45-jähriger Angeklagter zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt

Ein aus Island stammender, 45-jähriger Angeklagte wurde diese Woche vor dem Amtsgericht Rosenheim der gefährlichen Körperverletzung und der Sachbeschädigung mit fahrlässiger Trunkenheit beschuldigt. Er saß vor seiner Richterin im Grunde wie ein begossener Pudel. In seiner ersten Äußerung legte er auch seine Enttäuschung über sein eigenes Verhalten dar. Er könne sich zwar an den betreffenden Abend nur bruchstückhaft erinnern, wolle die ihm zur Last gelegten Taten aber gerne einräumen.

Im August vergangenen Jahres sei er nach einem Fahrradausflug mit mehreren Kollegen in einem Gasthaus eingekehrt, habe dort bei ein paar Bier und etwas Schnaps diesen Ausflug ausklingen lassen wollen. Da er nicht genug Bargeld bei sich gehabt habe, habe er mit Karte bezahlen wollen, was der Wirt aber nicht akzeptiert habe. Der Wirt habe ihn dann an der Schulter gepackt, was er als Aggression missverstanden habe. Was dann passiert sei, wisse er nicht, er könne sich daran nicht mehr erinnern.

Richterin Julia Haager befragte den Angeklagten zu seinen Trinkgewohnheiten. Er sei eigentlich abstinent, trinke nicht oft, räumte er ein, aber wenn, dann werde es viel. Er sei seit 2007 unregelmäßig bei den Anonymen Alkoholikern, zuletzt sei er dort in der vergangenen Woche gewesen.

Bei der Aussage des verletzten Wirtes kam dann das wahre Ausmaß des Vorfalls an den Tag: Der Angeklagte sei vom Wirt aufgefordert worden zu gehen, weil er betrunken gewesen sei und der Wirt seine Gaststätte schließen wollte. Da die aktuelle Rechnung lediglich 5 Euro betragen habe, sei es ihm nicht so wichtig gewesen mit der Rechnung, er habe nur zusperren wollen. Plötzlich und vollkommen unerwartet habe der Angeklagte plötzlich um sich geschlagen, habe ihn am Kopf getroffen, habe dann einen Tisch des Lokals genommen und mit diesem Tisch auf den Wirt eingeschlagen. Das Eisengestell des Tisches habe den Wirt im Gesicht getroffen. Anschließend habe der Angeklagte mit vier Stühlen auf den Wirt eingeschlagen und habe ihn am Oberkörper und den Beinen getroffen. Schließlich habe er dann noch mit Blumentöpfen nach dem Wirt geworfen, so dass der Augenhöhlenknochen und das Jochbein des Wirtes gebrochen seien. Außerdem habe er an mehreren Stellen Schürf- und Platzwunden erfahren.

Er sei zwei Tage wegen des Bruchs in der Augenhöhle und des Jochbein im Krankenhaus gewesen, habe bis heute zwei Platten im Gesicht implantiert bekommen und habe bis heute kein Gefühl im Gesicht. Die beiden Platten sollten demnächst herausgenommen werden. Gerade bei Wetterumschwüngen habe er starke Schmerzen im Gesicht. Von der Augenhöhle bis in den Mund sei alles taub, ließ der Wirt im Zeugenstand ein. Die zahlreichen Prellungen und die Schnittwunden seien zwischenzeitlich aber abgeheilt.

Auch die Sehstörungen, unter denen er nach dem Vorfall eine ganze Zeit lang habe leiden müssen, seien nun abgeklungen. Die ersten Wochen nach dem Vorfall seien für ihn extrem schwierig gewesen. „Mein Leben hat sich komplett verändert. Ich war ein fröhlicher Mensch, das ist jetzt alles weg!“ äußerte der Wirt nun vor Gericht. Der Angeklagte nutzte diesen Moment um den Wirt für den Vorfall um Entschuldigung zu bitten. „Ich weiß nicht, ob ich das annehmen kann“, war die Antwort des Gastwirtes. Schließlich habe er Todesängste ausgestanden. Wie die Auseinandersetzung dann zu Ende gegangen sei, wollte die Richterin wissen. Einige Nachbarn seien zu Hilfe gekommen und der Angeklagte sei abgehauen.

Schließlich wurde noch ein 77-jähriger Gast im Wirtshaus befragt. „Ich habe gelaubt, der bringt uns alle um“, begann er seine Aussage. Es seien mehrere Leute gekommen und hätten geholfen. Seine Verletzungen, er habe mehrere Prellungen erlitten, seien jetzt aber verheilt. Der Angeklagte habe alles umgeworfen, was irgendwie lose war, habe dann aber beim Werfen mit einem Blumentopf selbst das Gleichgewicht verloren und sei umgefallen. „Das sah alles aus wie nach dem Krieg“, meinte er nur. Auch bei ihm bat der Angeklagte um Entschuldigung, was der Zeuge allerdings annahm.

Zu Guter Letzt wurde noch der ermittelnde Polizeibeamte als Zeuge gehört. Er habe den Angeklagten in der Nähe des örtlichen Bahnhofs gestellt, der habe die Tat bestritten, man habe aber starke Stimmungsschwankungen beobachten können. Der isländische Angeklagte habe auf englisch nur geäußert: „I get Problems for punching fucking Nazis.“

Strafrechtlich war der Angeklagte noch nicht aufgefallen, das Bundeszentralregister enthalte keine Einträge. Der Angeklagte räumte in seinem Schlusswort ein, dass seine Trinkgewohnheiten für ihn ein Problem seien. Er wolle aber in Zukunft abstinent bleiben. Was damals geschehen sei, sei ihm eine Lehre. Die Frage, ob er sich einer Alkoholikerberatung unterziehen würde, bejahte er sofort. Er lebe seit drei Jahren mit seiner Lebensgefährtin zusammen.

Abschließend verurteilte Richterin Julia Haager den Angeklagten zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis, setzte die Vollziehung der Strafe allerdings für vier Jahre zur Bewährung aus. Dabei merkte sie an, dass der Gewaltexzess des Angeklagten dazu geführt habe, dass das Gasthaus sich als Schlachtfeld erwiesen habe. Die wilde Zerstörungswut des Angeklagten habe dazu geführt, dass der Gastwirt „außerordentlich schwer verletzt“ sei. Zu den materiellen Schäden komme hinzu, dass der Gastwirt ein Stück seiner Lebensfreude verloren habe. Warum das alles passiert sei, lasse sich kaum noch ermitteln. Insofern bleibe man ein wenig ratlos zurück. Neben der Bewährungsstrafe wurde dem Angeklagten noch auferlegt, sich zwölf Beratungsgesprächen gegen seine Alkoholsucht zu unterziehen.

Die zivilrechtlichen Konsequenzen wie Schadensersatz, Schmerzensgeld und Täter-Opfer-Ausgleich müssten noch in Zivilprozessen genauer ermittelt werden.

RP