Mit außergewöhnlichem Projekt hat Anna-Lena Rotter ihr Maschinenbau-Studium an der TH Rosenheim abgeschlossen

Mit einem außergewöhnlichen Projekt hat Anna-Lena Rotter (Foto) aus Rosenheim ihr Maschinenbau-Studium an der TH Rosenheim abgeschlossen. Als Bachelorarbeit baute die Hobby-Musikerin eine Posaune aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen. Das mit additiver Fertigung hergestellte Musikinstrument wiegt deutlich weniger im Vergleich zum Gewicht einer Posaune aus Blech – und bietet weitere Vorteile.

Das Projekt begann gewissermaßen mit einer Schnapsidee, als die Studentin ihren Freund beim Modellbau beobachtete. „Ich dachte mir, man könnte ausprobieren, mit dieser Technik ein Musikinstrument zu bauen anstelle eines Flugzeugrumpfs“, so Rotter. Nach einem Gespräch mit dem Betreuer ihrer Bachelorarbeit Prof. Dr.-Ing. Martin Reuter war sie überzeugt, dass sie sich an das Projekt wagen möchte.

„Mir war aber von Anfang an klar, dass da sehr viel Arbeit vor mir liegt. Ich habe absolutes Neuland betreten, also musste ich mir alles von Grund auf selbst erarbeiten“, blickt die 24-Jährige zurück. Eigentlich spielt sie als Erstinstrument Euphonium, sozusagen den kleinen Bruder der Tuba. „Das war aber in der kurzen Zeit zu kompliziert zu bauen mit den vielen Windungen und mehreren Ventilen.“ Also wurde es die Posaune, die sie seit etwa drei Jahren spielt.

Zunächst musste die Studentin die einzelnen Elemente einer Blechposaune exakt vermessen, um ein virtuelles 3-D-Modell zu bekommen. Außerdem untersuchte sie den Luftfluss in den unterschiedlichen Bereichen des Instruments und stellte Berechnungen zur Materialauswahl an. Als die Vorbereitungen erledigt waren, ging es an die eigentliche Herstellung mittels additiver Fertigung, gemeinhin bekannt als 3-D-Druck. „Ich habe einen Drucker zuhause und der hatte über etwa zwei Monate sehr viel zu tun. Zusammengerechnet lief er drei Wochen am Stück“, erinnert sich die Rosenheimerin.

In der heimischen Wohnung entstanden auf diese Weise die Formen, die dann mit kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff ausgekleidet wurden, um damit die einzelnen Hohlkörper zu fertigen. „Das kann man sich vorstellen wie bei einem Fußabdruck in Gips. Diesen könnte man auch mit Kunststoffmatten auskleiden und auf diese Weise die Unterseite des Fußes nachbauen“, erläutert Rotter.

Nachdem sämtliche Komponenten hergestellt waren, ging es an die Montage des Instruments. „Hier stand ich vor ein paar kniffligen Herausforderungen. Bei manchen Verbindungen musste ich schon etwas knobeln, damit es hält“, sagt die Studentin. So sei beispielsweise die stabile Montage des Schalltrichters alles andere als einfach gewesen. Lohn der Mühen war der Moment, als sie etwa ein halbes Jahr nach Projektstart die fertige Posaune in den Händen hielt und erstmals ausprobieren konnte. „Ich war sehr gespannt, was da herauskommt. Der erste Ton war etwas schräg, aber mit der Gewöhnung an das andere Ansprechverhalten geht es inzwischen ganz gut. Im Vergleich zum Blechblasinstrument ist der Klang hörbar dunkler“, beschreibt die Studentin ihr Werkstück.

Deutlich geringeres Gewicht und Möglichkeit für Individualisierung

Neben dem anderen Klang unterscheidet sich das Instrument aus Kunststoff vor allem durch sein Gewicht. „Eine gewöhnliche Posaune wiegt je nach Modell bis zu zwei Kilogramm, meine hingegen nicht einmal ein halbes Kilogramm“, so Rotter. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich eine Kunststoff-Posaune individuell gestalten lässt. Unterschiedliche Farben oder auch integrierte Logos sind kein Problem. Preislich gesehen liegt die Carbon-Ausführung deutlich unter einem guten Instrument aus Blech – zumindest künftige Exemplare: „Da ich die Formen bereits habe, lassen sich weitere Exemplare mit erheblich weniger Aufwand herstellen.“

Für Prof. Reuter ragt die Bachelorarbeit heraus, weil sie verschiedene Themenfelder eines technischen Studiums mit einem ganz anderen Fachgebiet, dem Instrumentenbau, kombiniert. „Sie vereint Messtechnik, Simulation, Werkstoffkunde, Konstruktion, additive Fertigung und Montagetechnik. Besonders interessant wird die Arbeit zudem durch den Aspekt der Akustik, also wie das Werkstück klingt“, so Reuter. Für die Zukunft sei durchaus denkbar, daraus ein Geschäftsmodell mit der individuellen Fertigung verschiedener Blasinstrumente zu entwickeln.

Vom Instrument angetan ist auch Wolfgang Gahabka, Musiklehrer am Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim. Er hat die Posaune gespielt und befindet: „Der Klang ist weich und dunkel, also sehr angenehm. Vor allem hat mich das geringe Gewicht der Posaune überrascht. Das ist gerade für Schulen interessant, denn jüngere Schülerinnen und Schüler tun sich manchmal etwas schwer mit einem großen Instrument“, so Gahabka. Auch die Robustheit sieht er als Vorteil. „Fällt ein Instrument aus Blech auf den Boden, kann es schnell eine Delle geben. Das kann mit einer Kunststoff-Posaune nicht so schnell passieren.“

Video-Hinweis:

Auf dem Youtube-Kanal der TH Rosenheim gibt es ein Video, in dem Musiklehrer Wolfgang Gahabka die Kunststoff-Posaune testet.