Ein 60-jähriger Ingenieur musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Rosenheim verantworten

Ein 60-jähriger Ingenieur musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Rosenheim verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, insgesamt zehn fingierte Rechnung über insgesamt mehr als 80.000 Euro erstellt, in die Steuererklärung seines Ingenieurbüros eingearbeitet und den Betrag bei der Steuer abgesetzt zu haben. Die Rechnungsbeträge habe er in bar bezahlt, weshalb es über die Zahlung auch keine Belege gebe.

Da, wie die Staatsanwaltschaft vermutete, der Angeklagte die Rechnungen selbst erstellt und damit fingiert habe, sei neben dem Tatbestand der Steuerhinterziehung auch der der Urkundenfälschung erfüllt.

Der Beklagte hatte sich weder im Vorfeld noch während der Verhandlung zum Tatvorwurf geäußert. Aktiv wurde er in der Verhandlung nur, als es um die Frage ging, ob die streitigen Rechnungen durch das Finanzamt oder das Gericht überhaupt verwertet werden dürften, er ließ nämlich empört ein, dass man das gar nicht verwerten dürfe. Der prozessführende Richter wies diesen Einwand jedoch zurück und vernahm die zuständige Beamtin beim Finanzamt, die ihrerseits durch den Angeklagten verklagt worden sei. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, meinte Richter Günter Knoblauch zu diesem Sachverhalt. Als auch die als Zeugin vorgeladene Finanzbeamtin anfing, die Aussage zu verweigern, weil sie sich nicht belasten wollte, wurde es im Gerichtssaal kurios. Sie habe zwar die Rechnungen geprüft, aber wohl nicht untersucht, ob die Geräte, die auf den Rechnungen dokumentiert sind, auch tatsächlich existierten.

Der entscheidende Zeuge in dieser Angelegenheit, jene Person, in deren Namen die Rechnungen ausgestellt worden waren, war noch nicht anwesend. Mit über zwei Stunden Verspätung erschien dieser Zeuge und trug noch mehr Verwirrendes vor: Richter Knoblauch fragte den Zeugen eingangs, ob er den Angeklagten kenne, worauf dieser mit: „Ja, leider!“ antwortete.

Er sei mit dem Angeklagten seit ungefähr 1980 befreundet, man habe gemeinsam gearbeitet und ein gemeinsames Ingenieurbüro betrieben. Dann sei es geschehen, dass der Angeklagte bei ihm eingebrochen sei und an einem Montagmorgen auf seinem PC die Rechnungen geschrieben habe. Auf die Frage des Richters, wann dies geschehen sei, meinte er nur. „In der 90-er Jahren, 1993 oder 1995, so genau kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Seither habe er keinen Kontakt mehr zum Angeklagten. Wie es denn komme, dass die in Rede stehenden Rechnungen zwischen 2013 und 2015 entstanden seien und er beobachtet haben will, dass der Angeklagte diese 1993 erstellt habe, wusste auch der Zeuge keine plausible Antwort. Er könne sich daran gar nicht mehr so recht erinnern, das sei ja alles schon sehr lange her. Und er habe wirklich gar keinen Kontakt mehr zum Angeklagten, ja, man habe sich schon mal zum Kaffee trinken getroffen, aber sonst….

Die Rechnungen, die in seinem Namen erstellt worden seien, habe er auf jeden Fall nie geschrieben, er verkaufe auch kein IT-Equipment und habe auch nie eine von den Rechnungen unterschrieben.

Der Richter fragte nochmals ermahnend den Zeugen: „Können Sie ausschließen, dem Angeklagten Rechnungen gestellt zu haben?“ Worauf dieser antwortete: „Ja“!

Der Verteidiger wollte abschließend vom Zeugen noch wissen, ob er Mitarbeiter in seinem Büro habe und dieser verneinte, seit vielen Jahren habe er keine Mitarbeiter mehr.

Daraufhin wurde der Zeuge entlassen und der Verteidiger meldete sich zu Wort und erklärte, dass ihm eine eidesstattliche Versicherung einer Mitarbeiterin des Zeugen vorliege, wonach der Zeuge gelogen habe und die in Rede stehenden Rechnungen in ihrer Gegenwart ausgestellt und unterschrieben habe.

Jetzt wurde es auch für das Gericht kompliziert. Denn eigentlich hätte man nunmehr diese vermeintliche Mitarbeiterin laden und hören müssen, andererseits darf dieses Verfahren für maximal drei Wochen unterbrochen werden, schließlich nahe die Sommerzeit und der Richter sei in Urlaub, was nur heißen könne, dass die gesamte Hauptverhandlung nochmals eröffnet werden müsse. Und schließlich: „Wenn hier die Mitarbeiterin des Zeugin erscheint und aussagt, kann es auch für den Zeugen heikel werden“, meinte Richter Knoblauch.

Nach kurzer Beratung trat im Einvernehmen mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung eine salomonische Lösung zu Tage:

Der Angeklagte erhält eine Geldauflage von 15.000 Euro, wovon 5.000 Euro an die Johanniter-Unfallhilfe in Wasserburg zu entrichten seien und das Verfahren wird dann eingestellt. Ein Lösung, die dem Gericht hilft, nicht jede einzelne Unwahrheit zu Tage fördern zu müssen.

RP