Bravo-Rufe, nicht enden wollender Applaus und Tränen vor lauter Lachen: Eine großartige Inszenierung ist den Albachinger Theaterern um Regisseur Christian Huber mit ihrer „Pension Schöller auf bayerisch“ gelungen. Alle Vorstellungen im Bürgersaal waren bislang und sind schon so gut wie ausverkauft, nun gibt es deshalb eigens zwei Zusatz-Vorstellungen – am Freitag, 22. und Samstag, 23. November, jeweils um 20 Uhr! Wo fängt man an zu beschreiben, wo hört man auf bei einem so starken 16 (!) köpfigen Ensemble auf der Bühne (unser Foto) und der Frage: Wer ist denn noch normal, wer schon verrückt? Unser Bericht, unsere Bilder …
Fotos: Renate Drax
Er steht nicht so gern im Mittelpunkt – da ist er lieber der Rosenkavalier am Ende einer großartigen Premiere auf der Albachinger Bühne: „Pension Schöller”-Regisseur Christian Huber.
In einer Welt, in der alle Menschen sowieso immer nervöser werden: Genau deshalb will auch der Hauptdarsteller des Albachinger Theater-Abends, Großbauer Lenz Kollmannsberger – da Wahnsinn in seinem unglaublichen Spiel: Herbert Binsteiner! – unbedingt einmal eine Kuranstalt für nervöse Menschen live erleben. Wie könnte es anders sein, es geht ums liebe Geld. Der verdruckte Neffe Michi (Klasse: Stefan Fleidl) braucht a Diridari von ihm und muss ihn deshalb in eine Irrenanstalt führen.
Der Held des Abends in Textlänge, Mimik, Gestik und überhaupts: Herbert Binsteiner! Hier mit Bärbel Pfitzmaier und im Hintergrund rechts Brigitte Voglsammer sowie links Lisa Liebmann.
Je verrückter einem die Welt gerade vorkommt, desto besser entfaltet sich die „Pension Schöller“ für den Betrachter, tatsächlich eigentlich ein Evergreen von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs aus dem Jahr 1890. Und es macht unendlich Spaß, wenn die Schauspielerinnen und Schauspieler die Kunst des Überkandidelten so verstehen zu spielen, wie die Albachinger – bis in die Nebenrollen.
Zum Beispiel die Schriftstellerin – die überspannte Schriftstellerin – Malzpichler alias Magdalena Pfitzmaier (Foto oben), eine Garantin in Albaching für geradezu professionelles Spiel auf der Bühne. Man glaubt es nämlich der Malzpichlerin einfach, dass ihre Romane Absatz finden. Ja mei – zwischen Hysterie und Begeisterung.
Oder der skurrile Herr Major a.D. – in einer Welt vermeintlich gewonnener Piff-Paff-Schlachten nachhaltig eindrucksvoll und duell-wütig gespielt von Dirk Huber (Foto oben). Oder der Weltenbummler, Großwildjäger, in der Ferne und doch im Hier und Jetzt weilende Bernhardi – alias Bernhard Seidinger (Foto unten) im Wahn voller Pläne und Träume und einem seltsamen Gewande.
Großbauer Kollmannsberger (da Binsteiner) merkt tatsächlich nicht, dass ihm hier keine Irren, sondern ganz „normale Verrückte“ begegnen. Leid – ja, sie alle tun ihm echt leid. Und Angst machen sie ihm auch. Doch als er sich im trauten Heim – umgeben von der besorgten Schwester (Bärbel Pfitzmaier, die in allen Rollen stets ganz Wunderbare) erholen möchte, da stehen die Verrückten, da steht die Welt, wie sie eben ist, vor seiner Haustür …
Mehr will man ja noch gar nicht verraten – auch das nicht, was es mit diesem Getränke-Automaten auf der Bühne auf sich hat!
Aber das unbedingt schon noch:
Ganz besonders wird auch er unter lauter Irren in Albaching dem Publikum im Gedächtnis bleiben: Hans-Jürgen Bogarosch als Leopold Schöller (Foto unten)! Es ist fast schade, es hier schon schreiben zu müssen – da es eine Glanzleistung am Abend ist: Er mimt einen Möchtegern-Schauspieler, der kein „L” mehr hinkriegt – es ist ihm quasi verloren gegangen – und dem sie daher das Vortragen des „Othenno verbieten wonnen”. Beruflich hat das leider keine Zukunft. Aber in Albaching auf der Bühne, da ist es das so großartige Spiel mit dem so schweren Text! Dank Hans-Jürgen Bogarosch ein weiterer ganz großer Knaller des Abends! Sonderapplaus dafür …
Und auch für sie: Angela Sanftl (Foto unten), die nicht nur hinter den Kulissen für die ganz wunderbaren Bühnenbilder im Bürgersaal verantwortlich zeichnet – die Rolle der Amalie Schöller mit dem Hang zur Dramatik samt überzeichnetem Charme inklusive – das gelingt ihr bravourös. Ach, Herr Großbauer, gell!
Die temporeiche, originelle Inszenierung von Christian Huber – unterstützt in der Regie-Assistenz durch Alex Langer und Sylvia Liebmann und mit der Gesamtspielleitung von Hauptdarsteller Herbert Binsteiner – ist ohne Längen, durch und durch stimmig und wird vom Ensemble mit sichtlich viel Spaß mitgetragen. Zur Freude des Publikums.
Denn bei allem Irrsinn dieser Welt: Eins ist auf jeden Fall klar – das Lachen, es hilft!
Deshalb zum Glück nun noch fünf Mal „Vorhang auf, Albaching” … danke dafür.
Renate Drax
Aufführungen sind noch an den drei Tagen des kommenden Wochenendes vom 15. bis 17. November. Beginn ist am Freitag und Samstag jeweils um 20 Uhr und am Sonntag bereits um 18 Uhr – sowie NEU nun auch noch am Freitag, 22. und Samstag, 23. November! Einlass jeweils eine Stunde zuvor.
Dauer des Stücks: 90 Minuten mit einer Pause nach dem zweiten Akt – für das leibliche Wohl ist allerbest im Bürgersaal Albaching gesorgt – unter der bewährten Regie von Burgi Friesinger und Team.
Vorverkaufsstelle:
Raiffeisenbank RSA in Albaching (Telefon: 08076/256).
Auf der Bühne:
Lenz Kollmannsberger, Großbauer: Herbert Binsteiner
Bärbel Kollmannsberger, Schwester von Lenz: Bärbel Pfitzmaier
Ida Kollmannsberger, Tochter von Bärbel: Ronja Langer
Franzi Kollmannsberger, Tochter von Bärbel: Johanna Oettl
Michi Kollmannsberger, Neffe von Lenz: Stefan Fleidl
Steffi Hunziger, Freundin von Michi: Sophia Brich
Josef, Oberkellner: Hans Oettl
Ludwig Schöller, Pensionsbesitzer: Marcel Sitz
Amalie Schöller, Schwester von Ludwig: Angela Sanftl
Frieda Schöller, Tochter von Amalie: Lisa Liebmann
Leopold Schöller, Neffe von Ludwig: Hans-Jürgen Bogarosch
Bernhardi, ein Weltenbummler: Bernhard Seidinger
Kloss, Major a.D.: Dirk Huber
Magdalena Malzpichler, Schriftstellerin: Magdalena Pfitzmaier
Fanni Scheiberl, Sängerin: Brigitte Voglsammer
Dr. Reißfleisch, Pianist: Günter Haller
Hinter den Kulissen:
Technik: Simon Pfitzmaier, Christian Rinner, Franz Hohenadler, Peter Pfitzmaier
Schminke: Christa Schwimmer
Bühnenbild: Angela Sanftl
Bühnenbau: Michael Münch-Wechselberger und August Wimmer mit Team
Schmankerltheke- und Bar-Team: Burgi Friesinger, Marlene Göschl, Christa Heinrich, Ingrid Ziel, Annemarie Binsteiner, Karin Wimmer, August Wimmer, Michael Binsteiner, Tobias Langer, Paula Langer, Anna Schmaderer, Stefan Schmaderer
Abendkasse: Claudia Mayer, Sebastian Friesinger jun., Hermann Obermaier
Regie-Assistenz: Alex Langer, Sylvia Liebmann
Spielleitung: Christian Huber
Gesamtleitung: Herbert Binsteiner
Ich hab schon lange nicht mehr soviel Bauchweh vom Lachen gehabt. Dafür Danke ich euch. Und mit Tom Waits als Musik – meeegaaa!