Von Camille Saint-Saëns bis George Gershwin: Arcis Saxophon Quartett traf Gromes und Riem - Ensemble hatte viel zu bieten

Das hat es pandemiebedingt schon seit längerem so nicht mehr gegeben: Ein Konzert im Wasserburger Rathaussaal, der nahezu voll besetzt war. Und so hat einer der Instrumentalisten, beeindruckt von diesem Publikum, auch sein Smartphone gezückt und das Publikum fotografiert. 

Sechs Musiker waren erschienen zm Rathauskonzert, die sonst übliche Einführung durch den Kulturreferenten des Landkreises Rosenheim, Christof Maier-Gehring, fiel diesmal aus. Dafür hatten die Künstler allerdings auch sehr viel zu bieten und ihre Musik war selbst erklärend:

Sechs Instrumentalisten traten auf, vier Saxophonisten (Sopran-, Alt-, Tenor- und Baritonsaxophon), eine Cellistin und ein Pianist und boten einen gelungenen Bogen von der Romantik über den Impressionismus bis hin zu George Gershwins „Rhapsodie in Blue“, ein Programm, das die Musiker nicht ohne Grund „The French American Connection“ nannten.

Man begann mit dem Konzert für Violoncello und Saxophonquartett von Camille Saint-Saëns, das in einer gekonnten Weise dargeboten wurde, dass man verstehen konnte, warum dieses Orchester dieses Konzert ausgesucht hatte. Der Komponist der „großen zoologischen Fantasie“, des „Karneval der Tiere“ konnte auch hier sein herausragendes kompositorisches Talent zeigen lassen. Und die Musiker zeigten mit großer Verve, wie sehr sie ihre Musik lieben. Raphaela Gromes am Violoncello stellte ihr außergewöhnliches Können unter Beweis.

Das „Rondo-Magazin“ hatte über sie geschrieben, sei sei „die wohl erfolgreichste deutsche Cellistin der Gegenwart“ und Michel Stockhem meinte: „Eleganz, Engagement, technische Perfektion, Ausdruckskraft, Variationsbreite in Dynamik und Vibrato: Hier fehlt es an nichts“. Die Art und Weise, wie Raphaela Gromes bereits das Konzert von Saint-Saëns gestaltete, zeugte von ein tiefen Beziehung zu ihrem Violoncello, das von großer Eleganz geprägt war. Aber auch die vier Saxophonisten des „Arcis Saxophon Quartetts“ zeigten außergewöhnliches musikalisches Können in vielen Variationen.

In den sich anschließenden „Trois pièces für Violoncello und Klavier“ von Nadia Boulanger, jener französisch-russischen Komponistin der Jahrhundertwende, die dieses Stück 1914 komponiert hatte, dem Jahr des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges. Ihr Wohnzimmer wurde nicht umsonst „boulangerie“ genannt, war diese Stätte doch eine wahre „Bäckerei“ für impressionistische Musikkunst. Als Leiterin des Conservatoire Américain in Paris war sie natürlich auch ein Bindeglied zwischen der europäischen Musiktradition und der neuen US-amerikanischen Musik-Ästhetik. Und damit war Nadia Boulanger an diesem Abend klug gewählt, zeigten doch die drei Stücke, die das Ensemble bot, just jene Brücke zwischen Europa und den USA.

Maurice Ravel, neben Claude Debussy Vater des europäischen Impressionismus, folgte darauf mit seiner „Rhapsodie Espagnole“, einem wichtigen Werk des Franzosen. Und hier konnte der Pianist des Abends, Julian Riem, seine ganze Virtuosität unter Beweis stellen. Über Maurice Ravels impressionistische Musik wurde einst geschrieben, sie sei so eine Art „gegenstandsloses Vorsichhinträumen“. Diesen Eindruck an diesem Abend zu erwecken, ist dem Orchester in beispielloser Manier gelungen.

Raphaela Gromes und Julian Riem sind dem Wasserburger Publikum bereits bekannt. Vor der Corona-Pandemie sind beide hier aufgetreten. Julian Riem zeigte am Piano, wie vielfältig dieses Instrument sein kann. Man kann Lautstärke variieren, Tonkombinationen freier Wahl gestalten und deren Länge bestimmen, es kann also vieles geboten werden und Julian Riem bot es an diesem Abend mit eindringlicher Finesse und Eleganz. Bei der Rhapsodie Espagnole traten die sechs Künstler an diesem Abend erstmals gemeinsam auf und es wurde zu einem fulminanten musikalischen Erlebnis. Mit diesen Eindrücken wurde das Publikum in die Pause entlassen, aber nur, um es nachher mit voller Wucht einzufangen, über den Atlantik zu transportieren und bei der Musik von Leonard Bernstein und George Gershwin wieder der Musik anheimzustellen.

Mit der „West Side Story – Suite“ von Leonard Bernstein, jenem Musical, das er 1957 schrieb, wurde dem Publikum in beeindruckender musikalischer Finesse jener Dualismus zwischen europäischen Traditionen und amerikanischer Freiheitssehnsucht nahe gebracht und das Publikum genoss es. Die Betriebsamkeit amerikanischer Großstädte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde bei höchster Qualität eindrucksvoll in Musik umgesetzt. Die Lieder „Maria“, „tonight“ und „America“ wurden von den vier Saxophonisten in höchst eindrucksvoller Weise dargeboten. Der nicht enden wollende Applaus machte es deutlich. Leonard Bernstein, jener jüdische Komponist aus den USA, der bereits 1948 sein erstes Konzert in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gab. Er ist ein hervorragender Repräsentant für eine Kultur des Aufeinander-Zugehens in schwierigen Zeiten.

Wesentlich früher, nämlich 1924, ist George Gershwins „Rhapsodie in Blue“ entstanden, an diesem Abend von allen sechs Künstlern in einer mitreißenden Art dargeboten, die beispielgebend sein kann. Besonders hervorzuheben ist das Piano-Solo von Julian Riem, der das Publikum begeisterte und auf eine Reise in die Musik mitnahm, deren Ende man gar nicht erhoffte. Der nicht enden wollende Applaus motivierte die sechs hervorragenden Künstler zu einer Zugabe, was die Begeisterung des Publikums eher anregte.
Das Arcis Saxophon Quartett, bestehend aus Ricarda Fuss (Altsaxophon), Claus Hierluksch (Sopransaxophon), Edoardo Zotti (Tenorsaxophon) und Jure Knez (Baritonsaxophon) hatte auch die West-Side-story-Suite arrangiert, alle anderen Arrangements stammen vom Pianisten Julian Riem.

Das nächste Rathauskonzert findet am 15. Oktober statt und man darf auf die musikalischen Darbietungen gespannt sein.

RP