„Barrierefreiheit im Tourismus“ war Thema in der Projektgruppe „Barrierefreies Bauen“

„Die Gäste sind sehr dankbar“, sagt Gottfried Aicher. Der Landwirt aus Halfing vermietet barrierefreie Ferienwohnungen und ein Ferienhaus. Vor rund 15 Jahren beschäftigte sich Aicher erstmals mit dem Thema, heute ist er überzeugt: „Barrierefreiheit lohnt sich immer.“ Auf Einladung der Beauftragten für Menschen mit Behinderung des Landkreises Rosenheim Irene Oberst und Christiane Grotz sowie der Architektin Christine Degenhart beschäftigte sich die Projektgruppe „Barrierefreies Bauen“ mit dem Thema „Barrierefreiheit im Tourismus“.

 

Für den Chiemsee Alpenland Tourismus sind barrierefreie Angebote längst selbstverständlich. Julia Zäch, die im Tourismusverband für Gesundheitstourismus und Barrierefreiheit zuständig ist, blickte in ihrem Vortrag zunächst zurück. 2006 gab es die ersten Initiativen, 2012 begann man mit der Zertifizierung und seit 2016 ist Chiemsee Alpenland Pilotdestination für „Reisen für Alle“. Über 30 Betriebe sind inzwischen zertifiziert, „und wir bemühen uns um stetige Erweiterung“, sagte Zäch. Sie ist überzeugt, „dass barrierefreie Angebote einen Mehrwert für uns als Gesundheitsregion bieten.“

 

Der Tourismusverband nutzt alle Wege, um den barrierefreien Urlaub in der Region zu bewerben. Dazu gehören Webseiten, soziale Medien oder Broschüren. Zudem ist die Bloggerreise eines Pärchens sehr hilfreich. Sie sitzt im Rollstuhl, er nicht. Gemeinsam testeten sie die barrierefreien Angebote im Bereich des Tourismusverbands Chiemsee Alpenland und ihre Bewertungen fielen durchwegs positiv aus.

 

Für den Landwirt Gottfried Aicher aus Halfing ist Barrierefreiheit kein Dogma. Es galt, sie so gut es geht umzusetzen. „Wir haben geschaut, was man aus dem Betrieb machen kann. Was ist umsetzbar, ohne dass es Krankenhaus- oder Reha-Charakter bekommt?“ Herausgekommen sind unter anderem ebenerdige Duschen, ein Meter breite schwellenlose Türen, auch nach außen zu öffnende Bad-Türen, höhere Betten oder Wege auf dem Hof mit einem Gefälle von maximal 6 Prozent und damit rollstuhltauglich.

 

Die Ansprüche der Gäste sind nach Aichers Erfahrung sehr unterschiedlich. „Nicht jeder benötigt eine komplett barrierefreie Wohnung.“ Der Landwirt rät, klar die Möglichkeiten zu kommunizieren und nicht zu viel zu versprechen. Und dann warb er noch einmal für die Barrierefreiheit: „Wenn nur ein Familienmitglied eine Beeinträchtigung hat, freut sich die ganze Familie über eine passende barrierefreie Ferienwohnung.“  Aichers Hof ist im Übrigen noch nicht zertifiziert. Dieses Thema will er im Herbst angehen.

 

Im dritten und letzten Vortrag beleuchtete Susanne Moog rechtliche Vorgaben und Fördermöglichkeiten. Die Innenarchitektin berät für die Bayerische Architektenkammer in Fragen der Barrierefreiheit. Die Bayerische Bauordnung beispielsweise schreibt vor, dass in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein müssen.

 

„Es gibt noch große Potentiale“, sagte Christine Degenhart von der Projektgruppe „Barrierefreies Bauen“. Für die Architektin ist Barrierefreiheit ein Teil der Baukultur. Sie brachte es auf einen ganz einfachen Nenner:“ Barrierefreiheit heißt, ein Gebäude funktioniert.“

 

Die Vorträge und die anschließende Diskussion fanden als Online-Konferenz statt. Neben zahlreichen Behindertenbeauftragten aus den Gemeinden nahmen Vertreter von Tourist-Infos sowie einige Kreisrätinnen und Kreisräte daran teil.