist wie früher, vielleicht an manchen Stellen schärfer. Aber ich denke auch, dass der Blick differenzierter werden sollte, wenn man älter wird. Ich glaube nicht mehr an den alten Rebellen, der auf Punk macht.

Man hat mehr Respekt vor Leuten, die anders sind als man selbst. Jeder schleppt einen Rucksack mit sich rum. Man zeigt weniger mit dem Finger auf andere Leute, sondern neigt zur Selbstironie.

Weil man erkennt: Ich bin mindestens so ein schräger Vogel, so eine Karikatur wie meine Nachbarn. Ich glaubte nie, dass die Künstler schlauer sind als ihre Umwelt. Und mittlerweile bin ich mir sicher.

Begleitet wurde Georg Ringsgwandl in Pfaffing von den Filigranmusikern Daniel Stelter (Gitarre, Mandoline – rechts), Stephan Kane (Bass) und Tommy Baldu (Schlagwerker – links), die sich variantenreichst Bestnoten verdienten. Mehr dazu weiter unten im Text …

Es wurde ein Kaleidoskop durch seine Rock’n Roll- und bluesigen Lieder – dieser besondere Abend der Kunst in der Filzen, der nun nach drei Jahren Planung und Corona-Wahnsinn im dritten Anlauf (!) klappte: Mit der Vroni von der verkehrsberuhigten Zone über den Hund, der foisch ernährt werd und bis zum Dorf, des schiacha wern muass. Und leben mecht er, wia a Kuah.

Und auch der stille Ringsgwandl fehlte nicht, wenn’s um die Heimat ging, in der „dahoam gar nimmer dahoam is“ und um die früheren Winter mit so viel Schnee, war des denn ned schee …?

Die etwas andere Advents-Andacht halt auf der Pfaffinger Bühne.

Georg Ringsgwandl kam 1948 in eher ärmlichen Verhältnissen, wie er selbst sagt, in Bad Reichenhall zur Welt. Er wurde ein Doktor mit Schwerpunkt Kardiologie – er gab den Beruf des Arztes aber mit 45 Jahren zugunsten der Musik auf. Er begann als Musikkabarettist mit schrillem Outfit und bissigen Texten zu provozieren und machte sich so nicht nur Freunde. Aber er zog sein musikalisches Ansinnen stets durch, wurde zudem Autor und Regisseur und er wurde für sein künstlerisches Schaffen mehrfach ausgezeichnet. 

Nun zu den begleitenden Musikern

Für manche Experten ist Daniel Stelter (Foto) einer der herausragenden Gitarristen hierzulande, für Ringsgwandl ist er schmunzelnd einer der drei besten … Unser Bild zeigt ihn in Pfaffing mit der Mandoline.

Daniel Stelter hat sich mit seinem unnachahmlichen, unaufgeregten und doch so einprägsamen Stil einen großen Namen in der deutschen Musik-Szene gemacht. Er hat Jazz-Gitarre studiert, aber auch die klassische Gitarre nie aus den Augen verloren und bewegt sich stilsicher in den Bereichen von Jazz, Pop und Klassik.

Der einfühlsame Gitarrist war Mitglied im Bundesjugendjazzorchester von Peter Herbolzheimer und hat als Studiomusiker und in Konzerten mit namhaften Künstlern wie Al Jarreau, Helen Schneider, Stephanie Neigel, Rio Reiser zusammengearbeitet. Seit Jahren ist er als Gitarrist in der erfolgreichen Fernsehproduktion „Sing meinen Song“ beteiligt.

Neben seinen eigenen Projekten ist Daniel Stelter seit Jahren festes Mitglied der Band von Ringsgwandl, in der auch der Schlagzeuger Tommy Baldu (Foto unten links mit dem Bassisten Stephan Kane) – oder besser Schlagwerker – dabei ist. So auch in Pfaffing.

Auch Tommy Baldu ist ein extrem vielseitiger Musiker, der mit André Heller, Rio Reiser, Söhne Mannheims, Laith Al Deen und Herwig Mitteregger gearbeitet hat und einer der gefragtesten Schlagzeuger in Europa ist.

Improvisation par excellence: Stelters verspielt-melodische Gitarrenriffs und die mal mit voller Wucht, mal hochsensible Trommelkunst von Tommy Baldu – es war ein Hochgenuss in Pfaffing.

Ein Fazit:

Produktiv und rastlos wie eh und je, so präsentierte sich der Ringsgwandl Georg auf der Bühne dann doch am Ende klar und eindeutig in Pfaffing. Wenn er sich an die Zither setzte, um nachhaltig zu musizieren und das Publikum mit seinen vermeintlich wahren G’schichterln zum Lachen brachte, da ahnte es jeder im Saal: Der Ringsgwandl, der meint es ernst.

Ganz sicher auch das, ganz nach seinem Liedtext: Setz di hi und sei mei Freind!