Die Landkreis-Antwort an Tirol: An Tagen mit Blockabfertigung sperrt der Freistaat jetzt Straßen für den überregionalen Lastwagenverkehr

Bayern macht ernst: An Tagen mit Blockabfertigung auf der A93 bei Kiefersfelden im Landkreis werden Straßen im Inntal künftig für den Lkw-Transitverkehr komplett gesperrt. Lastwagen-Fahrer, die über die Grenze wollen, müssen dann auch bei Stau mit ihrem Fahrzeug auf der Autobahn bleiben (wir berichteten).

Seit Jahren leiden die Menschen im Inntal unter der zunehmenden Verkehrsbelastung. Vor allem an den Tagen, an denen an der österreichischen Grenze LKW nur blockweise weiterfahren dürfen, staut sich der Verkehr auf der A93 dutzende Kilometer zurück bis auf die A8 und legen abfahrende LKW die Straßen und Orte in der Region lahm. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter: „Wir haben lange versucht, über Gespräche mit Tirol zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Bislang leider ohne Erfolg. Diese Zustände im Inntal können wir nicht länger hinnehmen. Unser Ziel ist es, den Menschen wieder Lebensqualität zurückzugeben, indem wir den Transit-Schwerlastverkehr an Tagen der Blockabfertigung auf der Autobahn A93 und A8 halten und diesen gar nicht erst auf die Landstraße lassen. Der Ausweichverkehr hat damit ein Ende.“

Seit heute weisen Schilder entlang der Autobahnen A8 und A93 die LKW-Fahrerinnen und -Fahrer darauf hin, dass für Lkw ab 7,5 Tonnen ein Ausweichen auf die Landstraßen und damit das Umgehen des Staus auf der Autobahn bei Blockabfertigung nicht mehr erlaubt ist.

Die Straßenverkehrsbehörden sperren an diesen Tagen die relevanten Straßen in den Landkreisen Miesbach, Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land teilweise bereits ab den Autobahnanschlussstellen für den grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr. Betroffen ist das nachgeordnete Straßennetz ab den Autobahnausfahrten.

Otto Lederer, Landrat des Landkreises Rosenheim: „Leider hat die Autobahn GmbH des Bundes keine verkehrsrechtliche Anordnung erlassen, die den grenzüberschreitenden Schwerlastverkehr gezwungen hätte, an Tagen der Blockabfertigung auf der Autobahn zu bleiben. Der Ausweichverkehr ist eine Zumutung für die Verkehrsteilnehmer und für die Anwohner in den Gemeinden. Er überlastet das nachgelagerte Straßennetz und gefährdet die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Inntal und darüber hinaus. Aus diesem Grund mussten wir das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen, um die negativen Auswirkungen der Blockabfertigung einzudämmen.“

Polizeivizepräsident Frank Hellwig: „Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd wird mit einer Vielzahl von Einsatzkräften die durch die zuständigen Behörden festgelegten Abfahrtsverbote für Schwerverkehrsfahrzeuge von den Autobahnen im Rahmen der Blockabfertigung in den betroffenen Landkreisen Rosenheim, Miesbach, Berchtesgadener Land und Traunstein überwachen und Verstöße konsequent ahnden. Unterstützt werden wir dabei auch von Kolleginnen und Kollegen der Bayerischen Bereitschaftspolizei.“

Minister Bernreiter: „Im Brenner-Transit muss sich etwas bewegen, denn Anwohner und LKW-Fahrerinnen und -Fahrer leiden unter der Verkehrsbelastung schon viel zu lang. Mit Restriktionen wie Blockabfertigungen kommen wir keinen Schritt weiter. Sie sind unverhältnismäßig und nicht akzeptabel.“ Nach der Rechtsauffassung der Staatsregierung kann die Blockabfertigung allenfalls in außergewöhnlichen und schweren Notfallsituationen zulässig sein, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden. Die derzeitige Praxis Tirols geht allerdings weit über diesen Anwendungsfall hinaus und schafft systematisch Verkehrsprobleme in Bayern.

„Leider sind seitens der Bundesregierung bisher zu wenig Schritte erfolgt, um die Problematik zu lösen“, so Minister Bernreiter weiter. „Ich habe deshalb Mitte Juni einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen geschrieben und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich gefordert. Den Brenner-Transit können wir nur gemeinsam bewältigen. Ich stehe deshalb für Gespräche in Brüssel gerne bereit. Wir sind aber inzwischen an einen Punkt gelangt, wo im Sinne eines freien EU-Binnenmarktes gehandelt werden muss. Wenn wir kein Einlenken erkennen können, dann hilft nur der Klageweg durch die EU.“

Die Sperrungen für grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr über 7,5 t erfolgen an Tagen mit Blockabfertigung im Umfeld folgender Autobahnanschlussstellen sowie auf Abschnitten folgender nachgeordneter Straßen:

Landkreis Miesbach

    • AS Holzkirchen, AS Weyarn, AS Irschenberg
    • B307, B318, B472
    • ST2010, ST2073, ST2077
    • MB20, MB1

Landkreis Rosenheim

  • AS Rosenheim-Ost, AS Bad Aibling, AS Reischenhart, AS Frasdorf, AS Rohrdorf, AS Achenmühle
  • ST2363, ST2089, ST2010, ST2093, ST2359
  • RO5

Landkreis Traunstein

  • AS Übersee, AS Grabenstätt, AS Bergen, AS Siegsdorf-West, AS Traunstein/Siegsdorf
  • B305, B307
  • St 2364, St 2098

Landkreis Berchtesgadener Land

  • AS Bad Reichenhall
  • B20

 

Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Verkehrsminister Christian Bernreiter haben heute das Durchfahrtverbot für Lkw über 7,5 Tonnen durch die Inntalgemeinden an Tagen der Blockabfertigung verkündet. Dazu erklärt die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig:

Das Durchfahrtverbot für LKW an Tagen der Blockabfertigung ist eine zwingend notwendige Entscheidung und ein klares Signal: Die Bayerische Staatsregierung, die Landrate, Bürgermeister und ich als zuständige Wahlkreisabgeordnete im Deutschen Bundestag stehen hinter unserer Bevölkerung. Ganz zurecht hat mich Ministerpräsident Markus Söder bei diesem Thema als „Impulsgeberin“ bezeichnet. Ich habe bereits im November 2021 öffentlich Durchfahrt- oder Abfahrtverbote gefordert. Die Menschen entlang der Autobahnen sind die Tiroler Willkür leid. Denn die Blockabfertigung führt zu endlosen Staus durch den Schleichverkehr der LKW.

Abgesehen von der Lärmbelästigung und Luftverschmutzung klagen Einzelhändler über drastische Umsatzverluste, Müllabfuhr, Rettungsdienste oder ambulante Pflegedienste werden in ihrer Arbeit behindert. Das ist nicht mehr hinzunehmen.  Die Durchfahrtverbote sind also eine unumgängliche Notwehr gegen die Tiroler Blockabfertigung. Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass sie untätig ist und die Abfahrverbote nicht bereits auf der Autobahn erlassen hat. Klar ist: Das Problem ist nicht gelöst. Nach wie vor liegt der Ball bei der EU. Sie muss ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Tirol auf den Weg bringen – und zwar schleunigst. 

 

Fotos: Georg Barth