Wasserburger Bach-Chor glänzt mit Händel und Mozart

Es wird wohl noch lange dauern, bis man alle Schäden und Verwüstungen auflisten kann, welche Corona im gesellschaftlichen und kulturellen Leben angerichtet hat. Umso hoffnungsvoller stimmt das kleine Wunder, dass der Wasserburger Bach-Chor wie der legendäre Phönix aus der Asche wiedererstanden ist, und nach über drei Jahren unfreiwilligen Dahinsiechens im Lockdown und sonstiger Beschränkungen nun mit einem spannenden und zu Herzen gehenden Konzert in der Pfarrkirche St. Michael in Attel seine vitale und künstlerische Existenz nachdrücklich unter Beweis stellte.

Im Programmheft schrieb die unermüdliche und stets motivierende Leiterin Angelica Heder-Loosli: „Die zurückliegende Zeit der Absagen und erschwerten Probenbedingungen überstanden zu haben hat die Chorgemeinschaft noch tiefer verbunden…“

An ihrer Freude, einen Neu- oder zumindest einen Wiederbeginn zu erleben, ließ die beachtliche Zahl der Chorsänger keinen Zweifel: Mit Teilen aus Händels „Messiah“ (auf englisch gesungen) und Mozarts „Krönungsmesse“ elektrisierten sie das Publikum. Der Chor wirkte wie der Fanclub seiner Dirigentin, der Blickkontakt war permanent, alle sangen nicht nur mit dem Mund, sondern mit dem ganzen Körper. Diese offensive Präsenz, ja überhaupt die strahlende Laune des Chors entwickelte eine ganz besondere Dynamik, die sich unmittelbar auf die Zuhörer in der vollbesetzten Kirche auswirkte.
Vier Gesangssolisten waren zusätzlich aufgeboten. Priska Eser (Sopran) und Sabine Staudinger (Alt) durften in ihren Arien Erbauliches und Liebliches singen, während Hermann Oswald (Tenor) und Thomas Hamberger (Bass) martialische Inhalte von alttestamentarischer Schroffheit  zum Besten gaben: „Du sollst sie zerschlagen mit einem Stab aus Eisen…“

Schon im Eingangschor zeigten die Sänger, dass intensiv geprobt worden war; im kontrapunktischen Getümmel gab’s nicht die kleinsten Unschärfen und doch klang alles unangestrengt locker und leicht. Im abschließenden „Halleluja“ gibt es eine atemberaubende Stelle, wo sich die Frauenstimmen in lang ausgehaltenen Tönen immer mehr in die Höhe schrauben, man befürchtete schon fast einen Kickser, doch nein, diese extremen Höhen signalisierten eitel Freude und Zuversicht, großartig.

Wir müssen nachtragen, dass das Konzert mit Händels „Wassermusik“ begann. Das Orchester agierte musizierfreudig, und Hörner und Trompeten überwölbten den satten Tutti-Klang mit freundlichem Triumphalismus.

Vor Mozarts „Krönungsmesse“ war die beliebte Motette für Solosopran und Orchester „Exsultate Jubilate“, KV 165 platziert. Priska Eser gestaltete diesen anspruchsvollen Part mit großer Eindringlichkeit, und einem durch große Erfahrung gereiften Können.

Händel wollte uns nach eigener Aussage durch seinen „Messiah“ zu besseren Menschen machen. Ob wir durch Mozart „besser“ geworden sind, können wir selbst schlecht beurteilen, aber glücklicher hat uns jedenfalls der Bach-Chor durch die „Krönungsmesse“ gemacht, zweifellos! Das Künstlerische baut immer auf dem Handwerklichen auf. So genoss der Hörer jeden präzisen Einsatz, jede weiche, aber klar konturierte Melodie, und jeden schnellen Wechsel der Lautstärke. Erstaunlich übrigens, zu welch zartem Piano der Chor nach den doch anstrengenden stimmlichen Anforderungen noch fähig war.

Berückend das von Priska Eser angestimmte Agnus Dei mit der heißen Bitte: „Dona nobis pacem.“

Der enthusiastische Beifall des Publikums war kaum zu bremsen und konnte nur durch eine originelle Zugabe befriedigt werden: Der Chor sang das als Kanon bearbeitete Mozartsche Halleluja a cappella, erst in kräftigem Forte, dann leiser und leiser, doch auch das Pianissimo kam noch samtig und gut gestützt. Um diesen Chor braucht man sich wohl keine Zukunftssorgen machen…

Walther Prokop / Foto: Werner Gartner