Ab dem morgigen Samstag gilt die neue Corona-Notbremse Deutschlands ab einer 100er Inzidenz! Das neue Infektionsschutzgesetz hat die Hürde Bundesrat gestern genommen und wurde anschließend von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnet. Dem umstrittenen Gesetz droht aber Ungemach. Zu pauschal, zu undifferenziert und zu radikal ist es nämlich zum Beispiel den Freien Wählern. Die Partei geht deutschlandweit gleich mit einer doppelten Verfassungsbeschwerde gegen die Bundes-Notbremse vor.

… so der Bundesvorsitzende Hubert Aiwanger bei der Vorstellung der ersten Klageschrift gestern in Berlin. Damit wenden sich die Freien Wähler zunächst vor allem gegen die bundeseinheitliche, nächtliche Ausgangssperre ab 22 Uhr in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über der 100. Diese gilt in Bayern schon länger.
Mit einer zweiten Verfassungsbeschwerde wollen die Freien Wähler Deutschlands dann auch die geplante Notbremse-Regeln für den Handel zu Fall bringen.

Die neuen Corona-Maßnahmen ÜBER DER 100 in der Inzidenz im Überblick – für Bayern ändert sich nicht viel:

Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer Stadt drei Tage in Folge über 100 pro 100.000 Einwohner, gelten ab dem Folgetag schärfere Maßnahmen. Diese werden erst dann wieder gelockert, wenn die Inzidenz fünf Tage hintereinander unter dem Grenzwert liegt.

Kontaktbeschränkungen

In der Öffentlichkeit oder Privaträumen dürfen sich die Angehörigen eines Haushaltes nur mit EINER weiteren Person treffen – einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Erlaubt sind zudem Zusammenkünfte zwischen den Angehörigen desselben Haushalts sowie von Ehe- oder Lebenspartnern – oder wenn ein Sorgerecht wahrgenommen wird.

Ausgangssperre

In Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner gilt von 22 Uhr bis 5 Uhr morgens eine Ausgangssperre. Zwischen 22 und 24 Uhr bleibt eine im Freien stattfindende körperliche Bewegung ALLEINE erlaubt, also zum Beispiel Joggen ohne Begleitung – neu in Bayern.
Der Weg zur Arbeit oder der Arztbesuch im Notfall sind immer erlaubt.

Schulen

Schüler und Lehrer müssen sich für die Teilnahme am Präsenzunterricht zweimal pro Woche testen lassen.
Ab einer Inzidenz von 100 bleibt Bayern bei seinem Kurs, in den Distanzunterricht zu wechseln – bis auf die Abschlussklassen plus vierte und elfte Klassen. Entscheidend bleibt der Freitagswert – siehe heute. .
Bundesweit ist allerspätestens das bei einer Inzidenz von 165 nun vorgeschrieben!
Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen.

Einzelhandel

Läden des täglichen Bedarfs wie etwa Supermärkte oder Drogerien bleiben wie bisher unabhängig von der Inzidenz geöffnet – alle anderen werden geschlossen. Bei einer Inzidenz zwischen 100 und 150 ist allerdings Shoppen nach vorheriger Terminbuchung möglich. Voraussetzung ist unter anderem ein negativer Corona-Test – also Click & Test & Meet. Neu in Bayern: Bisher galt das Konzept bis zu einer Inzidenz von 200 – hier greift also ab morgen eine Verschärfung. Der Landkreis liegt aktuell unter der 150 – siehe Bericht vom heutigen Morgen.
Unabhängig von der Inzidenz kann bestellte Ware im Geschäft abgeholt werden. Überschreitet die Inzidenz den Grenzwert von 150, gilt nur noch das Abholen bestellter Waren (Click & Collect).

Sport

Es ist nur die kontaktlose Ausübung von Individualsportarten erlaubt – und zwar allein, zu Zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands.
Bei Kindern gilt eine Obergrenze von fünf.
Zulässig sind zudem der Wettkampf- und Trainingsbetrieb von Berufssportlern und Leistungssportlern der Bundes- und Landeskader – aber nur ohne Zuschauer und mit Hygienekonzept.

Freizeit und Kultur

Freizeitparks, Indoorspielplätze, Schwimmbäder, Diskotheken, Clubs bleiben über der 100er Inzidenz ebenso geschlossen wie Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Musikclubs, Kinos, Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten.

Weitere Regelungen

In den Firmen besteht die Pflicht, dass der Arbeitgeber Eigentests für die Arbeitnehmer anbietet. Seit Dienstag gilt ein test als Pflicht – der Arbeitsminister will aber auf zwei test nachjustieren.
Friseure und Fußpfleger dürfen auch bei Inzidenzen über 100 am getesteten Kunden arbeiten.
Für Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr sind FFP2-Masken vorgeschrieben; bei Kontroll- und Servicepersonal, das Kontakt zu den Passagieren hat, reicht eine OP-Maske.

Verordnungen

Weitere Maßnahmen kann der Bund per Rechtsverordnung erlassen, Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen.
Explizit wird die Bundesregierung ermächtigt, Erleichterungen für Menschen festzulegen, die vollständig geimpft sind – ebenso für negativ Getestete.

Laufzeit

Das Gesetz soll so lange gelten, wie der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt – aktuell bis zum Ablauf des 30. Juni 2021.

Klagen

Wer wegen eines Verstoßes gegen die künftige Notbremse zur Eindämmung der Corona-Krise verstößt und ein Bußgeld bekommt, kann dagegen vor einem Verwaltungsgericht klagen. Zudem gibt es die Möglichkeit der vorbeugenden Feststellungsklage, mit der geklärt wird, ob jemand tatsächlich von der Regelung betroffen ist. Schließlich bleibt der Weg zum Bundesverfassungsgericht.
Quelle Bayerischer Rundfunk