Nach Ortstermin an aufgefüllter Kiesgrube folgt bald eine Petitionsentscheidung

Ein Ortstermin, ein Thema, mehrere Meinungen. Besondere Gewichtung erhielt ein Termin direkt auf dem Gelände der mittlerweile gefüllten Kiesgrube aufgrund der Anwesenheit zahlreicher Vertreter von Wasserwirtschaftsamt, Ministerium, Regierung von Oberbayern und weiteren Behörden. Da die Landtagsabgeordneten, die nach Odelsham gekommen waren, bislang nicht mit dem bereits jahrelang meinungsvielfältig diskutierten Thema der geplanten Deponie, in Berührung gekommen waren, sprudelte eine Themenfülle auf die Anwesenden zu. Die Termineinladung galt der aktuellsten Petition, die eine umgehende Renaturierung und Aufforstung fordert.

Naherholung versus landwirtschaftliches Gebiet?

Odelsham, bekannt als idyllischer Ort im Gemeindegebiet von Babensham, unweit der Stadt Wasserburg. Radfahrer und Fußgänger nutzen hier die vielen schönen Spazierwege, die nahe der Innschleife vorhanden sind. Seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt ist Odelsham verstärkt in aller Munde. Es geht um die geplante DK1-Deponie, die im Bereich einer Kiesgrube der Firma Zosseder realisiert werden soll. Das Planfeststellungsverfahren läuft, bislang steht nicht fest, welchen Ausgang die Eingabe Zosseders bei den Behörden nehmen wird.

Nach Informationen des Bürgermeisters von Babensham, Josef Huber, sei die Fläche als landwirtschaftliches Gebiet ausgewiesen, die Kiesgrube freilich genehmigt. Huber zeigte sich pflichtbewusst mit seiner Anwesenheit, wirkte teilweise genervt und versuchte, neutralere Stimmung zu verbreiten. Die Bürgervertreter, die teilweise sogar in Odelsham wohnen oder Bezug zum Ort haben, äußersten zahlreiche Bedenken zum Vorhaben. Immer wieder wurde die Forderung nach einer Aufforstung laut.

Zahlreiche Petitionen und Proteste aus der Umgebung gab es während der vergangenen Jahre immer wieder. Der Landtag beschäftigte sich bereits einige male damit.

Eine aktuelle Petition der Bürgerinitiative zur Erhaltung von Umwelt und Lebensqualität im Wasserburger Land e.V. um den ersten Vorsitzenden Roger Diller und zahlreichen Anliegern kämpft schon lange gegen das Großprojekt. Ein Hin und Her der Emotionen, sachlichen Einwände und Gegenargumente summierte sich.

Beim Ortstermin in Odelsham mit den beiden Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger (Bündnis90/Die Grünen) und Benno Zierer (Freie Wähler) haben sich die Vertreter des Umweltausschuss über die Sachlage informiert. Der erfahrenen Abgeordneten Steinberger war es ein besonderes Anliegen, hier direkt zu sehen, wie die Natur seine eigenen Wege zurück zum Baum- und Sträucherwuchs findet und was es mit der Petition der geforderten Wiederaufforstung auf sich hat. Sie sei beeindruckt, kam ihr öfter über die Lippen, und zeigte großes Verständnis für die BI, die sich weiter für Naturvielfalt auf dem Gelände ausspricht.

Die Sachlage

Bereits im Rahmen der beliebten Aktion „Kunst für den Wald“ hatte die engagierte Bürgerinitiative Wasserburger Land eine Petition zur Renaturierung der Kiesgrube eingegeben. Wie der erste Vorsitzende der BI, Roger Diller erklärte, war nach Ende des Kiesgrubenbetriebs die Wiederaufforstung mit einem Mischwald eine der wichtigsten Auflagen für die damalige Genehmigung der Kiesgrube.

Er erinnere sich genau, hat auch Unterlagen zum Zitieren dabei und wirkt einerseits beunruhigt, andererseits strukturiert und sachlich. „Es geht hier um ein Stück Natur, das wir durch die Aufforstung wieder mehr als Naherholungsgebiet erkennen könnten“, betont Diller vor Ort. Der Kiesabbau sei in der landschaftlich besonders sensiblen und schützenswerten Inn-Hochufer Region schon seit 2016 abgeschlossen, noch immer habe die Aufforstung nicht begonnen, heißt es vom Vorsitzenden der BI weiter.

Ziel der Petition sei nun die Klarheit, dass mit der Aufforstung zeitnah begonnen werde und durch den zuständigen Ausschuss im Landtag Druck auf die Firma ausgeübt werde.

Die beiden zum Ortstermin gekommenen Landtagsabgeordnete, Steinberger und Zierer, geben im Nachgang eine Stellungnahme und Empfehlung an den Ausschuss, der über die Petition entscheidet.

Auf Nachfrage der Wasserburger Stimme erklärt Florian Missmann, der das Genehmigungsverfahren für die Firma Zosseder betreut: „Die verfüllte Kiesgrube stellt die Basis der geplanten und beantragten Deponie dar. Wenn wir die Grube jetzt rekultivieren bzw. aufforsten, müssten wir, im Falle einer Genehmigung der Deponie, alles wieder abholzen bzw. zurück bauen. Aus unserer Sicht ergibt das keinen Sinn. Daher haben wir bereits 2014 das Aussetzen der Rekultivierung beantragt und dafür die Zustimmung von der Genehmigungsbehörde erhalten. Die Rekultivierung muss jedoch jedenfalls durchgeführt werden. Die Pflicht wurde nur vorübergehend ausgesetzt. Alle anderen naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen, welche nicht auf der Fläche in Odelsham durchzuführen sind, wurden bereits umgesetzt“, so Missmann.

Die durch die derzeit ruhende Fläche wieder vermehrt gezählten Insekten und Wildtiere (unter anderem teilte ein Förster mit, dass auf dem Areal ein Reh mit ihrem Kitz gesichtet wurde, außerdem viele Zauneidechsen zu sehen seien) erhalten eine Ausgleichsfläche durch das zuständige Unternehmen. (Anm. d. Red.)

Eine praktische Umsiedlung sei nicht geplant, hieß es beim Ortstermin.

Besonders irritiert zeigte sich speziell Rosi Steinberger, dass eine mehr als 20 Meter hohe Deponie entstehen solle. „Es ist so schön hier. Die Natur hat bereits wieder selbst ihren Weg gefunden, es sind Pflanzen und Bäume gewachsen, dieses Fleckerl steckt voller Leben, auch mit den Tieren, die scheinbar wieder eingezogen sind“, lächelt Steinberger.

„Die Deponie wird von der Mehrheit der Bürger im Wasserburger Land abgelehnt“, wiederholen die Vertreter der Bürgerinitiative immer wieder. „Die Bürger wollen den versprochenen Wald zurück“, so Roger Diller. Nachdem es in den vergangenen zehn Jahren nicht gelungen sei, eine genehmigungsfähige Planung vorzulegen, mache es seiner Meinung nach keinen Sinn, noch länger mit der Renaturierung zu warten. Tatsächlich stehen noch weitere Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren aus. Dies bestätigt sowohl die zuständige Behörde, als auch das Unternehmen selbst: „Im Nachhinein könnte man natürlich meinen, dass eine proaktive Informationskampagne von Anfang an sinnvoll gewesen wäre“, heißt es von Florian Missmann. Zum damaligen Zeitpunkt habe man nicht gedacht, dass es wegen dieser Deponie ein Konfliktpotential gebe. „Immerhin sollen dort nur Materialien abgelagert werden, die unsere Gesellschaft produziert und keinem Wiederverwendungsprozess mehr zugeführt werden können“. Interessierte könnten sich auf der Webseite unter deponie-odelsham.de informieren. Auch direkte Fragen per Mail seien möglich. info@deponie-odelsham.de

Lange Verfahrensdauer nicht selten?

„Das Genehmigungsverfahren streckt sich mittlerweile über einen sehr langen Zeitraum. Eine lange Genehmigungsdauer ist bei einer DK1-Deponie nichts Ungewöhnliches. Für Außenstehende mag es so wirken, als gebe es Versäumnisse bei der Einreichung von Unterlagen. Zumindest wird es gerne so dargestellt. Der Austausch mit den Behörden und das Ändern von Unterlagen sind Teil des Verfahrens“, erläutert der Zuständige weiter.

Wie geht es jetzt mit der Petition um die Aufforstung weiter?

Rosi Steinberger und Benno Zierer haben sich zahlreiche Punkte und Aussagen notiert, für beide war der Ortstermin wichtig, um sich selbst ein Bild von der Lage und der Natur zu machen. „Nur so kann eine sinnvolle Empfehlung entstehen“, sind sich beide Landtagsabgeordneten einig. In den nächsten Wochen werden die Informationen sortiert und der Ausschuss mit einer Zusammenfassung und Empfehlung in Kenntnis gesetzt, wie Steinberger und Zierer die Sachlage wahrgenommen haben und empfinden. Im Ausschuss kommt es dann zu einer Entscheidung darüber, ob der Petition stattgegeben wird.

Übrigens: Bis Ende des Jahres sollen die noch fehlenden Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren für die DK1-Deponie eingereicht sein. Ob es im Nachgang dazu bereits 2023 einen Beschluss dazu geben könnte, ist unklar.