Warum der Chiemsee-Alpenland-Tourismusverband nicht nur Radfahrern einen Bärendienst erwiesen hat

>>Erst hab‘ ich mich nur ein bisserl gewundert. Als ob’s bei uns in Deutschland, speziell auch in Bayern nicht schon genug Schilder gäbe. Seit letzter Woche wunder ich mich nicht nur, sondern ärger mich auch noch sakrisch. Und zwar über die Beschilderung, die der Chiemsee-Alpenland-Tourismusverband am Inndamm in Wasserburg angebracht hat. Der Ärger kam so:

Ab und an bewege ich meine morschen Knochen auf meinem antiken Fahrrad (ohne E) von der Altstadt raus durch den Tunnel in Richtung Attel. Schöne Feierabend-Radltour.

Kurz nach dem Innstauwerk wird der Weg unterhalb des alten Bahndamms sehr eng. Zwei Radfahrer kommen nicht gefahrlos aneinander vorbei. Radfahrer und Fußgänger geht eigentlich auch nicht. Der Weg ist dort schlichtweg zu schmal. Wennst als Radler mit dem Lenker an einem entgegenkommenden Fußgänger hängen bleibst, haut’s dich auf deinen Rüssel. Was macht also der schlaue Radler? Er fährt rechts ran und stellt sein rechtes Bein auf den Betonvorsprung (Fahrtrichtung Attel) oder hält sich am Geländer fest (Richtung Wasserburg) und lässt die Fußgänger vorbei. Dann setzt er gemütlich, ohne abgestiegen zu sein, seine Fahrt fort. 1000 Mal so gemacht.

Jetzt aber steht dieses depperte Schild da: Radl schieben! Abgesehen davon, dass es keinerlei rechtliche oder ordentliche Begründung dafür gibt, sorgt es auch noch für bisher nie dagewesenen Ärger – zumindest bei mir. Als ich letzte Woche auf Höhe des Innstauwerkes war, noch an der breiten Stelle, wo drei Radler, ein US-Flugzeugträger und fünf Fußgänger nebeneinander Platz haben, schrie mir schon von weitem eine ältere Fußgängerin wild Richtung Taferl gestikulierend und mit schriller Stimme unüberhörbar zu: „Lesen! Lesen! Lesen! Lesen! …“. Sonst nix. Nicht „Griaß di“ und nicht „Pfiad di!“. Einfach nur: „Lesen!“

Nach dem 27., laut geschrienen „Lesen!“ war ich auf ihrer Höhe und ärgerte mich so über ihr 28. „Lesen!“, dass ich grad extra nicht abgestiegen bin. Das war an der enorm breiten Stelle, an der wir uns trafen, auch absolut nicht nötig. Ganz ehrlich: Hätt‘ ich ein Moped gehabt, hätt‘ ich in dem Augenblick ganz laut Gas gegeben vor lauter Grant.

Ich bin dann gefahr- und wortlos in weitem Abstand kopfschüttelnd an der keifenden Dame und ihrem peinlich berührten Weggefährten vorbeigeradelt. Erst hab ich mich  über das „Lesen“ der werten Fußgänger-Dame, das mir noch kilometerweit unterm Fahrradhelm nachhallte, sakrisch geärgert. Dann hab ich mir aber gedacht: Mei, so samma hoid, mia Deutschen und mia Bayern. Gib uns ein Schild und wir haben eine Legitimation zum Schimpfen und Rechthaben. Und dann hab‘ ich mich mehr über das depperte Taferl geärgert, als über das Geschrei der Fußgängerin. Einfach a Taferl z’vui – moand da Huaba. Zumindest in Wasserburg, lieber Chiemsee-Alpenland-Tourismusverband.<<