Meist tödlich verlaufende Erkrankung - Ausschließlich für die Gemeinde nächsten Dienstag Infoabend - Studie mit den Bürgern geplant

Nachdem nun insgesamt drei Erkrankungsfälle nach einer Infektion mit dem seltenen, aber lebensbedrohlichen Borna-Virus im westlichen Landkreis Mühldorf aufgetreten sind – davon zwei in Maitenbeth – sollen nun Studien weitere Erkenntnisse über die Situation vor Ort, mögliche Ansteckungswege sowie die Anzahl infizierter Feldspitzmäuse bringen. Das meldet das Landratsamt Mühldorf heute. Wir hatten vor etwa einem Monat über den ersten Fall mit dem Borna-Virus im Landkreis Mühldorf berichtet.

Eine Informationsveranstaltung mit Expertinnen und Experten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu den geplanten Studien am kommenden Dienstag, 19. Juli, in Maitenbeth richte sich nur an die Bürgerinnen und Bürger aus Maitenbeth, wird eigens betont. Es gehe dabei auch um eine Studie, an der die Maitenbether Ende Juli freiwillig teilnehmen sollen.

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und das Landratsamt Mühldorf / Gesundheitsamt erläutern an dem Abend das weitere Vorgehen, das sich auf die Gemeinde Maitenbeth konzentriert.

BOSPEK-Studie:

Das LGL wird in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Regensburg noch vor Beginn der Sommerferien eine Studie zum „Klinischen Spektrum von Infektionen mit Borna Disease Virus 1“ (BOSPEK-Studie) in Maitenbeth durchführen. Alle volljährigen Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde sind zur freiwilligen Abgabe einer Blutprobe und eines Nasenrachenabstrichs sowie dem Ausfüllen des zugehörigen Fragebogens aufgerufen.

Ziel der Studie ist es, herauszufinden, ob es – neben den häufig tödlich verlaufenden schweren Gehirnentzündungen – auch noch andere Formen einer Bornavirus-Infektion gibt, die unter Umständen milder oder sogar ganz ohne Symptome verlaufen. Dazu wird unter anderem Blut auf Bornavirus-reaktive Antikörper untersucht – ähnlich wie man das zum Beispiel auch bei Studien zu SARS-CoV-2 gemacht hat.

Die Ethik-Kommission der Universität Regensburg hat dem medizinischen Forschungsvorhaben zugestimmt – unter der Voraussetzung, dass nur volljährige Personen teilnehmen dürfen, die nicht an Blutarmut leiden.

Darüber hinaus müssen alle Daten und Proben anonymisiert erhoben und getestet werden – das heißt, Ergebnisse können nicht auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer zurückgeführt werden. Dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass bei einem positiven Befund ohne Krankheitszeichen keine konkreten Empfehlungen ausgesprochen werden können. Nach aktuellem Kenntnisstand lassen sich Antikörper gegen Bornaviren erst im Blut nachweisen, wenn die Infektion schon sehr weit fortgeschritten ist und die betroffene Person sich in einem kritischen Zustand befindet.

Umso mehr steht bei der Teilnahme an BOSPEK der Gedanke im Vordergrund, herauszufinden, ob es überhaupt positive Befunde bei Menschen ohne oder mit milden Krankheitszeichen gibt und unter welchen Umständen es zu einem Kontakt mit dem Virus gekommen sein könnte. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu genutzt werden, gegebenenfalls Empfehlungen zur Verhinderung einer BoDV-1-Infektion auszusprechen und so letztendlich einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.

„Wir alle wollen weitere Ansteckungen mit dem meist tödlich verlaufenden Bornavirus verhindern. Dafür braucht es weitere medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse. Jede Maitenbetherin und jeder Maitenbether kann dazu seinen ganz persönlichen Beitrag leisten“, sagt Landrat Max Heimerl.

Auch Maitenbeths Bürgermeister Thomas Stark bittet die Einwohner seiner Gemeinde um Unterstützung: „Ich hoffe, dass sich möglichst viele zur Teilnahme entschließen. Für den einzelnen geht es nur um einen kleinen Piks, einen kurzen Rachenabstrich und ein paar Minuten Zeit. Für uns alle geht es aber darum, Ursachen und Verlauf der Bornavirus-Erkrankung besser zu verstehen.“

Im Vorfeld können sich die Maitenbether Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen einer Abendveranstaltung mit Expertinnen und Experten des LGL über das Thema Bornavirus-Infektionen generell und auch zu den geplanten Studien informieren. Die Veranstaltung findet am Dienstag, 19. Juli 2022, um 19 Uhr in der Mehrzweckhalle statt und richtet sich ausschließlich an Bürgerinnen und Bürger aus Maitenbeth. Das LGL führt die BOSPEK-Studie in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Regensburg sowie dem Friedrich-Loeffler-Institut und dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin durch.

Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wird dazu am 24. und 25. Juli in Maitenbeth vor Ort sein, um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu beraten, Blutproben und Nasenrachenabstriche zu nehmen und die Befragung durchzuführen. Die Einladungen zur Teilnahme an der BOSPEK-Studie werden in diesen Tagen versendet.

Weitere wissenschaftliche Studien:

Neben der BOSPEK-Studie starten Ende Juli zwei weitere Studien. Zum einen arbeitet das Friedrich-Loeffler-Institut als Bundesforschungseinrichtung für Tiergesundheit an einer Untersuchung der Spitzmauspopulation in Maitenbeth. Zum anderen wird ein Team des Universitätsklinikums Regensburg noch im Juli an rund 30 Stellen im Ortsbereich Umweltproben nehmen.

Die Proben werden im Anschluss auf Bornaviren hin untersucht, die über die Ausscheidungen der Feldspitzmaus in die Umwelt gelangen und somit einen möglichen Übertragungsweg darstellen könnten.

„Das Tempo, mit dem in den vergangenen Wochen wichtige Entscheidungen zur Durchführung dieser Studien gefallen sind, ist beeindruckend. Das zeigt, wie groß der Wille auf allen Ebenen ist, die Situation in Maitenbeth genau zu analysieren“, sagt Landrat Max Heimerl und dankt allen Beteiligten für das Engagement und die gute Zusammenarbeit.

Erste Ergebnisse der Studien liegen voraussichtlich im Herbst 2022 vor und werden dann der Öffentlichkeit präsentiert.

Weitere Informationen zum Virus:

Die Forschung zum Thema BoDV-1 beim Menschen steht noch am Anfang, da bisher erst rund 40 Fälle von BoDV-1-Erkrankungen beim Menschen überhaupt nachgewiesen worden sind.

Aktuell werden jährlich weniger als zehn Fälle für ganz Deutschland gemeldet, eine überwiegende Mehrheit jedoch aus Bayern. Das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) war ursprünglich als Erreger der Borna’schen Krankheit bei Pferden, Schafen und anderen Säugetieren in Teilen Deutschlands, Österreichs, Liechtensteins und der Schweiz bekannt. Im Jahr 2018 wurde das Virus erstmalig als Ursache für schwere Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) beim Menschen nachgewiesen.

Das einzige zurzeit bekannte Reservoir fürs Bornavirus ist die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon).

Sie kann das Virus unter anderem über Speichel, Urin und Kot ausscheiden ohne selbst daran zu erkranken. Bisher ist noch nicht geklärt, wie BoDV-1 von der Feldspitzmaus auf den Menschen übertragen wird.

Da eine Impfung zurzeit nicht zur Verfügung steht, kann das Risiko einer BoDV-1- Infektion nach aktuellem Kenntnisstand nur durch eine Vermeidung des Kontakts mit Spitzmäusen und deren Ausscheidungen reduziert werden.

Der Landkreis Mühldorf befindet sich ebenso wie weite Teile Südostbayerns laut RKI in einem Endemiegebiet für das Borna Disease Virus 1. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch außerhalb von Transplantationen wurde nach aktuellem Wissensstand noch nicht beobachtet.

Weitere Informationen unter:

https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/borna/index.htm

Kontakt für besorgte Bürger:

Besorgte Bürgerinnen und Bürger können sich per Mail an Servicestelle@lgl.bayern.de wenden.