73-jähriger Mann aus dem Altlandkreis Wasserburg vor dem Amtsgericht Rosenheim

Als die Richterin am Amtsgericht Rosenheim, Julia Vogel, das Verfahren gegen den 73-jährigen Angeklagten eröffnen wollte, musste sie feststellen, dass dieser nicht anwesend war. Also warteten alle darauf, dass der Angeklagte noch erscheine.

Er erschien, 14 Minuten zu spät, kurz bevor die Richterin das Verfahren in Abwesenheit beenden wollte. „Noch eine Minute später und ich hätte Ihren Einspruch verworfen,“ erklärte sie dem angeklagten Metzgermeister aus dem Altlandkreis Wasserburg die Folgen eines verspäteten Erscheinens vor Gericht.

Was legte man dem Mann zur Last? Nach einem Ausflug war er von der Polizei kontrolliert worden und hatte mitten in der Nacht die Polizeibeamten, die ihn vernehmen wollten, zunächst beschimpft und dann bedroht. Mit übelsten Schimpfwörtern sollen die Beamten belegt haben.

Die Vernehmung des Angeklagten war für die Vorsitzende Richterin aber nicht einfach. Zum einen fiel er jedem, Richterin oder Staatsanwalt oder den Zeugen, ins Wort und berichtete in aller epischen Breite von seinen Krankheiten, dass er sich an nichts mehr erinnern könne. Immer wieder und immer wieder versuchte die Richterin das Heft in die Hand zu bekommen, sagte zum Angeklagten: „Sie haben jetzt mal Sendepause.“

Das beeindruckte den 73-Jährigen aber nicht. In bewundernswerter Weise versuchte die Richterin, die Ruhe zu bewahren und das Verfahren zu leiten. Nachdem der Angeklagte sich auch dadurch nicht beeindrucken ließ, meinte sie nur: „Jetzt werde ich grantig, halten Sie sich an die Regeln!“

Als einer der geladenen Polizisten den Sachverhalt aus seiner Sicht schilderte, dass man in der Tatnacht, immerhin war es schon nach 3 Uhr in der Nacht, vergeblich versucht habe, den Angeklagten zu beruhigen, hätten die Beamten ihn in eine Zelle gebracht, damit er dort ausnüchtern könne. „Ohne eine Decke!“ fuhr der Angeklagte dem Beamten über den Mund, was die Richterin nur mit dem Satz kommentierte: „Sie sind jetzt nicht dran!“

Der Angeklagte bezweifelte letztendlich nicht, die Beamten beleidigt und bedroht zu haben, könne sich aber an nichts erinnern, weil er einen Filmriss gehabt habe. Dass er die Polizisten auch noch bedroht habe, indem er ihnen zurief, sie alle töten zu wollen, machte die Angelegenheit für ihn nicht besser und sein schnoddriges Verhalten vor Gericht führte auch nicht zu einer milderen Behandlung. Aber sein Geständnis und seine an den Tag gelegte Reue konnten die Richterin einigermaßen milde stimmen.

Er wurde zu 50 Tagessätzen zu je 20 Euro Geldstrafe verurteilt, so wie es der Staatsanwalt gefordert hatte. Und natürlich hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

RP