Linus Roth und Boris Kusnezow gestalteten hinreißendes Rathauskonzert für Violine und Piano

Die Wasserburger Rathauskonzerte sind schon seit vielen Jahren ein Begriff. Und gerade deshalb ist es für die Organisatoren immer wieder eine Herausforderung, besonders begnadete Künstler in die Innstadt zu holen. Mit dem Rathauskonzert am Samstagabend ist aber diese Herausforderung in ganz besonderer Weise hervorragend gelungen. Mit Linus Roth und Boris Kusnezow konnten ein Violinist und ein Pianist gewonnen werden, denen es wohl in einzigartiger Weise gelang, das Wasserburger Publikum zu verzaubern und hinzureißen.

Anke Hellmann, Kulturreferentin des Landkreises Rosenheim, gab in ihrer Begrüßung im Wasserburger Rathaussaal zunächst einen kurzen Überblick darauf, worauf sich die musikbegeisterten Wasserburger im kommenden Jahr bei den Rathauskonzerten freuen dürfen. Sie bedankte sich bei der Stadt Wasserburg für die stete Unterstützung der Rathauskonzerte und insbesondere bei Monika Häuslmann und Julia Kleindienst für ihren beständigen Einsatz um diese besondere Veranstaltungsreihe. Auch 2026 beginnt die Reihe am 1. März 2026 mit einem kurzweiligen Einstieg in die klassische Musik. Unter dem Motto „kurz und knackig“ wird Christos Kanettis vom Salzburger Mozarteum seine Nachwuchskünstler der Gruppe „strings in motion“ präsentieren. 

Am 21. März 2026 wird dann mit dem Cellisten Sebastian Klinger ein herausragender Kammermusiker im Rathaussaal ein Konzert gestalten, am 17. April folgt das Arcis Saxophon Quartett, am 12. Juni 2026 tritt mit William Youn ein „echter Poet am Klavier“ auf, am 17. Oktober wird das Trio Parnassus zu hören sein und am 21. November 2026 wird das Mozart Ensemble aus Bamberg in Wasserburg sein. Dem Wasserburger Publikum ist Sigrun Felicitas Vortisch als brillante Klarinettistin noch von ihrem Konzert im Jahre 2024 gut bekannt.

Der Vorverkauf für die Karten der Wasserburger Rathauskonzerte 2026 wird in der zweiten Dezemberwoche 2025 beginnen. Nähere Informationen gibt es unter www.rathauskonzerte.de 

Dann wies Anke Hellmann noch auf das Neujahrskonzert des Landkreises Rosenheim hin, das am 6. Januar 2026 um 11 Uhr im Wasserburger Rathaussaal stattfinden wird. In diesem Jahr werden die Bad Reichenhaller Philharmoniker in Wasserburg zu Gast sein.

Und dann traten die beiden Solisten des Abends auf: Linus Roth mit seiner Violine und Boris Kusnezow am Flügel.

Das Publikum erfuhr, dass Linus Roth, der 48-jährige Violinist aus Oberschwaben, der seit dreizehn Jahren Professor für Violine am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg  ist, dass die Violine, auf der er seit 1997 spielt, die Stradivari „Dancla“ ist. Das Instrument stammt aus dem Jahre 1703 und ist eine Leihgabe der L-Bank Baden-Württemberg an den Künstler.

Und Boris Kusnezow, 40 Jahre alt, stammt aus Moskau und ist seit 2020 Professor für Klavier-Kammermusik an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ in Leipzig.

Die beiden Künstler lenkten im Anschluss das Augenmerk des Publikums auf den Bösendorfer-Flügel der Stadt Wasserburg. Boris Kusnezow und Linus Roth nannten dieses Instrument „ein echtes Flaggschiff“. Denn der Bösendorfer-Flügel verfüge über neun zusätzliche Tasten. Diese böten nicht nur mehr Töne, sondern bereicherten auch den Klang des Klaviers in allen Registern und erzeugten einen tieferen und volleren Klang. Diese Tasten, die auf der Tastatur in schwarz hervorgehoben sind, seien zwar Tasten, „die man nicht braucht“, wie es Boris Kusnezow ausführte, aber Arnold Schönberg habe diese zusätzlichen Tasten bei Bösendorfer bestellt und seinerzeit bekommen. 

„So etwas haben wir hier in Wasserburg!“

Und dann begann die musikalische Darbietung dieser beiden besonderen Künstler. Sechs rumänische Volkstänze von Béla Bartòk wurden dargeboten und das Publikum war fasziniert. Béla Bartòk war ja bekannt dafür, dass er mit großer Leidenschaft Volkslieder sammelte. Über 10.000 Lieder und Tänze soll er phonographiert haben. Mit den sechs rumänischen Volkstänzen, die Bartòk 1915 niedergeschrieben hatte, gelang es den beiden Künstlern in höchst souveräner Weise, das Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Daran schloss sich die Violinsonate Nr. 3 in d-moll (op. 108) von Johannes Brahms an. Die romantische Botschaft, die Brahms an sein Publikum senden wollte, kam auch im Wasserburger Rathaussaal an. Nicht wenige waren von der Darbietung so tief berührt, dass ihnen förmlich die Tränen in den Augen standen. In der Pause hörte man immer wieder von Besuchern: „Und so etwas haben wir hier in Wasserburg!“

Nach der Pause betraten beide Künstler Neuland. Der polnische Komponist Mieczyslaw Weinberg (1919 – 1986), Sohn polnischer Juden, der 1939 vor den Nationalsozialisten nach Moskau flüchtete und dort bis zu seinem Tode lebte. Seine Eltern konnten nicht fliehen und wurden von den Nationalsozialisten ermordet. 

Dmitri Schostakowitsch, der auf Weinberg in Moskau aufmerksam wurde, hat das Talent dieses Komponisten recht schnell erkannt und ihn umfassend gefördert. Dennoch hatte Weinberg in der Sowjetunion kein einfaches Leben. Als Jude stand er unter einem Generalverdacht und die sowjetischen Behörden inhaftierten ihn, weil er die Errichtung einer jüdischen Republik auf der Krim propagiert haben soll. Nach Stalins Tod 1953 kam er aber wieder frei, auch durch die Intervention von Schostakowitsch. Weinberg komponierte auch zahlreiche Filmmusiken, unter anderem für „Winnie Pooh“, jenen Zeichentrickfilm , der in der UdSSR sehr beliebt war.

Linus Roth und Boris Kusnezow präsentierten Weinbergs „Sonatina für Violine und Klavier“ (op. 46) und die „Rhapsodie über moldawische Themen“ (op. 47). Beide Werke wirkten anfänglich getragen, um dann in ein staccato- Allegro hinüberzuwechseln. Man durfte sich durchaus an jiddische Klezmer-Musik erinnert fühlen. Besonders beeindruckt haben dürfte das Publikum das Beobachten jener hohen Fingerfertigkeit, die notwendig ist, die ungeheuer flinke Abfolge so unterschiedlicher Harmonien und Melodiken zu spielen.

Linus Roth erläuterte auch die Bedeutung des Titels „Rhapsodie über moldawische Themen“. Eigentlich müsste dieses Werk „Rhapsodie über jüdische Themen“ heißen, meinte der Künstler, aber Weinberg habe wohl nicht unnötig die Aufmerksamkeit der sowjetischen Behörden provozieren wollen.

Sehr große Herausforderung an den Violinisten

Die beiden Werke Weinbergs stellten eine unglaublich große Herausforderung gerade an den Violinisten dar, die Linus Roth aber bravourös meisterte. Es war ein unheimlich großes Vergnügen, dieser Darbietung beiwohnen zu dürfen.

Der Applaus des Publikums wollte dann auch kaum enden und so spielten Boris Kusnezow und Linus Roth eine Zugabe, und zwar „la ronde des lutins“ von Antonio Bazzini. Das Stück könnte man auf deutsch in etwa mit „Der Tanz der Kobolde“ übersetzen. Linus Roth erzählte dem Wasserburger Publikum noch davon, dass Antonio Bazzini sich in seinen jungen Jahren gerne in Hotels einquartierte, in denen Paganini wohnte, und zwar nahm er sich das Zimmer neben Paganini, um der Musik des berühmten Violinisten lauschen zu können.

Beide Musiker präsentierten „la ronde des lutins“ in einer so perfekten Weise, dass einem beim Zuhören förmlich schwindlig zu Mute sein konnte.

Der erneute nicht enden wollende Applaus mag den Künstlern die Bestätigung gegeben haben, dass sie einen einzigartigen Abend gestalten konnten. Es ist ihnen in tief beeindruckender Weise gelungen, die Menschen im Rathaussaal mit ihrer Musik in ihren Bann zu ziehen.

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