Vom „Sympathieträger“ zum „Schädling“: Ein Ruf, der den Tieren nicht gerecht wird, so das Landratsamt heute

Im Landkreis Rosenheim leben nach aktuellen Schätzungen etwa 750 Biber. Obwohl sich in den meisten Revieren die Konflikte in Grenzen halten, führen einige Problemfälle dazu, dass der Biber in der öffentlichen Meinung vom „Sympathieträger“ zum „Schädling“ wurde. Ein Ruf, der den Tieren nicht gerecht werde, heißt es am heutigen Montagnachmittag in einer Pressemitteilung des Landratsamtes. Wenn Biber und Mensch sich zu nahe kommen, kann es zu Schäden kommen. Damit Geschädigte nicht auf einem Schaden sitzen bleiben, gibt es Möglichkeiten für Ausgleichszahlungen. Welche es gibt, wie der Weg dorthin ist und woran sich die Summen der Ausgleichszahlungen bemessen lassen …

Der Biber genießt im Naturschutz in Bayern, Deutschland und der EU einen sehr hohen Schutzstatus. Die Tiere gelten als eine „Schlüsselart“ in Feuchtgebieten, von der die Natur und der Mensch profitieren. Vom Biber angelegte Lebensräume sind dynamische und artenreiche Biotope für viele Tiere, die auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehen, wie zum Beispiel Fledermäuse, Amphibien, Libellen und viele Vögel.
Für den Menschen schafft er Retentionsräume – das sind Flächen, die bei Hochwasser überschwemmt werden und den Flüssen den nötigen Raum zum Ausufern geben.
Bis vor wenigen Jahrzehnten galt der Biber als nahezu ausgerottet. Aktuell wird die Zahl der in Stadt und Landkreis Rosenheim lebenden Tiere auf rund 750 geschätzt.

Damit Geschädigte nicht auf einem Schaden sitzen bleiben, gibt es zwei Möglichkeiten für Ausgleichszahlungen:

Für Schäden in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft hat das Bayerische Umweltministerium einen Biberschadensfond eingerichtet, in dem jährlich Gelder in Höhe von insgesamt 550.000 Euro zur Verfügung stehen.
Gibt es einen Schaden zum Beispiel durch Biberfraß oder Vernässung, muss dieser zunächst an die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt gemeldet werden. Anschließend schaut sich ein vom Landkreis Rosenheim ernannter Biberberater den Schaden vor Ort an und dokumentiert ihn, bevor er zur weiteren Bearbeitung zurück an die untere Naturschutzbehörde geht.
Wichtig ist, dass vor dem zeitnahen Besichtigungstermin geschädigte Gehölze nicht gefällt oder entfernt werden dürfen. Ausnahme ist, wenn der beschädigte Baum eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellt.
Wie viel Geld der Geschädigte für seinen vom Biber verursachten Schaden im Wald bekommt, steht im „Leitfaden Biberschäden“ der Bayerischen Landesanstalt für Forstwirtschaft.
Hier werden nach Baumarten gegliedert Fraßschäden an Kulturen und Bäumen erfasst. Berechnungen für Schäden in landwirtschaftlichen Nutzflächen orientieren sich an den „Schätzungsrichtlinien“, die jährlich vom Bayerischen Bauernverband und dem Bayerischen Landesamt für Landwirtschaft herausgegeben werden.
Im vergangenen Jahr wurden dem Landratsamt 42 Schäden gemeldet und über 26.000 Euro aus dem Biberschadensfonds ausbezahlt.
Da Privatpersonen nicht auf diesen Fonds zugreifen können, bietet der Landkreis hier zusätzliche Hilfe an:
Der Landkreis zahlt auf freiwilliger Basis bis zu 50 Euro, um zum Beispiel einen im Garten umgebissenen Obstbaum zu ersetzen. Im vergangenen Jahr wurden 350 Euro ausgezahlt.
Um Biberschäden zu vermeiden, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Prävention. Metallgitter, Wildverbiss-Streichmittel oder auch Elektrozäune können Biber davon abhalten, an Bäume oder Feldfrüchten zu gehen.
Welches Mittel im Einzelfall geeignet ist, darüber können sich betroffene Grundstückseigentümer oder Pächter kostenlos von den meist ehrenamtlichen Biberberatern sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der unteren Naturschutzbehörde beraten lassen.
Erst wenn alle Präventionsmaßnahmen erfolglos geblieben sind, es keine zumutbaren Alternativen gibt zur Vermeidung erheblicher land-, forst- oder fischereiwirtschaftlicher Schäden und aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, kann ein Biber aus seinem Revier entnommen werden.
Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde ist es, jeden Einzelfall vorher sehr genau zu prüfen.
Eine Form der finanziellen Entschädigung, verbunden mit einem Höchstmaß an Natur- und Artenschutz stellt das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) für Biberlebensräume dar, dass es auch für den Wald gibt.
Nähere Informationen bekommen Interessierte bei der unteren Naturschutzbehörde.
Aus dem Landratsamt heißt es abschließend:
Auch wenn ein entstandener Schaden durch einen Biber sicherlich ärgerlich ist, so sorgen die Tiere doch dafür, dass seltene und vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten wieder eine Zukunft haben und sich ansiedeln können. Ein Mehrwert für die Natur und den Menschen.  
 
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